Schönborn: „Ungehorsam kann nicht bleiben“

In der katholischen Kirche fordert Kardinal Christoph Schönborn deutlich die Rücknahme des „Aufrufs zum Ungehorsam“ durch den Probstdorfer Pfarrer Helmut Schüller. Der Papst hat am Donnerstag in Rom zu Schüllers Pfarrerinitiative kritisch Stellung genommen.

Nach der überraschenden Erklärung von Papst Benedikt XVI. zur Pfarrerinitiave von Helmut Schüller, dem Pfarrer von Probstdorf (Bezirk Gänserndorf), forderte Kardinal Christoph Schönborn am Freitag im „Niederösterreich Heute“-Interview mit Robert Ziegler weitere Schritte.

Kardinal Schönborn

ORF

Kardinal Christoph Schönborn: „Der Papst ist hervorragend informiert.“

noe.ORF.at: Herr Kardinal, am Donnerstag hat recht überraschend der Papst zur Pfarrerinitiative von Helmut Schüller, zum „Aufruf zum Ungehorsam“, Stellung genommen. Helmut Schüller sagt, der Papst habe das gar nicht so kritisch gesehen - mehr dazu in Pfarrerinitiative „gefällt“ Papst-Kritik. Er war geradezu überrascht von der Milde der Einschätzung. Sehen Sie das auch so?

Kardinal Schönborn: Dass der Papst bei dem Thema Gehorsam die Pfarrerinitiative angesprochen hat, war natürlich überraschend. Es zeigt aber für mich vor allem eines: Entgegen dem, was gerade von der Pfarrerinitiative immer wieder behauptet wurde, dass man sich in Rom nicht auskennt und dass die abgehoben sind – hier müssen wir im Gegenteil sagen: Der Papst ist hervorragend informiert und er hat dazu Stellung genommen.

Das ist das Zweite, was mir in dieser Predigt wichtig erscheint: In einer sehr differenzierten Weise hat er zuerst gesagt, er versteht die Sorgen, ob die Kirche nicht zu wenig im Heute sei. Er hat dann aber ganz klar gesagt, es gibt einige Punkte in dieser Pfarrerinitiative, die in diesem „Aufruf zum Ungehorsam“ einfach nicht zur Frage stehen dürfen. Er hat die klare Entscheidung des Papstes Johannes Paul II. genannt, die klare Lehrentscheidung bezüglich der möglichen Weihe von Frauen, wo er gesagt hat, hier hat die Kirche nicht die Vollmacht, das von Jesus Überkommene zu ändern.

Schönborn und Ziegler

ORF

Robert Ziegler (r.) im Gespräch mit Kardinal Schönborn (l.)

noe.ORF.at: Was heißt das dann konkret? In Österreich scheint ja die Sache festgefahren zu sein.

Kardinal Schönborn: Es muss hier bezüglich des „Aufrufs zum Ungehorsam“ eine Klärung geben. Das haben wir Bischöfe schon gleich am Anfang gesagt, das Wort „Ungehorsam“ kann so nicht stehen bleiben. Ich denke, wir brauchen hier eine Klärung, auch eine öffentliche Klärung, und ich denke, wir müssen sie bald angehen.

noe.ORF.at: In Niederösterreich ist die kleine Pfarre Stützenhofen in den letzten Wochen bekanntgeworden durch einen gewählten Pfarrgemeinderat, der sich zur Homosexualität bekennt und auch in einer eingetragenen Partnerschaft lebt. Sie haben – entgegen der Entscheidung des dortigen Pfarrers – diesen homosexuellen Pfarrgemeinderat bestätigt, und haben auch viele überrascht - mehr dazu in Homosexueller Pfarrgemeinderat bestätigt.

Kardinal Schönborn: Es ist anders gelaufen, ich darf das einmal klarstellen: Eine Pfarrgemeinderatswahl bedarf grundsätzlich keiner Bestätigung, das ist eine Wahl. Sie kann aber beeinsprucht werden. Ich hatte dem Pfarrer geraten, er möge dem Betreffenden doch raten, die Kandidatur zurückzuziehen. Das war aber zu spät, denn die Wahl war schon ausgeschrieben, die Wahlzettel gedruckt - es hat also die Wahl stattgefunden.

Ich stand dann vor der Wahl bzw. auch mein Bischofsrat, ob wir gegen die Wahl Einspruch erheben oder ob wir die Wahl gelten lassen. Und da haben wir uns – ich persönlich, aber auch mein Bischofsrat – dafür entschieden, die Wahl nicht zu beeinspruchen. Und ich denke auch, bei einer solchen Partnerschaft – das, was die Kirche lehrt, ist klar: Wir dürfen sie nicht diskriminieren, wir müssen sie als Menschen schätzen – aber die kirchliche Lehre sagt: „Ihr seid berufen auch zur Keuschheit.“

Kardinal Schönborn

ORF

Kardinal Schönborn: „Wenn wir uns nicht an gewisse Spielregeln halten, dann ist die Rede von einem christlichen Österreich eine Illusion.“

noe.ORF.at: Heute ist Karfreitag, in vielen Bundesländern gibt es Veranstaltungsverbote, in Kärnten gibt es sogar Aufregung wegen eines Eishockeyspiels zwischen der österreichischen und der weißrussischen Nationalmannschaft, das vermutlich aufgrund des Landesgesetzes ohne Zuschauer stattfinden muss - mehr dazu in „Verbotenes Spiel“: Fans bleiben draußen. Hat das aus Ihrer Sicht, aus der Sicht der Kirche, heute noch einen Sinn? Es geht ja niemand in die Kirche, nur weil er nicht zu einem Eishockeymatch gehen kann?

Kardinal Schönborn: 80 Prozent der Österreicher sagen, sie möchten, dass Österreich ein christliches Land bleibt. Da stelle ich diesen 80 Prozent die Gegenfrage: Wie soll denn das aussehen? Wenn wir uns nicht an gewisse Spielregeln halten, an gewisse auch Traditionen im guten Sinne des Wortes, dann ist die Rede von einem christlichen Österreich eine Illusion.

Das Interview führte Robert Ziegler, ORF.at.