Keine guten Noten für Gesundheitsjournalismus

Keine guten Noten gibt es für die Gesundheitsberichterstattung nach einer Einschätzung durch die Donau-Universität Krems. Demnach sind fast 60 Prozent von 990 beurteilten Beiträgen in heimischen Print- und Online-Medien „stark verzerrt“.

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die meisten Medien PR-Meldungen von kommerziellen Anbietern weitgehend ungeprüft übernehmen“, wird Bernd Kerschner vom Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie in einer Presseaussendung der Kremser Universität zitiert.

„Zeitdruck, schrumpfende Redaktionen und wirtschaftliche Interessenskonflikte erschweren Medien zusätzlich die Bereitstellung korrekter Informationen für ihre Leser.“ Schließlich würden Nahrungsergänzungsmittel, Medizinprodukte, alternative Heilmethoden und rezeptfrei erhältliche Arzneimittel auch wichtig für das Inseratengeschäft sein.

990 Beiträge zu 219 Themen wurden untersucht

Die Untersuchung ist vor kurzem in der „Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität“ erschienen. Bernd Kerschner und die Co-Autoren: „Wir bewerteten die Evidenzlage zu 219 gesundheitsrelevanten Fragestellungen, die in insgesamt 990 Beiträgen (aus dem Zeitraum zwischen Mai 2011 und Juni 2014; Anm.) in österreichischen Print- und Online-Medien behandelt worden waren.“ Insgesamt wurden Artikel aus 15 Medien zur Begutachtung herangezogen.

Diese Beurteilung wurde laut Kerschner von zwei bis drei Gutachtern (einer davon Kerschner; Anm) verblindet durchgeführt. Für die Kategorisierung verwendeten die Autoren eine siebenteilige Skala, die in Anlehnung das sogenannte GRADE-System zur Bewertung von wissenschaftlichen Studien von den Autoren adaptiert worden war. „Natürlich ist das eine subjektive Sache“, sagte Kerschner gegenüber der Austria Presse Agentur. Allerdings habe man sich sehr bemüht, bei der Untersuchung möglichst ausgewogen zu agieren.

Die Ergebnisse der Bewertung sind deutlich negativ. „59,5 Prozent dieser Medienbeiträge geben die Evidenz zu medizinischen Fragestellungen stark verzerrt (über- bzw. untertrieben) wieder, nur 10,8 Prozent berichten gemäß der tatsächlichen Evidenzlage“, schrieben die Autoren.

Die Studienergebnisse seien ernüchternd und bestätigen die Wichtigkeit von unabhängigen Stellen mit objektiver Information wie medizin-transparent.at, wird Wolfgang Sobotka (ÖVP), Landeshauptmann-Stellvertreter und Vorsitzender des Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS), von der Donau-Universität zitiert. Denn Laien könnten nicht abschätzen, ob das, was in der Zeitung oder im Internet steht, auch tatsächlich der Wahrheit entspricht. „Der Faktencheck durch medizin-transparent.at zeigt, was wirklich hinter diesen Schlagzeilen steckt“, so Sobotka.

Themen, über die häufig falsch berichtet wird

„An der Spitze der Realitätsverzerrung mit 97,6 Prozent stehen Artikel zu kosmetischen Behandlungen oder Methoden zur Gewichtsreduktion“, heißt es in der Aussendung der Donau-Universität Krems. Behauptungen wie leichtes Frieren würde das Gewicht reduzieren, Coenzym Q10 könne die Haut verjüngen oder Cremes und enge Kleidungsstücke Cellulite bekämpfen sind wissenschaftlich nicht belegt.

70,5 Prozent der Medienmeldungen „zu angeblich gesundheitsfördernden Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln und Behandlungen, die auch Nicht-MedizinerInnen vornehmen dürfen, sind stark übertrieben.“ Die Palette reicht von elektromagnetischen Wundergeräten oder Nahrungsergänzungsmitteln zur Therapie von Gelenksbeschwerden bis zu Wandfarben, die angeblich Allergien bessern.

41,1 Prozent der Behauptungen zur Wirkung zulassungspflichtiger Medikamente und Behandlungen, die nur durch Ärzte durchgeführt werden dürfen, sind stark übertrieben.

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