Spindelegger von Gewinn überzeugt

Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) ist trotz aller Umfragen überzeugt, dass seine Partei die Wahl gewinnen wird. Warum sein Ton in den vergangenen Wochen einmal so und einmal so war, darauf antwortet er im ORF NÖ- Interview.

noe.ORF.at: „Herr Vizekanzler, wenn man in Niederösterreich mit dem Auto oder auch zu Fuß unterwegs ist, dann fällt auf, der Plakatwald ist dicht, aber die ÖVP ist darin eher weniger vertreten im Vergleich zu anderen Parteien. Ist das noble Zurückhaltung, ist das Absicht oder kommt da noch mehr?“

Michael Spindelegger: „Wir halten uns an die Regeln, die Regeln sagen, nicht mehr als sieben Millionen werden in diesem Wahlkampf pro Partei ausgegeben. Wie das andere machen weiß ich nicht, sie werden wahrscheinlich Strafzahlungen nachher haben, aber ich halte mich an die von uns beschlossenen Regeln und ich glaub, dass die Bürger durchaus auch schätzen, nicht zu viele Plakate, nicht zu viele Werbungen in den Zeitungen, das ist notwendig. Das ist letztlich Steuergeld mit dem wir hier umgehen.“

noe.ORF.at: „Im ‚NÖ heute‘-Sommergespräch hat LH Erwin Pröll gesagt, er vermisst noch ein bisschen den Drive im ÖVP-Wahlkampf, das war zwar nicht das Wort das er gewählt hat, aber sinngemäß hat er gesagt es muss noch mehr kommen. Jetzt sind Sie in Gesprächen angriffiger geworden, wenn man die Medien beobachtet, jetzt sind Sie auf Plakaten auch schon präsent mit ihrem Gesicht. Geht das so in die Richtung, immer mehr, Wahlkampffinale?“

Michael Spindelegger: „Für mich ist notwendig, dass wir immer mehr auch zeigen, es ist notwendig einen Kanzlerwechsel in Österreich herbeizuführen. Denn letztlich will ich ja nicht einen neuen Titel haben, sondern ich möchte etwas gestalten für Österreich. Ich will mehr Arbeitsplätze haben und weniger Steuern und das ist eine Richtung, für die nur die ÖVP steht und das möchte ich herausarbeiten und dann auch sichtbar werden, mit diesen Ansagen, mit diesem Programm.“

Michael Spindelegger

APA/Georg Hochmuth

noe.ORF.at: „Aber wie realistisch ist es, alle Umfragen gehen davon aus, dass sie nicht Kanzler werden. Sie plakatieren es trotzdem, ist das Zweckoptimismus?“

Michael Spindelegger: „Ich möchte nicht die Umfragen gewinnen, ich möchte die Wahl gewinnen und ich bin überzeugt davon, viele sind noch unentschlossen und wissen noch nicht, wem sie ihre Stimme geben. Darum ist jetzt die Zeit auch zu überzeugen, auch die Argumente auf den Tisch zu legen und dann werden wir sehen. Am Beginn des Jahres hatten wir die Volksbefragung über die Wehrpflicht, auch dort waren die Umfragen anders als das Ergebnis, daher beflügelt mich das geradezu und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diese Wahl gewinnen.“

noe.ORF.at: „Wenn man gerade den Wahlkampf zwischen SPÖ und ÖVP anschaut, war der am Anfang sehr kuschelig, das haben viele sogar so genannt, beim ersten Fernsehduell das es gegeben hat. Abseits der Kameras schenken sich die Parteien aber gegenseitig nichts, da fallen ganz schön tief die ‚Hackeln‘, man wirft sich Versäumnisse und Unkenntnis vor, und in Gesprächen mit anderen Parteienvertretern werden sie auch angriffiger. Was ist das jetzt? Weg vom Kuschelkurs, weil der kritisiert worden ist oder eigene Profilierungsversuche? Warum ist der Ton mal so, mal so?“

Michael Spindelegger: „Ich bleibe immer der Gleiche. Ich bin ein seriöser Politiker. Ich lege auf den Tisch, was auf den Tisch zu legen ist und gaukle niemandem etwas vor, aber klar ist schon, wir haben große Unterschiede zur SPÖ, weil wir keine Steuererhöhungspartei sind, ganz im Gegenteil, wir wollen mehr Arbeitsplätze im Land. Ja und andere Parteien haben ja nicht einmal ein Konzept, sondern reden nur über etwas und auch das muss einmal gebrandmarkt werden. Letztlich braucht eine neue Regierung ja auch einen entsprechenden Drive, damit wir etwas schaffen in Österreich. Wieder nach vorne zukommen, wieder den Menschen eine Perspektive zu bieten, dass sie sich was leisten können. Das möchte ich erreichen und dazu muss man auch die Unterschiede zu anderen Parteien hervorkehren.“

noe.ORF.at: „Aber wenn man allen Umfragen glaubt, auch wenn Sie gesagt haben, dass Sie nicht die Umfragen gewinnen wollen, wird die neue Regierung wahrscheinlich die alte Regierung sein, in derselben Konstellation. Wo kommt da der Drive her?“

Michael Spindelegger: „Für mich ist die Voraussetzung, dass wir einmal ein Wahlergebnis auf dem Tisch liegen haben. Denn letztlich habe ich, und ich hoffe andere auch, Respekt vor dem Wähler. Der vergibt die Karten und erst danach sieht man, was möglich ist. Ich gebe ihnen nur ein Beispiel: In Salzburg hat vor der Wahl niemand gedacht, dass Schwarz-Grün-Stronach nach der Wahl herauskommt und es ist auch gut so. Letztlich muss der Wähler entscheiden was er will und danach wird verhandelt und eine Koalition gebildet. Darum steht noch gar nichts fest, sondern das wird erst nach der Wahl aufgrund des Ergebnisses ausverhandelt.“

noe.ORF.at: „Aber Sie wünschen sich eine Zweierkoalition oder ist Ihnen das „egal“?“

Michael Spindelegger: „Mir ist natürlich lieber mit einer anderen Partei zu koalieren, als mit zwei anderen Parteien. Aber ich sage noch einmal, es kommt ja darauf an, wo die größte Übereinstimmung da ist und wer mit uns gehen will, nämlich in die Richtung mehr Arbeitsplätze zu schaffen in dem Land und nicht die Steuer zu erhöhen, der muss sich auch nach diesen Regeln richten.“

noe.ORF.at: „Frank Stronach hat im ORF NÖ Interview anklingen lassen, dass er auch für die Anhebung des Frauenpensionsalters wäre, er sagt er ist da für Gleichberechtigung. Macht er sich damit zum möglichen Koalitionspartner?“

Michael Spindelegger: „Mit solchen Aussagen, macht man sich noch nicht zum Koalitionspartner, da muss einmal was anderes aus dem Weg geräumt werden. Denn wenn ich mir nur einmal vergegenwärtige, jedes Land in Europa soll seinen eigenen Euro haben, ich weiß nicht was das für eine Wirtschaftspolitik sein soll. Das wäre eine Katastrophe für alle unsere Exportbetriebe, die wir grad in Niederösterreich haben und ich will doch nicht die Betriebe gefährden. Ganz im Gegenteil, ich möchte, dass viele neue Arbeitsplätze dazukommen. Daher muss man einmal mit diesen Schnapsideen des Frank Stronach aufräumen.“

noe.ORF.at: „Werner Faymann hat bei seinem Wahlkampfauftakt in St. Pölten gesagt, er warnt vor einer Neuauflage von Schwarz-Blau, er hat auch etwas gesagt von Pensionen in Höhe von 200 Euro die dann drohen könnten. Das gäbe es in anderen Ländern mit ähnlicher Konstellation. In welchem ÖVP-Arbeitspapier könnte er das gelesen haben?“

Michael Spindelegger: „In keinem unserer Arbeitspapiere, aber der Werner Faymann dem fallt oft auch nichts anderes mehr ein, als zu warnen, dass jemand anderer als die Sozialdemokratie in einer Regierung sitzt. Und da sag ich nur dazu, wenn wir die Nummer 1 sind, nämlich ich der neue Bundeskanzler, dann bilde ich eine Regierung, wo jeder Pensionist sicher sein kann, ich tue alles um Pensionen zu sichern und nicht in irgendeiner Weise jemanden zu gefährden. Das kann ich garantieren, das ist auch meine tiefste innere Einstellung. Aber notwendig ist schon, dass wir einfach den Blick öffnen und sehen was wir tun müssen. Schwarz-Blau ist eigentlich eine Schimäre, wir haben neun Bundesländer, in vieren regieren wir mit den Grünen, in anderen mit der SPÖ, in keinem einzigen mit Blau. Also, wo soll da eine Gefahr von Schwarz-Blau auftauchen?“

noe.ORF.at: „Aber ausschließen tun Sie es auch nicht?“

Michael Spindelegger: „Aus prinzipiellen Gründen nicht. Ich möchte niemandem vorweg absprechen, dass er auch in einer Regierung sein kann. Auch das ist eine Frage des Respekts vor dem Wähler, denn sonst müsst ich ja jedem Blauwähler sagen, eigentlich wählst Du ungültig, Deine Partei darf niemals in einer Regierung sein.“

noe.ORF.at: „Wir haben vor nicht allzu langer Zeit, die jüngsten Arbeitslosenstatistiken vorgelegt bekommen. Dazu habe ich zwei Fragen: Gerade die Industrie scheint im Moment ein Problem zu haben, da ist der Anstieg an der Arbeitslosigkeit am größten. Die ÖVP ist traditionellerweise industriefreundlich und das zweite ist: Meinungsforscher haben in den Medien gesagt, dass diese hohe Arbeitslosigkeit der SPÖ eher zu Gute kommt, weil die Menschen ihr zutrauen, dass sie das Problem lösen kann. Sind das zwei große Probleme so kurz vor der Wahl für die ÖVP?“

Michael Spindelegger: „Für mich ist das Problem, das jeder Arbeitslose den wir heuer mehr haben als im letzten Jahr ein Problem darstellt. Nämlich auch für einen Politiker der verantwortungsvoll ist, letztlich sind das gegenüber dem Vorjahr zum gleichen Zeitpunkt 30.000 Menschen mehr, die damit kein Einkommen haben aus ihrer Arbeit. Das rührt mich und daher müssen wir alles tun, damit sie wieder Arbeit bekommen können und dazu zählt auch eine Re-Industrialisierung in Österreich, das heißt, dass nicht Betriebe die produzieren alle abwandern in andere Länder, sondern auch hier bleiben, ihre Produkte erzeugen und damit auch Arbeitsplätze schaffen. Die sich ja wirklich diese Namen verdienen, ein Industriearbeiter verdient in Österreich durchschnittlich gut im Vergleich mit anderen Ländern und das müssen wir auch halten.“

noe.ORF.at: „Das heißt sie setzen weiter auf Industrie, auch wenn das im Moment ein Problemfall zu sein scheint?“

Michael Spindelegger: „Und daher müssen wir auch mit der Industrie wieder ins Gespräch kommen, was sie brauchen. Ein ganz wesentlicher Punkt dabei ist immer die Bürokratie, das höre ich bei all meinen Betriebsbesuchen. Wir müssen wieder wegkommen von den vielen Regeln, ich sage noch einmal, ich fordere alle Unternehmer auf, mir zu sagen, wo für sie die wettbewerbsfeindlichsten Vorschriften sind, und die gehen wir an, die müssen wir in der nächsten Periode wieder beseitigen, damit auch Wettbewerb in Österreich möglich ist.“

noe.ORF.at: „Apropos nächste Periode: Wird Sebastian Kurz in der Regierung Minister sein?“

Michael Spindelegger: „Ich möchte mit Sebastian Kurz, mit meinem Team, eine nächste Regierung ganz bestimmend führen. Und er hat sich hervorragend bewährt. Er ist glaub ich, über sich hinausgewachsen. Er hat das Thema der Integration hervorragend bewältigt, nämlich, wir diskutieren heute anders als vor einigen Jahren über Fragen der Integration und das ist sein großes Verdienst.“

Michael Spindelegger

APA/Georg Hochmuth

Michael Spindelegger und Sebastian Kurz (beide ÖVP)

noe.ORF.at: „Werden Beatrix Karl und Nikolaus Berlakovich da noch eine Rolle spielen?“

Michael Spindelegger: „Jeder der in meinem Team ist, ist mir willkommen. Aber klar ist auch, dass es nach der nächsten Wahl auch Veränderungen geben wird. Ich möchte ja auch nicht Außenminister bleiben sondern Bundeskanzler werden und wenn das gelingt, dann werden wir eben auch die Ressortbesetzung, Nachverhandlungen mit Persönlichkeiten ausstatten, die diesen Namen verdienen.“

noe.ORF.at: „Gibt es ein Wahlergebnis, mit dem sie so unzufrieden wären, dass sie sagen ich habe keine Lust mehr auf Politik?“

Michael Spindelegger: „Ich habe nur einen Plan A, der ist jetzt einmal zu gewinnen, als Nummer 1 durchs Ziel zu gehen und etwas für Österreich zu bewegen und zu erreichen. Plan B gibt es nicht.“

noe.ORF.at: „Aber sie müssen ja eine Schmerzgrenze haben. Wann ist die überschritten, wenn das Ergebnis wie ausschaut?“

Michael Spindelegger: „Jeder hat seine Schmerzgrenze, aber lassen sie erst mal den Wähler entscheiden, dann werde ich mich entscheiden.“

Das Gespräch führte ORF NÖ Chefredakteurin Christiane Teschl.

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