Vier Jahre Haft für Schlepperei

Wegen Schlepperei ist ein 40-Jähriger am Montag in St. Pölten zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann hatte im August 2015 einen Klein-Lkw mit 36 Flüchtlingen gelenkt, der auf der Westautobahn verunglückte.

Bei dem Unfall nahe Amstetten wurden zwölf Flüchtlinge schwer verletzt. Der 40-Jährige war nach dem Unfall geflüchtet. Der gebürtige Pakistani wollte die 36 Flüchtlinge mit dem Transporter von Ungarn über Österreich nach Deutschland bringen.

Der Richter sprach am Montag von einem skrupellosen Vorgehen des 40-Jährigen, der mit 130 bis 140 km/h unterwegs war, obwohl sich 36 Flüchtlinge in dem Kastenwagen befanden. „Die ‚Ware Mensch‘ ist auf der Autobahn gelegen, während Sie über alle Berge waren“, so der Richter zum Angeklagten. Bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Haft war das Geständnis des Mannes ein Milderungsgrund. Erschwerend kam dazu, dass er zwei Schleppungen durchführte, sowie die teils schweren Verletzungen der Insassen.

Angeklagter gab Schulden als Motiv an

Der Angeklagte bezeichnete seine finanzielle Situation zum Zeitpunkt der Schlepperfahrt als „sehr, sehr schlecht“, er habe Schulden gehabt. Er hatte sein Heimatland 2002 aufgrund schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse verlassen und lebte seit 2004 in Spanien. Dort kam er in Kontakt mit einer Schlepperorganisation.

Prozess Sankt Pölten Schlepperei Flüchtlinge

APA/HELMUT FOHRINGER

Das Geständnis des 40-Jährigen war ein Milderungsgrund

Der 40-Jährige war von Barcelona nach Ungarn gereist, um Schleppungen durchzuführen. Am 20. August 2015 war der Angeklagte mit einem Transporter in einen Wald nahe Budapest gefahren, wo laut Staatsanwalt „36 Flüchtlinge auf engstem Raum eingepfercht und eingeschlossen wurden, die nach Deutschland geschleppt werden sollten“. Es handelte sich um einen „Kastenwagen ohne Fenster, ohne Möglichkeit sich hinzusetzen oder sich festzuhalten“. Der 40-Jährige habe bereits beim Wegfahren gemerkt, dass der Transporter in einem schlechten technischen Zustand, „vollkommen überladen und teilweise nicht mehr lenkbar war“, so der Vertreter der Anklagebehörde.

„Einer von uns hat die Dichtung der Tür entfernt, um ein bisschen Luft zu bekommen“, las der Richter aus der Aussage eines Flüchtlings vor. Die Insassen waren laut Staatsanwaltschaft sechs Stunden lang in dem Kastenwagen eingesperrt, bevor es in Amstetten zum Unglück kam.

Staatsanwalt: „Wunder, dass niemand gestorben ist“

Trotz Überladung des Transporters war der Angeklagte nach eigenen Angaben „mit 130 bis 140 km/h gefahren“. Aufgrund eines Reifenplatzers war der von einem Begleitfahrzeug eskortierte Kleinlastwagen mit spanischem Kennzeichen in der Nacht auf den 21. August gegen die Betonmittelwand geschleudert und umgekippt. Einige der Flüchtlinge aus dem Irak, Pakistan und dem Iran fielen auf die Fahrbahn. 24 Insassen wurden nach früheren Polizeiangaben verletzt, zwölf davon schwer. „Es grenzt an ein Wunder, dass dabei niemand gestorben ist“, sagte der Staatsanwalt am Montag.

Unfallauto

LPD NÖ

In diesem Klein-Lkw befanden sich 36 Menschen

Flüchtlinge hatten den im Fahrzeug eingeklemmten Lenker befreit, der daraufhin das Weite suchte. Als Zulassungsbesitzer des Kastenwagens hatte er wenige Tage später in Spanien eine Diebstahlsanzeige erstattet. Der 40-Jährige wurde nach monatelangen Ermittlungen in Spanien gefasst und im Oktober 2016 nach Österreich ausgeliefert. Wenige Tage vor dem Unfall hatte der Angeklagte eine weitere Schlepperfahrt durchgeführt, bei der vier Flüchtlinge in einem Pkw von Budapest über Österreich nach Italien transportiert wurden. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, der Verteidigung erbat sich Bedenkzeit. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.

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