Fall Wastl: Verdächtiger sagte aus

Im Fall der vermissten Heidrun Wastl (damals 37) aus Wiener Neustadt ist nach mehr als zehn Jahren ein Verdächtiger festgenommen worden. Mittwochabend sagte der Mann aus, die Frau sei bei einem Sturz ums Leben gekommen.

Die Staatsanwaltschaft zeigte sich zunächst sehr bedeckt und bestätigte nur, dass es eine Festnahme in dem Fall gegeben hat. Die „Cold Case“-Einheit des Bundeskriminalamts (BK), die sich mit Fällen von Langzeitvermissten beschäftigt, hatte die Ermittlungen in dem Fall vor wenigen Monaten übernommen. Jetzt hätten sich bei einer Einvernahme Verdachtsmomente ergeben, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, Erich Habitzl.

Daraufhin habe es eine Anordnung zur Festnahme gegeben. Bei dem Mann handelt es sich um einen 41-Jährigen. Der Verdächtige befindet sich in der Justizanstalt Wiener Neustadt, hieß es seitens des Bundeskriminalamts. Dort hat am Mittwoch eine großangelegte Suchaktion stattgefunden, die bis zum Einbruch der Dunkelheit jedoch ergebnislos verlief. Das 50 Hektar große Waldstück bei Ofenbach im Bezirk Wr. Neustadt wurde mit Spürhunden systematisch abgesucht. Der Suchhundetrupp wurde am späten Nachmittag sogar einmal ausgetauscht.

Heidrun Wastl

ORF/privat

Was passierte mit Heidrun Wastl?

War der Festgenommene bereits 2002 verdächtig?

Wie aus Ermittlerkreisen zu hören war, handelt es sich bei dem 41-Jährigen um jenen Mann, der am Tag des Verschwindens der Frau als Tischler bei ihr zu Hause tätig war. Er stand bereits im September 2002 unter Verdacht, weil er als Verfasser eines „Abschiedsbriefes“ ausfindig gemacht worden war, der vier Tage nach dem 28. September bei Wastls Ehemann eintraf.

In dem Text hieß es: „Ich sorge schon um sie, ihr geht es gut, wir sind im Ausland, sie will dich anrufen, wenn sie bereit ist ...“ Ein „tragfähiger Beweis für eine Täterschaft“ konnte damals laut Polizei jedoch nicht erbracht werden.

Brief

ORF

Abschiedsbrief aus dem Jahr 2001

„Beichte“: Wastl im Wald gestürzt

Der 41-jährige Verdächtige hat nun eine „Beichte“ abgelegt: Es soll kein Mord, sondern ein Unfall gewesen sein, der das Verschwinden der Wiener Neustädter Kindergartenhelferin erklärt. Der 41-jährige Tischler soll eine Liaison mit der Verschwundenen gehabt haben.

Bei einem gemeinsamen Spaziergang im Wald sei Wastl unglücklich gestürzt und mit dem Kopf gegen einen Stein geprallt. Sie sei blutüberströmt liegen geblieben. Der Mann habe daraufhin die Panik gekriegt. Aus Angst, dass die Affäre aufliegt, sei der Mann geflüchtet. So weit die Aussage des Verdächtigen. Einen entsprechenden Bericht im „Kurier“ (Donnerstag-Ausgabe) bestätigte Erich Habitzl von der Wiener Neustädter Staatsanwaltschaft gegenüber noe.ORF.at.

Ermittler zweifeln an Version des 41-Jährigen

Die Polizei bezweifelt aber diese Version. Die Suche nach den sterblichen Überresten der Frau soll mehr Klarheit bringen.

Von der Kindergartenhelferin fehlt seit dem 28. September 2001 jede Spur. Die damals 37-Jährige wollte ihren Sohn von der Schule in Neudörfl im Burgenland abholen, kam dort aber nie an. Der Fall wurde im Juli 2002 auch in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ aufgegriffen.

„Cold Case“ untersucht alte Fälle

Seit 2001 wird in dem Fall ermittelt. Ende 2011 übernahm das „Cold Case“-Management des Bundeskriminalamts den Fall Wastl - mehr dazu in Chronologie des Kriminalfalls. Das „Cold Case“-Management untersucht auch alte Fälle mit neuen Methoden, da heute auf Einsatzmittel zurückgegriffen werden kann, die oftmals zum Zeitpunkt der Erstellung der Akten nicht möglich waren. Heute verfügt die Polizei über bessere Software, Analysetools und eine ausgefeilte DNA-Analyse. Angesichts dessen werden alte Fälle neu aufgerollt.

Die Vorgangsweise der „Cold Case“-Ermittler könnte man wie konzentrische Kreise beschreiben. Sie nehmen sich den Ermittlungsakt vor und beginnen mit dem Tatort, wenn es einen gibt, und den Angaben zur Person. Danach kommen das Umfeld des Opfers sowie die sichtbaren Motive. Das betrifft Familie, Beziehungen, Freunde. Der nächste Schritt betrifft die nicht offen zutage liegenden Motive - zum Beispiel heimliche Liebschaften und Ähnliches mehr. In einem letzten Gang werden allfällige Hypothesen und Theorien, die im Akt aufgestellt wurden, überprüft, aber auch neue aufgestellt und gecheckt.

Frau mittlerweile für tot erklärt

Wastl wurde mittlerweile von ihrem Ehemann für tot erklärt. Bereits Ende April wurde in der ORF-Sendung „Thema“ darüber berichtet, dass auf einer Dose, die vom Tag des Verschwindens aus der Küche der Frau stammt, DNA-Spuren eines der Familie nahestehenden Mannes gefunden wurden.

Ob es sich dabei um den jetzt festgenommenen Verdächtigen handelt, ist nicht bekannt - mehr dazu in Fall Wastl: Heiße DNA-Spur nach zehn Jahren. Der Mann befinde sich in Verwahrungshaft und werde von der Polizei einvernommen, so die Staatsanwaltschaft. Wie er sich bisher verantwortete, wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen.