Kührer: Schlussplädoyers im Prozess

Im Prozess um den Tod von Julia Kührer sind am Dienstag die Schlussplädoyers gehalten worden. Der Staatsanwalt ist von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Dessen Verteidiger sieht hingegen in der Anklage viele Spekulationen.

Staatsanwalt Christian Pawle stellte in seinem mehr als einstündigen Schlussvortrag dar, welche Vielzahl an Beweisen und Gutachten, verbunden mit der Motivlage und einem fehlenden Alibi, aus seiner Sicht für die Schuld des Angeklagten sprechen. „Julia Kührer ist am 27. Juni 2006 ermordet worden“, gab sich Pawle überzeugt.

Angeklagter im Fall Kührer

APA/Helmut Fohringer

Staatsanwalt: „Wer, wenn nicht er?“

Sie sei ihrem Mörder unmittelbar nach dem Verlassen des Schulbusses am Heimweg begegnet - die Videothek des Angeklagten lag zwischen Bushaltestelle am Hauptplatz und Wohnhaus, sein Handy war zu diesem Zeitpunkt in Pulkau eingeloggt. Julia war ein gesundes 16-jähriges Mädchen, so Pawle, Michael K. ein hochgradig sexualisiertes Muskelpaket, ein „Mister Pit Bull, einmalig hart und brutal“, wie der „Free-Fighter“ selbst inseriert habe. „Wer, wenn nicht er, soll für Julias Tod verantwortlich sein“, so Pawle abschließend eindringlich.

Ein Faustschlag ins Gesicht sei durch Oberkieferverletzungen - teils ausgeschlagene zwei Schneidezähne - bewiesen. "Dann hat er Kührer am Hals gepackt und zugedrückt. Erwürgen erscheint als die wahrscheinlichste Todesursache“, so der Staatsanwalt.

Verteidiger: „Viele Spekulationen in der Anklage“

Der Verteidiger des Angeklagten, Farid Rifaat, wandte sich in seinem Schlussplädoyer mit der Feststellung an die Geschworenen, ihre Aufgabe sei viel schwieriger als es auf den ersten Blick scheine. Es gehe nämlich darum, die Aussagen der Zeugen nach ihrem Wahrheitsgehalt zu bewerten, verwies Rifaat auf zahlreiche Ungereimtheiten. Vieles in dem Fall sei Spekulation.

Sicher wisse man einzig und allein, dass Julia Kührer am 27. Juni 2006 um 13.30 Uhr am Hauptplatz in Pulkau den Bus, von der Schule kommend, verlassen hatte. Danach wurde sie von niemandem mehr gesehen. Die Spekulation fange also schon beim von ihr gewählten Heimweg an - die Videothek lag zwischen dem Hauptplatz und dem Wohnhaus -, und setze sich fort. Der nächste Fakt sei dann erst wieder die Auffindung der Leiche am 30. Juni 2011.

Angeklagter im Fall Kührer

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„Pulkau ist nicht Chicago, jeder kennt jeden“

Nach Annahme des Staatsanwalts soll sein Mandant die 16-Jährige in der Videothek geschlagen und gewürgt haben - „es gab keinen Schrei, gar nichts“, erinnerte der Anwalt an Zeugen, die nichts gehört hatten. Er ging ausführlich auf unterschiedliche, einander teilweise widersprechende Aussagen ein, insbesondere auf jene der Belastungszeugin, die als einzige dabei gewesen sein wollte, als K. Julia Drogen verkauft hatte. Seltsam sei, dass die nach eigenen Angaben „Vertraute“ Julias in deren engstem Freundeskreis nicht bekannt war. „Pulkau ist nicht Chicago. Ein jeder kennt jeden“, meinte Rifaat. Die Konstruktion des Staatsanwaltes passe in ihrer Logik nicht zusammen.

Auch der Angeklagte selbst richtete sich an die Geschworenen. Er habe keinen Grund gehabt Kührer etwas anzutun, so der 51-Jährige. Wenn er gewusst hätte, dass eine Leiche in seinem Keller liegt, hätte er sich anders verhalten. Mit diesen Worten ging der Prozess zu Ende, danach zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück.

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