Erste Zeugenaussagen im Kührer-Prozess

Am Mittwoch sind im Prozess die ersten Zeugenbefragungen angesetzt gewesen, darunter jene des Ex-Freundes der 16-jährigen Julia Kührer. Der junge Mann ließ sich krankheitshalber entschuldigen. Freunde und Schulkollegen von Julia sagten aus.

Als erster Zeuge wurde am Mittwoch der ehemalige Freund des 51-jährigen Angeklagten aufgerufen. Warum er das heute nicht mehr sei, begründete der Hilfsarbeiter, Jahrgang 1985, mit „verschiedenen Interessen“. Kührers damaliger Freund - die Trennung erfolgte kurz vor ihrem Verschwinden - habe sie schlecht behandelt und ständig betrogen, sagte der Zeuge. 2006 war man eine Clique, die sich oft traf und auch in der Videothek des Angeklagten in Pulkau „abhing“.

Er habe von Redereien gehört, dass Michael K. „ungut“ zu Frauen sei, aber selbst nie beobachtet, dass er ein Mädchen „betatscht“ habe, sagte der Zeuge. Zu Kührer sei K. „nett“ gewesen. Am Abend des 26. Juni 2006 - die 16-Jährige verschwand am Tag danach - sei er aus der Videothek gekommen und habe „nur“ ihr ein Red Bull gegeben, hatte der Zeuge in seiner ersten Einvernahme ausgesagt.

Angeklagter mit Polizisten im Gerichtssaal

APA / HELMUT FOHRINGER

Der Angeklagte im Gerichtssaal

„Julia war öfter in der Videothek“

Der Darstellung des Angeklagten, Kührer sei lediglich zwei- oder dreimal in der Videothek gewesen, widersprach der junge Mann: Das sei viel öfter gewesen. Von Konsum oder Handel mit der Droge Crystal Meth habe er nichts mitbekommen. Verteidiger Farid Rifaat beleuchtete in der Folge unter Vorhalt seiner früheren Aussagen - „fast ganz Pulkau hat gekifft“ - den Marihuanakonsum der Clique: Demnach sei das Suchtgift von einer jungen Frau bezogen worden, Kührers Ex-Freund habe Sammelbestellungen aus der Region aufgenommen.

Schulfreunde im Zeugenstand

Eine Reihe von Schulfreunden und -freundinnen gab in der Folge Auskunft über die damalige Jugendszene in Pulkau, wobei auch der Haschischkonsum abgefragt wurde. Dass es in der Videothek des Angeklagten Drogen zu erwerben gegeben haben soll, wusste bzw. bestätigte niemand. Kührer wurde als „eher ruhig“ beschrieben.

Ein junger Mann gab an, ihr Freund habe Julia „nicht so leiwand“ behandelt. Er selbst habe das Mädchen mehrmals in der Videothek gesehen. Dass K. „blöd redet“, sei ihm aufgefallen - „sexistisch, peinlich vor den Mädchen“, formulierte es Richter Helmut Neumar. Sexistische Äußerungen des Beschuldigten waren den Zeuginnen vom Hörensagen bekannt.

Eine 22-Jährige, die Kührer zuletzt am Vortag ihres Verschwindens gesehen hatte, meinte, Julia habe in der Schule keine Probleme gehabt, aber ihre Eltern als streng empfunden und Kummer wegen der Trennung von ihrem Freund gehabt. Die 16-Jährige sei in depressiver Stimmung gewesen und habe erzählt, deshalb zu einem Psychologen gehen zu müssen. Dann sei sie fünf bis zehn Minuten in der Videothek gewesen und mit einem Red Bull wieder herausgekommen.

Zeugin: „Mir war der Michi immer suspekt“

Eine weitere Zeugin, eine Klasse unter Kührer, war die Letzte, die sie lebend sah, im Bus bei der Heimfahrt von der Schule aus Horn. Zuvor hatten sie einander kurz vor den Sommerferien noch beim Ausräumen ihrer Spinde getroffen und ihre Sachen zusammengepackt. Vereinbart war, am Nachmittag ins Bad zu gehen, dann hatte sie aber nichts mehr von ihrer Mitschülerin gehört.

Den Videothekenbesitzer, laut dem Richter damals „DVD-Michi“ genannt, habe sie nur ein-, zweimal gesehen. „Mir war der Michi immer suspekt“, zitierte Neumar aus der früheren Aussage einer weiteren jungen Frau. Sein Ruf sei bereits vor Julias Verschwinden dubios gewesen, meinte sie. Sie selbst sei nie in der Videothek gewesen. Der Verteidiger erinnerte an ihre Aussage, Julia habe sich von ihrem Freund getrennt, weil sie dessen Haschischrauchen gestört habe.

Angeklagter und Verteidiger bei Kührer-Prozess

APA/HELMUT FOHRINGER

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger im Gerichtssaal

Am Mittwoch sagten die ersten von insgesamt 100 Zeugen vor Gericht aus - mehr dazu in Prozessfahrplan im Fall Kührer. Auch Kührers Eltern sollen am Mittwoch noch vor Gericht aussagen, sagte Opferanwalt Gerald Ganzger: „Leicht ist es nicht, aber die Eltern können nur das sagen, was war. Ihre Eindrücke und Wahrnehmungen.“ Die ersten Gutachter werden am 20. September aussagen, ein Urteil wird für den 24. September erwartet.

Verteidiger forderte Freispruch

Der Angeklagte bekannte sich am ersten Prozesstag nicht schuldig - mehr dazu in Fall Kührer: Erster Prozesstag zu Ende. Sein Verteidiger forderte einen Freispruch, da es weder eine Todesursache noch einen Todeszeitpunkt gibt. Die Staatsanwaltschaft ging dennoch von einer sexuell motivierten Tat aus und zeigte sich von der Schuld des Angeklagten, Kührer ermordet zu haben, überzeugt - mehr dazu in Staatsanwalt: „Sexualität“ als Tatmotiv.

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