Pfarrschließungen: „Zahl nicht richtig“

Unter dem Titel „Pfarre neu“ strukturiert die Erzdiözese Wien die Pfarren um. Kardinal Christoph Schönborn sagt, dass die kolportierte Zahl von 300 Pfarren, die es in Zukunft statt der 660 geben soll, nicht richtig sei.

„Wir haben keinerlei Zahlen genannt, wir wissen, dass wir etwa in der Stadt Wien die Zahl der Pfarren, so wie sie heute ist, einfach nicht halten werden können, weil die Zahl der Katholiken um mehr als die Hälfte geschrumpft ist“, sagt der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn. In Wien will die Erzdiözese einzelne Kirchen auch an andere christliche Glaubensgemeinschaft abgeben. Im niederösterreichischen Diözesangebiet, also im Weinviertel und im Industrieviertel, sind Kirchenschließungen heute noch kein Thema, so Schönborn. „Wie das in zehn Jahren aussieht, das kann ich nicht prophezeien.“

Kardinal Christoph Schönborn

APA/Georg Hochmuth

Kardinal Christoph Schönborn

Im gesamten Diözesangebiet, also in Wien sowie im Industrieviertel und dem Weinviertel gibt es an die 1.000 Kirchengebäude, die großteils durch die Eigenmittel der Gläubigen erhalten werden, sagt Schönborn in der „Nahaufnahme“ mit Judith Weissenböck. „Gott sei Dank muss ich sagen, das Land Niederösterreich ist sehr großzügig in der Förderung von kirchlichen Denkmälern. Aber natürlich werden wir mit der Zeit schon überlegen müssen, was können und was müssen wir erhalten. Und da werden sehr stark auch die Gemeinden selber vor Ort herausgefordert sein. Das ist ja etwas schönes am Land, im Unterschied zu der Stadt: In den Dörfern engagieren sich die Menschen enorm für den Erhalt ihrer Kirchen. Da helfen sie mit, da opfern sie viele Arbeitsstunden und auch erhebliche Spendenmittel, um ihre Kirche zu halten“, so Schönborn.

Schönborn: „Werden Pfarren auch abgeben müssen“

Die Erzdiözese müsse eine Reform durchführen, schließe einen Kahlschlag jedoch aus, „das ist überhaupt nicht die Absicht“. Schönborn setzt auf eine bessere Zusammenarbeit der Pfarren, darunter fallen auch Pfarrverbände, also der Zusammenschluss mehrerer Pfarren. Aber auch die Öffnung der Pfarren sei wichtig, sagt Schönborn. „Wir werden sicher auch Kirchen abgeben müssen. Wir können die Baulast von 172 Pfarren nur in der Stadt Wien sicher nicht halten. Aber wir suchen neue Partnerschaften.“ In Wien verzeichne Schönborn einen starken Zuwachs an Christen aus Ägypten, Syrien und auch Osteuropa. „Alle diese Gemeinschaften brauchen Gottesdiensträume und unser Plan ist, die eine oder andere Kirche diesen anderen christlichen Gemeinschaften zu geben, und so wollen wir vermeiden, dass Kirchen zu Shopping-Centers werden“, sagt Schönborn in der „Nahaufnahme“.

Die „Nahaufnahme“ mit Kardinal Christoph Schönborn:

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Judith Weissenböck spricht mit Kardinal Schönborn auch über das erste Amtsjahr von Papst Franziskus, den zehnten Todestag von Kardinal König, über Twitter, Facebook & Co. sowie über die Fastenzeit. Eine Zeit in der Schönborn auf so manches schon „von Berufs wegen“ verzichten muss, wie er sagt. „Es bleibt sehr wenig Freizeit. Das positiv anzunehmen und nicht zu sehr darüber zu jammern, ist schon eine ganz gute Buße. Ich glaube, das wichtigste bei der Fastenzeit sind nicht die Bußen die man sich auferlegt, sondern jene, die einem auferlegt werden: Die Mühen des Alltags, schwierige Menschen, sich selber ertragen, freundlich statt grantig zu sein - alle diese kleinen Dinge, wenn man sie bewusst lebt, ist es wirklich schon genug der Bußübungen.“

Die Nahaufnahme zum Nachhören

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