Lebenslange Haft im Arsen-Prozess

Im Landesgericht Krems ist am Donnerstagabend eine 52-Jährige zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil sie zwei Pensionisten mit Arsen vergiftet haben soll, einen 68-jährigen Wiener und einen 62-Jährigen aus dem Bezirk Krems.

Die Geschworenen befanden die 52-Jährige mit 6:2 Stimmen für schuldig im Anklagepunkt des zweifachen Mordes - noe.ORF.at berichtete live - mehr dazu in Live: Lebenslang im Arsen-Prozess. Die Mehrheit der Geschworenen folgte damit den Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Dem Verteidiger gelang es nicht, den Verdacht auf den Sohn der Verdächtigen zu lenken, der ja auch zu beiden Männern Kontakt hatte.

„Heimtückisch und grausam“

Als erschwerend wurde die Heimtücke und die Grausamkeit der Taten von der Richterin angeführt. Daher sei kein geringeres Strafausmaß als lebenslange Haft möglich gewesen, so die Richterin in der Urteilsbegründung. Verteidiger Timo Gerersdorfer gab keine Erklärung ab. Somit ist das Urteil nicht rechtskräftig. „Wir haben Zweifel wecken können, aber nicht genug“, sagte Gerersdorfer nach dem Prozess. „Bei zwei Geschworenen konnten wir Zweifel erzeugen.“

„Wir werden das Urteil über das Wochenende analysieren und dann schauen, was wir machen“, sagte Gerersdorfer. Die Mandantin sei „relativ gefasst“ gewesen, sie habe ein Medikament bekommen und werde psychologisch betreut. Sie sei zudem von Gerersdorfer vor der Urteilsverkündung darauf vorbereitet worden, dass sie die Höchststrafe bekommen könnte.

Ojukwu: „So zu sterben verdient niemand“

Karin Ojukwu, die Tochter des ersten Opfers, war bei der Urteilsverkündung im Saal anwesend. Sie hatte den Fall mit ihren Zweifeln ins Rollen gebracht. „Für mich war es ohnehin klar, aber die Beratungen haben lange gedauert, da bin ich etwas nervös geworden“, sagte sie danach. Sie zeigte sich nach Prozessende erleichtert. „Das war schon sehr anstrengend, es waren zwei wirklich anstrengende Jahre. Das verdient niemand, so zu sterben, wie mein Vater gestorben ist. Nicht schuldig, das wäre für mich gar nicht infrage gekommen“, sagte Ojukwu.

Männer starben an den Folgen einer Arsenvergiftung

Den gerichtsmedizinischen und chemischen Gutachten zufolge starben die Pensionisten aus Wien und Niederösterreich an den Folgen einer Arsenvergiftung, auch wenn die Todesursachen natürlich erklärbar waren. Nach Angaben des Gerichtsmediziners Christian Reiter wurde bei Herbert A. (68) - er starb im Oktober 2010 - eine wiederkehrende Gabe nachgewiesen, bei Alois F. (61), der im Februar 2011 starb, eine einmalige oder kontinuierliche. Die angeklagte polnische Pflegehelferin (52) hatte in beiden Haushalten gelebt.

Angeklagte bekannte sich nicht schuldig

Zu Verhandlungsbeginn am Montag hatte sie sich nicht schuldig bekannt. Sie gab an, bei dem Wiener A. als Haushaltshilfe und später Pflegerin, bei F. als Putzfrau gearbeitet zu haben. In beiden Fällen habe sie bzw. ihr Mann und Sohn deren Pkw gekauft - ob die Summen tatsächlich übergeben wurden, ist nicht belegt. Der Wiener hatte ihr - neben einem verkauften Mobilheim im Weinviertel - auch seine Eigentumswohnung geschenkt.

Angeklagte im Fall der möglichen Arsenmorde

ORF / Gernot Rohrhofer

Tatsächlich hatten die einsamen Männer die Frau über Inserate, in denen sie eine Lebensgefährtin suchten, kennengelernt und sich Zeugenaussagen zufolge in die 52-Jährige verliebt. Sie selbst bestritt jegliche Liebesbeziehung.

„Pensionisten waren halbwegs gesund“

Wie Reiter am Donnerstag ausführte, litten die Pensionisten aus Wien und Niederösterreich an altersbedingten verschiedenen „Wehwehtscherln“, waren ansonsten aber halbwegs gesund. Ihr Zustand verschlechterte sich dann jedoch rapide. In aufwendigen hochtechnischen Analysen wurden Organe sowie Haare und Nägel der Opfer untersucht, wodurch nicht nur der Nachweis des Giftes gelang, sondern sich - rückgerechnet auf das Wachstumstempo der Nägel - auch der Zeitpunkt der Arsengaben eingrenzen ließ.

Staatsanwältin forderte „gerechte Strafe“

Staatsanwältin Susanne Waidecker zeigte sich in ihrem Schlussvortrag von der Schuld der Angeklagten überzeugt und forderte eine gerechte Strafe. Sie verwies auf diverse Widersprüche in den Aussagen der 52-Jährigen und auf die Parallelen bei den Opfern - beide einsam, beide relativ ohne Kontakte, beide suchten per Inserat eine Gefährtin für ihren Lebensabend. Für Waidecker stand auch außer Frage, dass es intime Beziehungen gab.

Verteidiger verlangte „Freispruch im Zweifel“

Verteidiger Timo Gerersdorfer forderte einen Freispruch im Zweifel. Das Beweisverfahren habe „nicht einmal ansatzweise ergeben“, dass seine Mandantin den Männern Arsen verabreicht habe. Es sei nicht geklärt, wo das Gift her- und hinkam. Vermögensrechtlich hätten ihr Sohn und ihr Mann profitiert, die aber nicht auf der Anklagebank saßen. Vielmehr sei seitens der Staatsanwaltschaft die Einvernahme des 29-Jährigen abgesagt worden.

Angeklagte mit Mappe vor dem Gesicht

APA/ Helmut Fohringer

Angeklagte: „Ich habe niemanden umgebracht“

„Ich habe niemanden umgebracht ... und nie in meinem Leben Gift in den Händen gehabt“, sagte die Angeklagte, bevor die Geschworenen um 15.30 Uhr in die Urteilsberatung geschickt wurden.

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