Pogrome 1938: Lange Nacht des Erinnerns

Bei den Novemberpogromen 1938 wurden unzählige Synagogen und Geschäfte zerstört, etwa 400 Menschen wurden ermordet. In Amstetten fand anlässlich der Pogrome vor 75 Jahren eine „Lange Nacht des Erinnerns“ mit einem Zeitzeugen statt.

Im März 1938, nach dem „Anschluss“, kam Adolf Hitler auf seiner Fahrt nach Wien durch Amstetten. Ein damals 13-jähriger jüdischer Schüler aus Amstetten spürte sofort die Veränderungen. „Ich bin jeden Tag mit der Bahn in die Schule gefahren. Nach dem Anschluss hat plötzlich keiner mehr mit mir gesprochen. Ich war völlig ausgegrenzt“, erinnert sich George Wozasek heute.

George Wozasek

ORF

Wozasek erinnert sich an die Ausgrenzung der Juden nach dem „Anschluss“

„Haben Gaskammern nicht für möglich gehalten“

George Wozasek, Jahrgang 1925, ist vom Gymnasium Amstetten als Zeitzeuge des Jahres 1938 zur „Langen Nacht des Erinnerns“ eingeladen worden. „Es gibt keinen besseren Geschichtsunterricht als einen Zeitzeugen“, meint der Direktor des Gymnasiums Josef Spreitz.

Die Nacht von 9. auf 10. November 1938 ist George Wozasek heute noch präsent: „Zuerst waren die Aufmärsche auf der Wiener Straße, da hat man das Gejohle gehört. Es war einem schon klar, dass das eine erste Sache werden wird.“ Er erinnert sich an die Ängste der Juden: „Man hat schon gewusst, der Hitler ist gegen die Juden. Es war genug im Radio mit diesen Propagandasendungen. Man hat damals sicherlich nicht geglaubt, dass die Leute Gaskammern errichten werden und die Menschen vergasen. Das haben wir nicht für möglich gehalten.“

Foto zeigt Hitler bei Fahrt durch Amstetten

ORF

Hitler fuhr 1938 auf seiner Fahrt nach Wien durch Amstetten

„Glaube, dass so etwas wieder passieren könnte“

„Ich glaube, dass so etwas wieder passieren könnte“, sagt eine Schülerin der 6. Klasse, nachdem sie den Zeitzeugen gehört hat, „wenn Menschen in unserem Alter nicht genügend aufgeklärt werden.“

In einer Ausstellung im Gymnasium - gemeinsam mit dem Stadtarchiv Amstetten erstellt - wird George Wozaseks Lebensweg gezeigt: die geglückte Flucht 1939, fünf Jahre später kämpfte er als US-Soldat in Italien, mit seiner Frau kehrt er 1951 nach Österreich zurück, später wurde er Generaldirektor der Neusiedler Papierfabrik in Ulmerfeld.

Link:

Novemberpogrome 1938: Vorboten des NS-Völkermordes