Wölfe heulen mehr, wenn „Freunde“ gehen

Dass ein Wolfsrudel mit Heulen reagiert, wenn eines seiner Mitglieder das Gehege verlässt, haben Forscher am Wolfsforschungszentrum in Ernstbrunn (Bezirk Korneuburg) immer wieder beobachtet. Das Ausmaß ist aber von der sozialen Bindung zu dem jeweiligen Tier abhängig.

Um „gute Freunde“ wird sozusagen ein größeres Geheule veranstaltet. Zur Verwunderung der Wissenschaftler spiele das Niveau an Stresshormonen dabei keine Rolle, wie die Kognitionsbiologin Friederike Range von der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) gegenüber der APA erklärte. Die Ergebnisse dieser Studie wurden nun in der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht.

Wolf

APA/Herbert Pfarrhofer

Steuern Tiere ihre Lautäußerungen flexibel?

„Die Wölfe heulen jedes Mal, wenn wir einen von ihnen zum Spazierengehen herausnehmen. Uns hat einfach interessiert, ob es da Unterschiede gibt, je nachdem, wer das Rudel verlässt“, so die Forscherin. Da das am niederösterreichischen Forschungszentrum regelmäßig passiert, lag es nahe, diese Reaktion experimentell zu untersuchen. Die zentrale Frage dabei: Steuern Tiere ihre Lautäußerungen flexibel oder werden diese eher durch emotionalen Stress ausgelöst?

Zwei Wölfe

dpa/Patrick Pleul

Um sich dem anzunähern, analysierten die Wissenschaftler die sozialen Beziehungen der Tiere untereinander und die Dominanzhierarchien in zwei Gruppen mittels Beobachtungen. In einer ersten Versuchsanordnung gingen Range und ihre Kollegen mit den verschiedenen Rudelmitgliedern jeweils dreimal etwa 45 Minuten im Wald spazieren. „Der Rest vom Rudel weiß da eigentlich nicht, wo die genau hingehen“, so die Forscherin.

Wann und warum geraten Wölfe unter Stress?

In einer zweiten Kontrollsituation wurden dieselben Tiere dreimal in das Testgehege oder das Testgebäude auf der Anlage gebracht. Unter dieser Bedingung wussten die restlichen Rudelmitglieder, dass sich die Tiere noch auf dem Gelände befinden, da sie sie noch hören und riechen konnten.

Wolf

APA/Ernst Pfarrhofer

Mit Mikrofon und Kamera wurden die Reaktionen auf die Absenzen aufgezeichnet. Außerdem nahmen die Wissenschaftler in unmittelbarer zeitlicher Umgebung Speichelproben, um den Spiegel des Stresshormons Cortisol zu bestimmen. Dass es für die Wölfe einen Unterschied ergab, ob es sich um die Kontroll- oder Versuchssituation handelte, ließ sich anhand der Cortisol-Werte ablesen. " Das deutet darauf hin, dass es stressiger für Wölfe ist, wenn sich ein Rudelmitglied so weit entfernt, dass sie nicht mehr wissen, wo es ist", erklärt Range.

Wölfe können Teil ihres Heulens flexibel kontrollieren

Verließ einerseits ein Alphatier das Rudel, gab es mehr Geheule. Wurden sich sozial nahestehende Wölfe getrennt, löste das ebenfalls starkes Heulen aus. Diese Ergebnisse haben die Forscher weniger überrascht, da manche Tiere besondere Beziehungen zueinander haben und es auch wenig verwunderlich sei, dass sich die Hierarchie auch in diesem Verhalten manifestiere.

Zwei Wölfe

APA/Herbert Pfarrhofer

Range: „Was mich überrascht hat, ist, dass das Geheule vom Stresszustand des Tieres unabhängig war. Man könnte sich nämlich auch vorstellen, dass das komplett emotional gesteuert ist.“ Die gemessenen Cortisol-Mengen spiegelten jedoch die Intensität des Heulens nicht wider. Für die Forscherin sind die Ergebnisse ein erneuter Beweis für die stark differenzierten Beziehungen der Wölfe zueinander, die sie auch in der Kommunikation untereinander zum Ausdruck bringen. „Wir vermuten, dass Wölfe zumindest einen Teil ihres Heulens flexibel kontrollieren können.“ Das Geheule sei demnach mehr als eine reine Stressreaktion, so Range.

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