Angestellte betrog Firma um 637.000 Euro

Eine ehemalige Buchhalterin und Lohnverrechnerin ist am Montag am Landesgericht St. Pölten wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs schuldig gesprochen worden. Sie soll ihre Firma um mehr als 637.000 Euro geschädigt haben.

Um ihre laufend höheren Ausgaben zu finanzieren, hatte sie laut Anklage im November 2012 mit den Manipulationen begonnen. Einerseits hatte sie eine Überweisung von 9.800 statt des vereinbarten Monatsgehalts von 3.100 Euro auf ihr Konto veranlasst. Andererseits hatte sie im Februar 2013 eine fast namensgleiche Mitarbeiterin erfunden, deren Gehalt von 6.200 Euro in Folge ebenfalls an sie ausgezahlt wurde.

Dadurch hatte das im Lebensmittelbereich tätige Unternehmen bis zu 27.000 Euro pro Monat auf ihr Konto überwiesen, durchschnittlich waren es 12.000 Euro. Zudem soll die Angeklagte veranlasst haben, dass die Firma 3.950 Euro an ihren ebenfalls im Betrieb beschäftigten Sohn zahlte. Mit Ausnahme von drei Monaten hatte die Beschuldigte laut Anklage somit mehr als vier Jahre lang ungerechtfertigte Überweisungen erhalten. Die Zahlungen wurden verschleiert, indem sie über ein Warenkonto - auf Basis fingierter Eingangsrechnungen - ausgeglichen wurden. Die Manipulationen waren trotz Controllings erst Anfang 2017 durch Zufall aufgeflogen.

53-Jährige bekannte sich schuldig

Die Frau, derzeit ohne Beschäftigung, bekannte sich in der Schöffenverhandlung schuldig. „Ich bereue es zutiefst“, sagte die 53-Jährige, die 2017 Selbstanzeige erstattet hatte. Wenn sie könnte, würde sie das Geschehene rückgängig machen, meinte sie. Dass es um derart große Summen gegangen sei, sei ihr damals nicht bewusst gewesen, sondern erst im Vorjahr „wie Schuppen von den Augen gefallen“. Die geständige Niederösterreicherin wurde nicht rechtskräftig zu 30 Monaten Haft, davon 20 Monate bedingt, verurteilt.

Die Reaktion der 53-Jährigen, als sie im Februar 2017 mit den Malversationen konfrontiert wurde, beschrieb ein als Zeuge geladener Wirtschaftstreuhänder auf Frage des Richters als „Erleichterung“. „Irgendwie hab ich mir gewünscht, dass das auffliegt“, meinte die Angeklagte. Die Manipulationen seien eine „wahnsinnige Anstrengung“ für sie gewesen - einerseits habe sie das nicht gewollt, andererseits habe sie das Geld gebraucht. „Ich bin da hineingeschlittert und kann wirklich nicht sagen, was ich damals empfunden habe.“

Ein Wirtschaftstreuhänder sagte als Zeuge aus, die Manipulationen seien bei einer Kontrolle aufgeflogen, nachdem ein Mitarbeiter des Unternehmens seinen eigenen Lohnzettel hinterfragt und mit den Angaben an das Finanzamt verglichen habe. In Folge wurde die 53-Jährige zur Rede gestellt und entlassen. Das Unternehmen erstattete laut Staatsanwaltschaft jedoch keine Anzeige und war an einer Rückzahlung interessiert. Im Sommer 2017 hatte die Frau sich selbst angezeigt. Der Privatbeteiligten-Vertreter berichtete von einem Notariatsakt und sagte, einige tausend Euro seien zurückbezahlt worden, aber eine „wirklich zielführende Rückführung ist nicht erfüllt“.

Seine Mandantin leide an einer psychischen Erkrankung, hielt der Verteidiger fest: „Sie lässt sich behandeln und möchte ihr Leben in Ordnung bringen.“ Die Angeklagte erzählte, sie habe auch stationäre Therapie absolviert und weitere Behandlung geplant. Ein Gutachten bescheinigte der Frau aufgrund ihrer Erkrankung eine beeinträchtigte, aber gerade noch nicht aufgehobene Dispositionsfähigkeit.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Es liege eine „erhebliche kriminelle Energie“ vor, verwies die Vertreterin der Anklagebehörde im Schlussvortrag auf die hohe Schadenssumme. Der Verteidiger hielt fest, dass seine Mandantin sehr viel zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen habe. Zudem meinte er, es sei vonseiten der Firma „sorglos, es dem Täter leicht zu machen“: „Es zieht mir fast die Schuhe aus, wenn ich höre, dass ein anderer Mitarbeiter die Sache ins Rolle gebracht hat.“ Die 53-Jährige sagte in ihren Schlussworten: „Mir tut es furchtbar leid, dass ich mich dazu hinreißen lassen habe“, sie würde nie wieder eine derartige Tat in Erwägung ziehen.

Aufgrund der Medikamentenabhängigkeit, Spiel- und Kaufsucht seien „keine normalen Maßstäbe“ anzuwenden, begründete der Richter das Urteil. Bei einem Strafrahmen bis zu zehn Jahren wirkten sich u.a. die stark eingeschränkte Dispositionsfähigkeit, das Geständnis und die Unbescholtenheit der 53-Jährigen mildernd aus. Erschwerend waren die hohe Schadenssumme und der lange Tatzeitraum. Für die Haftzeit wäre eine Fußfessel möglich, meinte der Richter. Zudem wurde die Weisung erteilt, die begonnene Psychotherapie fortzusetzen.

Dem Unternehmen aus dem Bezirk St. Pölten-Land wurden als Privatbeteiligten 10.000 Euro zugesprochen, 630.000 Euro für verfallen erklärt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil Staatsanwaltschaft und Privatbeteiligten-Vertreter keine Erklärung abgaben.