Leobersdorfs Rezept gegen leeren Ortskern

Einkaufszentren an den Ortsrändern, leer stehende Geschäfte in den Ortskernen: Diese Bilder kennt man aus vielen Gemeinden in Niederösterreich. In Leobersdorf (Bezirk Baden) hat man ein Rezept gefunden, um den Ortskern zu beleben.

Das unerwartete Comeback des Winters vor wenigen Tagen sorgt für eine Ruhe, die Leobersdorf sonst kaum kennt. Der für das Wochenende geplante Blumenmarkt musste abgesagt werden, der Rathausplatz ist leer. Ungewöhnlich, denn er ist fast jede Woche Bühne für Veranstaltungen und Treffpunkt der Einheimischen.

Der Platz ist Teil eines Konzeptes, das seit vielen Jahren von der Gemeinde verfolgt wird. Bürgermeister Andreas Ramharter (Liste Zukunft Leobersdorf): „Wir setzen nicht auf Wachstum per se, wir wollen Leobersdorf lebenswert erhalten. Die Menschen, die hier leben und arbeiten, sollen alles vorfinden, was sie brauchen. Auf die konzentrieren wir uns, wir bemühen uns, den Zuzug zu minimieren.“

Leobersdorf Rathausplatz

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Der Leobersdorfer Rathausplatz

„Wir-Gefühl“ wirkt sich auf Einkaufsverhalten aus

Trotz größerer Nachfrage soll es also bei den rund 5.000 Einwohnern bleiben, junge Leobersdorfer werden bei der Wohnungssuche unterstützt. Im ARED-Wirtschaftspark mit seinen 150 Betrieben sind die entsprechenden Arbeitsplätze vorhanden, es gibt mehr Ein- als Auspendler. Für eine Gemeinde dieser Größenordnung ist das außergewöhnlich. Ebenso die Zahl an Freizeitmöglichkeiten, wie ein Freibad, eine Wellness-Oase, ein riesiger Generationenpark oder auch ein sehr stilvolles Veranstaltungszentrum.

Daraus hat sich ein reges Vereinsleben entwickelt. Das sogenannte „Wir-Gefühl" wird angesprochen, was sich auch im Einkaufsverhalten auswirkt, sagt Manfred Knotzer von der Einkaufspassage im Zentrum: „Es ist dieser dörfliche Charakter erhalten geblieben, obwohl Leobersdorf mittlerweile Strukturen einer Stadt hat. Ich glaube, dass diese Philosophie der Gemeinde bewährt hat, dass verhindert werden soll, dass die Jungen wegziehen, sondern im Gegenteil, dass sie bei uns bleiben und wir nur einen mäßigen, kontrollierten Zuzug haben.“

Leobersdorf ist Shopping-City Nummer 1

Leobersdorf ist von der Wirtschaftskammer zur Shopping-City Nummer 1 Niederösterreichs in seiner Einwohner-Kategorie gewählt worden. Und das, obwohl am Ortsrand mit dem EKZ LEO ein riesiges Fachmarktzentrum steht, das heuer ebenfalls ausgezeichnet worden ist - die Handelszeitung hat es zum besten Fachmarktzentrum Österreichs gekürt.

Für Bürgermeister Ramharter ist das kein Widerspruch: „Wir bieten ein differenziertes Angebot mit den großen Verkaufsflächen am Stadtrand und versuchen aber gleichzeitig, die Leute, die wegen dieser großflächigen Einkaufsmöglichkeiten nach Leobersdorf kommen, in Folge in den Ortskern zu leiten und dazu zu motivieren, dass sie hier etwas konsumieren, dass sie einkaufen.“

Leobersdorf Einkaufszentrum

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Einkaufen im Ortskern und am Ortsrand schließen sich in Leobersdorf nicht gegenseitig aus

Dass Leobersdorf aber kein Selbstläufer ist, beweist nur wenige Meter entfernt vom EKZ LEO ein weiteres riesiges Einkaufszentrum. Das glücklose frühere „Leoville“ ist auch nach dem Neustart als „Bloomfield in den Wiesen“ kaum in die Gänge gekommen, viele Geschäfte stehen leer. Die Innenstadt aber wird sich in den nächsten Tagen wieder mit Leben erfüllen, wenn der Frühling zurückkehrt und das Intermezzo des Winters endgültig wieder Vergangenheit ist.

Robert Salzer, noe.ORF.at