Fall Kührer: Erster Prozesstag zu Ende

Der erste Prozesstag im Fall Kührer ist am Dienstagnachmittag zu Ende gegangen. Zuvor wurde der 51-jährige Angeklagte stundenlang befragt. Er bestritt alle Vorwürfe und beteuerte vor dem Richter seine Unschuld. Das Verfahren wird am Mittwoch fortgesetzt.

Um 9.00 Uhr wurde der Angeklagte in den Schwuergerichtssaal geführt, der Prozess begann - mehr dazu in Staatsanwalt: „Sexualität“ als Tatmotiv. Richter Helmut Neumar rollte am Nachmittag des ersten Prozesstages jenen Tag auf, an dem Julia Kührer das letzte Mal gesehen wurde.

Handy in Pulkau geortet

Am Morgen des 27. Juni 2006 soll K. zu seinem Hausarzt gefahren sein. Sein Mitarbeiter habe ausgesagt, dass sein Chef während der Geschäftszeiten generell viel unterwegs gewesen sei. In seiner ersten Einvernahme gab K. laut Neumar an, an jenem Tag in Haugsdorf gewesen zu sein, den Handydaten zufolge war er aber in Pulkau. Der Beschuldigte glaubte heute, sich zu erinnern, dass er mit seiner Aushilfe zum Mittagessen weggefahren war. Er meinte, Kührer ein oder zwei Tage vor ihrem Verschwinden das letzte Mal im Kreis von anderen Jugendlichen gesehen zu haben.

Angeklagter und Verteidiger bei Kührer-Prozess

APA/HELMUT FOHRINGER

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Farid Rifaat

Strom wegen nicht bezahlter Rechnungen abgedreht

Am 28. Juni, als bereits die Suche nach dem Mädchen im Gang war, fuhr K. in den Grenzort, laut einer Zeugin wollte er sich in Tschechien „Crystal Meth“ besorgen, das ihm „ausgegangen“ sei. Die EVN habe ihm zu dieser Zeit wegen nicht bezahlter Rechnungen den Strom abgedreht, erklärte er, warum er dann relativ bald seine Zelte im Weinviertel abbrach.

„Ende Oktober 2006 bin ich weg aus Dietmannsdorf“, so der Angeklagte. Bereits ab September sei er großteils bei seiner Freundin gewesen. Er sei aber danach jeden zweiten Tag hingefahren, um seine zwei Hunde zu füttern. „Wer legt eine Leiche in einen Keller, wenn er damit rechnen muss, dass die Hunde anschlagen und der Besitzer alle zwei Tage kommt?“, fragte der Richter, weil der Beschuldigte zuvor angab, Unbekannte hätten die Tote auf dem Anwesen abgelegt.

„Ich weiß nicht, wie die DNA auf die Decke kam“

Warum er gegenüber niederösterreichischen Kriminalisten bestritten habe, jene blaue Decke zu kennen, in der die Leiche eingewickelt war, wollte Neumar weiter wissen. Der Angeklagte blieb dabei: „Vielleicht ist sie von einem Nachbarn heruntergefallen, und ich habe sie dann weggeräumt oder jemand anderer hat sie auf den Grund gebracht. Ich weiß es nicht, wie die DNA drauf kam. Ich hätte mir nie eine Decke um 70 Euro gekauft.“ Er habe sehr wohl auch blaue Decken besessen, „aber um zwei Euro“.

Blaue Decke mit der Aufschrift "Borbo"

Polizei

Neben Mord wird dem 51-jährigen Wiener auch der „unerlaubte Umgang mit Suchtgiften“ angelastet. K. bestritt diese Vorwürfe zu Beginn des Beweisverfahrens. „Ich hatte mit Suchtgift noch nie etwas zu tun.“ Auf das Land gezogen sei er, nachdem seine Videothek in Wien nicht mehr gut gegangen sei. Vom Ortswechsel habe er sich bessere Geschäfte erwartet.

„Ich hatte mit Suchtgift noch nie etwas zu tun“

„Ich lebte immer am Existenzminimum“, sagte der Angeklagte. Die Geschäfte seien nur so lange gut gelaufen, bis die Menschen begonnen hätten, Filme aus dem Internet herunterzuladen. Aus diesem Grund habe ihn ein Bekannter, der bereits eine Videothek in Horn betrieben hatte, auf die Idee gebracht, aufs Land zu ziehen.

Sein damaliges Geschäft in Wien habe er gegen das Grundstück in Dietmannsdorf eingetauscht. Im Oktober 2005 habe er die Videothek in Pulkau eröffnet. Das Grundstück in Dietmannsdorf habe er schon zuvor bezogen. Auf die Frage des vorsitzenden Richters Helmut Neumar, ob er nicht auf das Land übersiedelt sei, um dort einen Absatzmarkt für Cannabis aufzubauen, antwortete der Angeklagte, er habe noch nie etwas mit Suchtgift zu tun gehabt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 51-Jährigen neben Mord auch den Handel mit Drogen vor. Eine Zeugin hatte bei der Polizei ausgesagt, dass Julia Kührer eine seiner Kundinnen gewesen sei und „Crystal Meth“ sogar am Anwesen in Dietmannsdorf gekauft habe.

Angeklagter: „Ein Klaps auf den Hintern“

„Das hat nie stattgefunden. Das ist eine Hetze gegen mich“, entgegnete der Angeklagte. Geständig war der Wiener aber, dass er seinem damals „guten Freund“, jenem Jugendlichen, der ein Verhältnis mit Kührer hatte, erlaubt habe, Cannabispflanzen auf seinem Anwesen auszusetzen. Auf die Frage des Richters, weshalb bei einer Untersuchung in seinem Wohnhaus in DVD-Hüllen Spuren von Drogen gefunden worden waren, antwortete der Angeklagte: „Was Kunden mit DVDs machen, das weiß ich nicht.“

Angeklagter wird vom Polizisten begleitet

APA / HELMUT FOHRINGER

Der Angeklagte mit Polizisten

Zeugenaussagen, wonach er junge Mädchen in der Videothek belästigt habe, tat der 51-Jährige mit „nur Herumblödeln“, „vielleicht einmal ein Klaps auf den Hintern“ ab. Er frage sich allerdings, warum niemand früher etwas gesagt habe: Das sei alles ein „abgekartetes Spiel“. Richter Neumar zitierte aus weiteren Aussagen, dass K. mit Frauengeschichten und auch mit seiner Männlichkeit angegeben habe, und verwies auf eine viele Jahre zurückliegende Aussage einer Frau, die der Mann mit einer Pistole bedroht und eingesperrt haben soll. „Absoluter Blödsinn“, so K. „Wenn einen die Medien so schlecht machen, dann rufen viele Leute an und erzählen was“, fühlte er sich verleumdet, worauf ihm Neumar vorhielt, dass die Aussagen aus verschiedenen Richtungen kämen. „Welcher Mann mag keine jüngere Freundin?“, entgegnete der Angeklagte auf die Frage nach seiner Affinität zu jungen Mädchen.

Internetsuche nach K.-o.-Tropfen

Zur Sprache kam auch die Kampfsporterfahrung des Mannes im Wrestling. Das und sein damaliges Gewicht von 130 Kilo würden schon genügen, wenn man „zulangt“, merkte der beisitzende Richter an.

K. bestritt eine Zeugenaussage, wonach er sich für K.-o.-Tropfen interessiert habe, ebenso wie Internetabfragen zu Sex mit toten Frauen, Kindern und jungen Mädchen. „Ich hab’ nur K.-o.-Tropfen eingegeben, weil ich wissen wollte, was das ist, nachdem mir die Polizei gesagt hat, dass K.-o.-Tropfen im Spiel waren“, erklärte er seine Websuche. „Alles passt zusammen“, meinte Staatsanwalt Christian Pawle zu den Ermittlungen.

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