Hermann Nitsch ist 75

Hermann Nitsch feiert heute seinen 75. Geburtstag. „Es ist jener Geburtstag, der mir das Altern am stärksten plausibel macht“, räumte der Künstler schon im Vorfeld ein. Den Tag verbringt er allerdings nicht im Weinviertel, sondern in Italien.

Nitsch verbringt seinen 75. Geburtstag nicht auf Schloss Prinzendorf im Weinviertel, wo er lebt und arbeitet, sondern in Italien, wo sein neapolitanisches Museum den fünften Jahrestag begeht und der langjährige Sammler Giuseppe Morra dem immer noch polarisierenden Künstler am 14. September ein großes Geburtstagsfest in Punta Campanella an der amalfitanischen Küste ausrichtet, berichtete die APA.

1938 in Wien geboren

Hermann Nitsch, geboren 1938 in Wien, besuchte die Grafische Lehr- und Versuchsanstalt und beschäftigte sich bereits in ersten malerischen Arbeiten mit religiösen Themen.

Daseinsfest als Gesamtkunstwerk

Seit 1957 verfolgt der Künstler konsequent die seine gesamte Arbeit bestimmende Idee eines als Gesamtkunstwerk konzipierten Daseinsfestes - das Orgien-Mysterien-Theater (OM-Theater). Seine Arbeiten ab Beginn der 1960er Jahre markieren wesentliche Stationen des Wiener Aktionismus. Auf Aktionen mit Lammkadavern, die mit Blut und Wasser beschüttet wurden, folgten Körperschüttaktionen, für die sich zunächst Freunde wie der Aktionist Rudolf Schwarzkogler und der Fotograf Heinz Cibulka zur Verfügung stellten.

Den internationalen Durchbruch brachte 1966 eine Einladung nach London zum „Destruction in Art Symposion“. Nitschs Aktion vor internationalem Publikum wurde von der Polizei abgebrochen - es folgten Einladungen in die ganze Welt. Seit den 1980er Jahren sind seine Arbeiten in den renommiertesten internationalen Museen zu finden.

Weinviertler Schloss wurde zu Lebensmitelpunkt

Zum Zentrum seines Schaffens erkor Nitsch 1971 das Barockschloss Prinzendorf im Weinviertel, dessen Erwerb ihm seine zweite, später nach einem Unfall verstorbene Frau Beate ermöglichte. Es wurde zum Austragungsort zahlreicher Aktionen des OM Theaters, nicht zuletzt des heftig umstrittenen Sechstagespiels 1998, das Nitsch als bisherigen Höhepunkt seines Schaffens betrachtete.

Auch als Komponist ist Nitsch hervorgetreten. So erfolgte 2009 im MZM Mistelbach die Uraufführung seiner „Ägyptischen Symphonie“, 2012 erklang in Linz die „sinfonie für 100 pianistinnen an 33 klavieren und 1 synthesizer“. Zuletzt hatte Nitsch, dessen Orgien-Mysterien-Theater seit Jahrzehnten heftig umstritten ist, in Leipzig mit seiner mittlerweile 138. Aktion die Gemüter erhitzt. Sein als Gesamtkunstwerk intendierter Aktionismus polarisiert nach wie vor, auch wenn heimische und internationale Würdigungen längst eingesetzt haben. Nitsch-Arbeiten finden sich in praktisch allen großen internationalen Museen und Sammlungen.

Hermann Nitsch

APA/Georg Hochmuth

Zum 75. Geburtstag ein Gespräch mit Hermann Nitsch, mehr dazu in oe1.ORF.at

Träume und weitere Pläne

Anlässlich seines Geburtstages sagt er im Gespräch mit der APA: „Es ist jener Geburtstag, der mir das Altern am stärksten plausibel macht.“ Aber sonst sei es ein Geburtstag wie jeder andere, und bis man 80 sei, habe man sich daran wohl schon gewöhnt. Wenn ein Maler ein entsprechendes Alter erreicht habe, ein umfangreiches Werk vorhanden sei und auch eine große Nachfrage bestehe, gehe letztere mit 80 oft erst richtig los. „Eine große Freude“ hätte Nitsch mit einer Retrospektive im Museum of Modern Art in New York. Pläne gibt es auch für ein weiteres Sechstagespiel, der Zeitpunkt steht noch nicht fest.

„Sinne und Sein“ bis Juli 2014

Im Nitsch-Museum im Museumszentrum Mistelbach läuft bis Ende Juli 2014 die Retrospektive „Sinne und Sein“. Bei der aktuellen Biennale in Venedig ist Nitsch in zwei Gruppenausstellungen vertreten, ebenso bei „wagner sehen“ im Rahmen von Paulus Mankers „Wagnerdämmerung“ im Wiener Post- und Telegraphenamt. Ende November startet im museo nitsch in Neapel die Schau „Nitsch & Attersee“.

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