Mehr Dolmetscher in den Spitälern

Die Patientenanwaltschaft fordert Dolmetscher für Krankenhäuser. Schätzungen zufolge sprechen bis zu zehn Prozent der Patienten gar nicht oder nur sehr mangelhaft Deutsch. Im Sommer wird in St. Pölten ein Pilotprojekt gestartet.

Diagnosen von Ärzten zu verstehen, ist für viele Menschen nicht einfach. Wenn dann auch noch für den Patienten Deutsch eine Fremdsprache ist, sei eine Verständigung fast unmöglich, sagt der niederösterreichische Patientenanwalt Gerald Bachinger.

Arzt und Dolmetscherin bei Visite

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Serpil Kul (r.): „Der Patient soll alles verstehen.“

„Man glaubt zwar, dass es einfach ist, aber so ist es nicht", sagt die diplomierte Krankenschwester Serpil Kul, die im Landesklinikum Wr. Neustadt sehr oft als Dolmetscherin fungiert. „Ich versuche so zu dolmetschen, dass es der Patient auch versteht“, meint Kul.

Patientenanwalt Bachinger: „Situation mangelhaft“

„Die Situation ist deswegen auch sehr mangelhaft, weil sie sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Es gibt Krankenhäuser, wo man auf Angehörige zurückgreift, und es gibt Spitäler, die sich dann einfach des Gesundheitspersonals bedienen, das anwesend ist“, erklärt Bachinger.

Gerald Bachinger

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Patientenanwalt Bachinger findet die derzeitigen Lösungen nicht ideal.

Fixe Stellen für Dolmetscher gibt es in den niederösterreichischen Krankenhäusern derzeit nicht. Einen Dolmetscher in der richtigen Sprache genau dann zu finden, wenn er gebraucht wird, sei daher oft schwierig, sagt der Patientenanwalt.

Im Landesklinikum Wr. Neustadt beispielsweise wird eine Liste mit Mitarbeitern geführt, die Fremdsprachen sprechen. Im Bedarfsfall werden sie telefonisch auf die jeweilige Station geholt. „In den letzten zwei Jahren haben wir vermehrt Patientinnen und Patienten aus Tschetschenien gehabt, da haben wir uns mit Mitarbeitern geholfen, die Russisch können“, so Rudolfine Weber, Qualitätsmanagerin am Landesklinikum Wr. Neustadt.

Pilotprojekt startet im Sommer in St. Pölten

Eine Fremdsprache zu sprechen, qualifiziere aber nicht für medizinisches Dolmetschen, so Bachinger. Für viele - oft werden auch Kinder als Übersetzer herangezogen - ist diese Tätigkeit außerdem sehr belastend, denn ernste Diagnosen zu überbringen erfordert viel Fingerspitzengefühl.

Studie "Dolmetschen in Krankenhäusern"

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Durch ein Pilotprojekt, das im Sommer in der Notfallambulanz des Landesklinikums St. Pölten gestartet wird, soll die für alle unbefriedigende Situation nun geändert werden.

In Wien wird eine Übersetzerzentrale eingerichtet, und nach Bedarf können Ärzte und Patienten per Videotelefonie mit den Dolmetschern in Verbindung treten. Professionelle Übersetzungen im medizinischen Bereich wird es in den Sprachen Türkisch, Bosnisch, Kroatisch und Serbisch geben.

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