„Erfolge kann man nicht erklären“

Am Freitagabend ist im Rahmen der Waldviertelakademie in Gmünd der Film „Amour“ von Michael Haneke vorgeführt worden. Der in Wiener Neustadt aufgewachsene Regisseur und Drehbuchautor über die Bedeutung des Oscar-Gewinns, Micky Maus und seine Wahlheimat Waldviertel.

noe.ORF.at: Ihr Film „Amour“ passt zu dem Thema hier in Gmünd „In Würde altern." Wie erklären Sie sich den großen Erfolg dieses Filmes?

Michael Haneke: Gar nicht, Erfolge kann man nicht erklären. In dem Fall glaube ich einfach, dass ein Thema zur richtigen Zeit behandelt wurde und vielleicht nicht ganz schlecht behandelt wurde. Das ist der Glücksfall, der da zusammentrifft. Wenn es eine Erklärung für erfolgreiche Filme gäbe, würden ja alle nur erfolgreiche Filme machen.

noe.ORF.at: Die Liebe im hohen Alter, auch diese Tragik, die in diesem Film steckt - war das etwas, das Sie schon lange beschäftigt hat?

Haneke: Es hat mich beschäftigt, weil in meiner Familie ein ähnlicher Fall vorkam, der durch das Alter gelitten hat. Das hat mich persönlich sehr bewegt und war der Anlass für den Film. Aber alles, was in dem Film vorkommt, hat mit der Geschichte, die in meiner Familie passiert ist, überhaupt nichts zu tun.

Michael Haneke vor Filmplakaten

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Michael Haneke

noe.ORF.at: Sie haben viele Preise gewonnen für diesen Film, allen voran der Oscar. Wie macht man als Filmemacher weiter, wenn man von den Preisen her am Gipfel ist, was kommt da noch?

Haneke: Wenn man einen besonderen Erfolg hat, muss man davon ausgehen, dass der nächste Film nicht so erfolgreich wird. Damit muss man leben. Natürlich ist der Anspruch, den man hat, wenn man Erfolg hat, größer. Und zwar von den anderen und von sich selber. Bei jedem Buch oder bei jedem Bild fängt jeder bei null an und dann muss er halt schauen, was dabei herauskommt. Und wenn das Bild vorher erfolgreich war, ist es ein bisschen mühsamer, weil man sich natürlich den Stress, den man ohnehin hat, noch verstärkt dadurch. Damit muss man leben, es gibt Schlimmeres.

noe.ORF.at: Über Sie wurde das Buch "Vom Provokateur zum Klassiker“ geschrieben. Können Sie sich damit anfreunden?

Haneke: Ich bin nicht zuständig für das, was Journalisten über mich schreiben aber ich fühle mich natürlich wahnsinnig geehrt. Brecht hat von der durchschlagenden Wirkungslosigkeit der Klassiker gesprochen. Ich hoffe, es ist kein Indiz dafür aber es hat mich natürlich gefreut.

noe.ORF.at: Wo hat der Oscar bei Ihnen Platz gefunden?

Haneke: Der steht bei mir neben einer Micky Maus, die ich geschenkt bekommen habe. Eine sehr hübsche Zelluloid-Micky-Maus aus den 30er Jahren, die sogar sprechen kann und da passt er genau hin. Das ist die gleiche Aura, aus der er kommt.

noe.ORF.at: Bedeutete Ihnen dieser Preis sehr viel oder gibt es andere Preise, wie etwa die Goldene Palme von Cannes, die Ihnen mehr bedeutet?

Haneke: Natürlich bedeutet die Palme mehr, weil die Konkurrenz eine andere ist. Dort kommen jedes Jahr die besten Filme des Jahres zusammen. Das in Hollywood ist gut für den finanziellen Erfolg und dafür bin ich auch sehr dankbar. Aber jeder Filmemacher, der ernsthaft arbeitet, wird natürlich sagen, dass die Palme für ihn wesentlich mehr wiegt als der Oscar. Aber ich will den Erfolg gar nicht runterspielen, ich bin wahnsinnig glücklich, dass ich ihn habe.

noe.ORF.at: Sie leben ja im Waldviertel, was macht diese Region für Sie aus?

Haneke: Ein Haus, das ich gefunden habe, das mir sehr gut gefallen hat. Und dass das eine Landschaft relativ wenig bevölkert ist, im Gegensatz zum Rest von Österreich, wo man jeden Kilometer, den man fährt zumindest drei furchtbare Häuser sieht. Hier kann man länger fahren, bis man furchtbare Häuser sieht.

noe.ORF.at: An welchem Projekt arbeiten Sie momentan?

Haneke: Die Amerikaner sagen ja, man soll die Haut des Bären nicht verkaufen, bevor man ihn erlegt hat. Und genauso ist es da auch. Ich hab mir zu oft erlaubt, irgendwelche Ankündigungen zu machen, die ich dann nicht erfüllen konnte und wofür ich mich dann entschuldigen musste. Ich entschuldige mich ungern, dafür erzähle ich lieber nichts.

Das Gespräch führte Benedikt Fuchs, noe.ORF.at.

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