FMA zeigt Waldviertler an

Der Schuhproduzent Waldviertler nimmt sich seine Kredite nicht bei Banken, sondern bei Freunden und Kunden. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) zeigte ihn an, weil er Bankgeschäfte ohne Konzession macht. Doch sein Geschäft läuft besser denn je, in der Wirtschaftskrise trifft er den Puls der Zeit.

Es ist eine Erfolgsgeschichte: 130.000 Paar Waldviertler Schuhe werden heute pro Jahr verkauft. Das Unternehmen wuchs in den vergangenen zehn Jahren ohne Pause und schuf in Schrems 100 neue Arbeitsplätze - in einer Region, die wirtschaftlich nicht gut dasteht.

Waldviertler Schuhe

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Nebenbei baute der Unternehmer Heini Staudinger die größte Photovoltaikanlage des Waldviertels, mit dem Geld seiner Kunden. Sie zahlen 200 Euro für die Sonnenenergie und bekommen dafür Warengutscheine im Wert von 330 Euro zurück.

Drei Millionen Euro geborgt

1999 setzte die Bank seinen Kreditrahmen drastisch herab, obwohl er Gewinn machte. „Ich habe geglaubt, ich spinne. Das oberste Ziel war dann, bankenunabhängig zu sein“, sagt Staudinger. Das gelang ihm innerhalb von vier Jahren. Dann gründete er einen Sparverein. Freunde, Verwandte und Kunden geben ihm Geld. Er investiert es, etwa in eine neue Lagerhalle, und zahlt es verzinst zurück. Bisher borgte er sich drei Millionen Euro. „Dadurch konnten wir die Firma entwickeln, das wäre mit der Bank nicht möglich gewesen“.

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Staudinger kämpft gegen die FMA

Dann zeigte die FMA Staudinger an. Er mache Bankgeschäfte ohne Konzession, weil er sich von mehr als einer Person gewerbsmäßig Geld borgt. Ihm drohen bis zu 50.000 Euro Strafe. „Ich lasse mir mein Modell von der FMA nicht zusammenhauen. Im Gegenteil, ich bin überzeugt davon, dass wir auch Vorbild sind“, so Staudinger. Das Modell boomt, mittlerweile muss er sogar Geld ablehnen. „Ein Kunde hat mir gesagt, das hat er von einer Bank noch nie gehört“, sagt er.

1.000 Mails von potenziellen Investoren bekam er, seit die FMA gegen ihn ermittelt. „Ein Banker hat mir geschrieben, dass das, was ich mache, nicht legal ist, aber legitim.“ Staudinger will keinen Cent Strafe zahlen, auch die Zustimmung der FMA ist ihm egal. „Ich will, dass das, was legitim ist, in Österreich auch legal ist. Es muss Bürgerrecht sein, sich selbst zu organisieren und neue Wege auszuprobieren.“

„Banken verlieren an Reputation“

In der Wirtschaftskrise trifft er damit den Nerv. Die Leute vertrauen den Banken immer weniger. „Die Banken verlieren an Reputation und haben angesichts der Skandale längst den Status eines stabilen Garanten verloren“, sagt Tarek El Sehity, Vermögenspsychologe an der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien. „Die Menschen investieren lieber in konkrete Werte anstatt in abstrakte Papiere.“ Bei Staudinger sähen sie, was mit dem Geld passiert, wenn etwa neue Solaranlagen gebaut werden. Ähnlich sei der Boom bei Gold und Immobilien zu erklären.

Seit Beginn der Krise konnte Waldviertler die Umsätze noch verdoppeln. „Der Bio- und Alternativmarkt ist in der Krise explodiert“, sagt El Sehity. Vor allem das Bildungsbürgertum wolle über das Konsumverhalten auch ein politisches Statement abgeben und kaufe regionale, bekannte Qualitätsprodukte. Einige gehen einen Schritt weiter und investieren einen Teil ihres Geldes gleich in die Firma, deren Schuhe sie tragen.

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