Hoffnungsträger im Doping-Abseits

Aus dem Nichts zum großen Hoffnungsträger und ins Doping-Abseits: Johannes Dürr hat nach einem steilen Aufstieg in dem in Österreich von vergangenen Dopingfällen ohnehin schwer geprüften Langlauf einen tiefen Fall hingelegt.

Positive A-Probe
Der Niederösterreicher Johannes Dürr gab in Sotschi einen positiven A-Test auf das Blutdopinghormon Erythropoetin (EPO) ab - mehr dazu in Doping: Dürr positiv getestet.

Zunächst schien es, dass es der 26-jährige Niederösterreicher allen Widrigkeiten zum Trotz mit erlaubten Mitteln in die (dank vieler anderer Dopingfällen unter Generalverdacht stehende) Langlaufweltspitze geschafft haben könnte. Seit dem Olympiaschlusstag steht aber fest, dass er es wie schon einige seiner namhaften Vorgänger ebenfalls mit unlauteren Methoden probiert hat. Dabei hatte er den Argwohn, der dem Langlauf in Österreich seit den unrühmlichen Dopinggeschichten von Walter Mayer, Christian Hoffmann und Co. entgegenschlägt, stets mit logisch klingenden Argumenten zu begegnen versucht. Trainingsfleiß, Durchhaltevermögen und ehrliche Arbeit waren seine Antworten auf die Frage, wie sein Anschluss an die Weltspitze funktioniert hat.

Dürr betonte „ehrliche und harte Arbeit“

Er wolle mit seinen Leistungen auslösen, dass „die jungen Sportler in einer besseren Zeit als ich und viele andere damals aufwachsen“, hatte er noch vor wenige Wochen gemeint. Nun steht der Langlauf aber wieder vor sehr schweren Zeiten. Mit den Umständen in seiner Jugend meinte er den Dopingskandal von 2006 und die Jahre danach. „Das war eine beinharte Zeit für uns. Damals traute ich mir nicht einmal zu sagen, dass ich Langläufer bin. Ich habe immer geantwortet, ich studiere, weil ich die Diskussionen leid war. Ich wollte den Leuten einfach nur vermitteln, wie es wirklich abläuft, dass es ein beinharter Sport ist, in den man ehrliche und harte Arbeit steckt.“

„Möchte mich einfach dafür entschuldigen“

Nach seinem eingestanden Fehltritt klingt Dürr so: „Es bleibt mir nichts anderes über, als mich bei allen zu entschuldigen, bei meiner Familie, bei meiner Frau“, so der seit dem Vorjahr mit einer Südtirolerin in Antholz lebende Niederösterreicher. Er sei sich der Tragweite seines Fehltritts bewusst. „Ich kann das nicht mehr gut machen, aber ich möchte mich einfach dafür entschuldigen. So viele Leute haben sich den Arsch für mich aufgerissen und ich habe sie enttäuscht mit meiner Blödheit.“ ORF Sportreporter Michael Berger interviewte Dürr nach Bekanntwerden der positiven Doping-Probe - mehr dazu in iptv.ORF.at.

Ungeachtet der aktuellen Entwicklungen war der Werdegang des Göstlingers bemerkenswert. Am Anfang seiner Karriere hatte er lange mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Das Pfeiffersche Drüsenfieber und eine Bakterieninfektion kosteten dem schon in Juniorentagen vielversprechenden Talent drei ganze Saisonen. Erst in den vergangenen vier Jahren hatte er sich unter ÖSV-Trainer Gerald Heigl ungehindert entwickeln können. Und das gelang zuletzt in Riesenschritten.

Johannes Dürr bei der Tour de Ski

APA/EPA/Andrea Solero

Johannes Dürr

Entwicklung in Riesenschritten

In der Vorsaison ließ Dürr im Weltcup mit den ersten Top-Ten-Plätzen und der viertbesten Laufzeit beim harten Schlussanstieg der Tour de Ski erstmals so richtig aufhorchen. In diesem Winter legte er bei der hoch dotierten Tour noch ein Schäuferl nach. Nach starkem Saisonauftakt skatete er Anfang Jänner zu zwei Tour-Etappensiegen und stand schließlich nach bester Laufzeit als Gesamtdritter inmitten der Topstars auf der Alpe Cermis. Daran schloss der Langdistanzspezialist auch bei Olympia an und lief zum Auftakt im Skiathlon zu einem starken achten Platz. Eine Woche später bekam er im Trainingslager für den 50-km-Bewerb Besuch dann aber den folgenschweren Besuch der Dopingjäger.

Ursprünglich wollte Dürr, der sieben Geschwister hat, Fußballer werden. Als talentierter Nachwuchsspieler brachte er es sogar zu Probetrainings bei Rapid und der Admira. Gleichzeitig widmete er sich aber auch schon in frühen Jahren dem Langlauf. Nach der Sporthauptschule in Göstling entschied er sich nach Zusagen für Sportschulen mit Fußball- bzw. Langlaufschwerpunkt für den Wintersport in der ÖSV-Kaderschmiede Stams. Dort maturierte Dürr 2006, ehe sich nach ersten internationalen Erfolgen noch im Junioren-Alter die hartnäckigen gesundheitliche Probleme einstellten.

Trainer attestierten ihm Wille und Fleiß

Der Schlüssel zum späteren folgenden Aufstieg sei eine Trainingsumstellung vor fünf Jahren, seither hatte er die Umfänge kontinuierlich auf aktuell 850 Loipenstunden pro Saison steigern können. „Die Trainer haben immer am mich gelaubt und mir die Zeit gegeben“, so Dürr. Seine Betreuer attestieren Dürr ideale körperliche Anlagen, einen eisernen Willen und enormen Trainingsfleiß. „Er ist irre, natürlich im positiven Sinn“, sagte Heigl über seinen Schützling. Worte, die jetzt eine seltsamen Beigeschmack bekommen haben.

Als anderen wichtigen Erfolgsbaustein bezeichnete Dürr stets sein privates Umfeld. Die sportbegeisterten Eltern, die am schwersten Tag seiner Karriere ebenfalls vor Ort waren, förderten ihn von klein auf. Während der Olympia-Skiathlons erzählte seine Mutter noch mit leuchtenden Augen, wie stolz sie sei, dass er es nach den vielen Problemen bis hierher geschafft habe.

Dürr: „Schlimmste, was ich je gemacht habe“

Auch in seiner Frau Mirjam, die aus einer Südtiroler Biathlonfamilie stammt, hatte er eine Unterstützerin gefunden. Im Vorjahr sind die beiden wenige Monate nach der Geburt von Söhnchen Noah von Göstling nach Antholz umgezogen. Dort fand Dürr nicht nur Ruhe und Entspannung zwischen den Wettkämpfen vor, sondern auch ideale Trainingsbedingungen. Das Biathlonzentrum und die umliegenden Gebiete bieten ihm die anspruchsvolle Loipen in hoher Lage, die er braucht. Aber das war ihm wohl offenbar nicht genug, und er habe „mit Sicherheit" den falschen Leuten vertraut." Es ist in jeglicher Hinsicht das Schlimmste, was ich in meinem Leben gemacht habe. Das ist ganz, ganz schwer, das kann man nicht in drei Sätzen erklären.“