In 90 Minuten „eigene Anhänger abgeholt“

Die Fernsehdiskussion der Spitzenkandidaten am Sonntag hat sich laut Politikwissenschafter Peter Filzmaier um eine Frage gedreht: Geht es Niederösterreich gut? Politikberater Thomas Hofer sah ein „Abholen der eigenen Anhänger.“

Die Frage, ob es Niederösterreich gut gehe, habe ÖVP-Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner mit Ja beantwortet, indem sie auf die Wirtschaftsdaten und die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt verwies, sagte Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Alle anderen hätten Nein gesagt, seien also pessimistischer und würden Verschlechterungen befürchten: Franz Schnabl (SPÖ) bei der Gesundheit, Udo Landbauer (FPÖ) bei der Sicherheit, Helga Krismer (Die Grünen) bei Umweltfragen und Indra Collini (NEOS) durch zu wenig Demokratie und Kontrolle.

Nicht nur „Alle gegen Mikl-Leitner“

Laut Politikberater Thomas Hofer war die 90-minütige Diskussion im Landhaus „bis zu einem gewissen Grad das Abholen der Zielgruppen, die man ohnehin schon hinter sich wähnt.“ Hofer sah zum einen das Match „Alle gegen Mikl-Leitner“, das sich ohnehin bereits im Wahlkampf abgezeichnet hatte und auch logisch sei, weil alle anderen Parteien das Ziel haben, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen. „Sie selber ist darübergeschwebt, hat so eine Art Schutzmantelmadonna gegeben und hat sich nicht wirklich auf Konflikte eingelassen.“

Sendungshinweis

„Diskussion der Spitzenkandidaten“, 21.1.2018

Zum anderen ortete Hofer aber auch „kleine Scharmützel“ zwischen SPÖ und FPÖ sowie zwischen NEOS und Grüne, letztere kämpfen um den Einzug in den Landtag. „Strategisch ist das alles nachvollziehbar, aber doch interessant, dass es nicht nur das Match ‚Alle gegen Mikl-Leitner‘ gab“, sagte Hofer.

Peter Filzmaier Thomas Hofer

ORF

Politikwissenschafter Peter Filzmaier, „NÖ heute“-Moderator Werner Fetz, Politikberater Thomas Hofer (v.l.)

Filzmaier wiederum hält „Alle gegen Mikl-Leitner“ ohnehin aus strategischer Sicht für „nicht schlau“. „Da hofft man von den anderen Parteien auf irgendwelche Allmachtsängste“, sagte er im „Niederösterreich heute“-Interview am Sonntag. Die ÖVP habe seit 1945 jedoch bis auf drei Mal immer die absolute Mehrheit bekommen, „so groß ist die Angst im Bundesland also offenbar doch nicht.“ Wenn außerdem alle Parteien dieses Argument bringen, könne ein Einzelner nicht viele Stimmen gewinnen, meinte Filzmaier.

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Für die anderen Konfliktlinien sieht der Politikwissenschafter von der Donauuniversität Krems klare Gründe: Grüne und NEOS würden sich vor allem im Wiener Umland viele Stimmen wegnehmen, die Grünen würden zudem von der Nationalratswahl wissen, dass sie oft zu viel an die SPÖ verlieren. ÖVP und FPÖ wiederum seien vor allem Konkurrenten um die Ex-Team-Stronach-Stimmen, die bei der Wahl am 28. Jänner frei verfügbar sind, weil das Team Stronach nicht mehr antritt.

Bei den Nichtwählern „am meisten zu gewinnen“

Eine Woche vor der Wahl haben sich laut aktuellen Umfrage noch etwa zehn Prozent der Wähler nicht entschieden, welcher Partei sie ihre Stimme geben. Mit einer 90-minütigen Fernsehdiskussion kann man laut Filzmaier bei den Unentschlossenen höchstens „das Zünglein an der Waage“ erreichen. „Es geht vor allem um die Mobilisierung der eigenen Anhänger“, so der Politikwissenschafter von der Donauuniversität Krems.

Bei der Landtagswahl 2013 lag die Wahlbeteiligung bei knapp über 70 Prozent, bei den Nichtwählern gebe es für die Parteien daher am meisten zu gewinnen, meinte Filzmaier. Anhänger von der einen Seite auf die Gegenseite zu holen, sei allerdings nicht mehr möglich. „Solche Anhänger hatten heute eine Wunschwahrnehmung. Man sieht die eigene Kandidatin, den eigenen Kandidaten zwangsläufig freundlicher, bei den anderen schaut man auf die Schwächen.“

Landtagswahl Diskussion Spitzenkandidaten Gruppenfoto

ORF /Nagel

Die Spitzenkandidaten bei der ORF-Fernsehdiskussion im Landhaus (v.l.): Indra Collini (NEOS), Udo Landbauer (FPÖ), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Franz Schnabl (SPÖ), Helga Krismer (Grüne)

Hofer: „Jetzt geht es um den Direktkontakt“

Laut Thomas Hofer ist in der Fernsehdiskussion „keine Katastrophe auf irgendeiner Seite passiert“. Vor allem Grüne und NEOS hätten noch versucht, „ein wenig an Emotion reinzukriegen. Da hat sich aber nicht mehr dramatisch etwas bewegt“, meinte der Politikberater. In den letzten Tagen vor der Wahl werde es vor allem auf den Direktkontakt - online oder durch Hausbesuche - ankommen. „Die Wahlbeteiligung wird wahrscheinlich nicht durch die Decke schießen, insofern ist es umso entscheidender, dass man die eigenen Leute auch wirklich hinkriegt“, sagte Hofer.

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