Lokalgäste bestimmen den Preis

Immer mehr Lokale lassen die Gäste selbst entscheiden, was sie für ihr Essen bezahlen wollen. In Krems setzt ein vegetarisches Restaurant beim Mittagsbuffet seit einem Jahr auf „freie Wertschätzung“ und ist damit erfolgreich.

Eines wird beim Besuch im nanacafé in Krems schnell klar: Schmarotzer sind hier kein Thema. Dass jemand gar nichts für sein Essen bezahlt hat, sei überhaupt noch nie vorgekommen, versichert Lokalbesitzer Christoph Stocker, „das wäre aber auch ein Grund, damit aufzuhören. Wir können das nur machen, solange ein Ausgleich da ist“.

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Was ist einem das Essen wert?

Der Ausgleich zeigt sich beim Kassieren: Wer weniger geben kann oder will, bezahlt um die fünf Euro, „wer großzügiger ist, gibt 10 bis 15 Euro“, so Stocker. Die Getränke werden wie üblich nach Fixpreisen verrechnet. Am Ende bleiben den Betreibern sieben bis acht Euro pro Mittagsteller - gerade genug, um die Kosten zu decken. „Unsere Rechnung ist etwas enger, nicht weil die Kunden zu wenig zahlen, sondern weil wir ausschließlich biologische Ware verwenden.“

Betrag variiert meist nach Portionsgröße

Wer in dem vegetarisch-veganen Restaurant zum ersten Mal nach der Rechnung fragt, ist mit dem System im ersten Moment aber manchmal überfordert. „Die Leute reagieren ganz unterschiedlich“, erzählt Kellnerin Margarethe Zwettler, „vor allem ältere Leute sind am Anfang ein wenig verzweifelt, weil sie überhaupt nicht wissen, was sie hergeben sollen.“ Die meisten Gäste sind jedoch Stammkunden und haben sich längst an das System gewöhnt. „Ich versuche ungefähr das zu bezahlen, was ich auch in einem anderen Lokal zahlen würde“, meint eine Kundin.

Die Erfahrung von Besitzer Christoph Stocker zeigt, dass sich die meisten Stammgäste mit der Zeit auf einen persönlichen Fixpreis einpendeln. Die Lokalbesucher selbst meinen, sie würden den Betrag je nach Portionsgröße variieren. „Ich hatte jetzt Fastentage, da habe ich etwas weniger gegeben“, erfährt man im Schanigarten des nanacafé. Das war auch für die Betreiber der Grund, auf „freie Wertschätzung“ zu setzen. „Bei einem Buffet gilt nun einmal die freie Entnahme - einer nimmt mehr, einer weniger.“ Dass am Ende alle das gleiche bezahlen, erschien Christoph Stocker und seinem Team unfair, eine Waage zu verwenden war zu kompliziert, deshalb wurden die Fixpreise kurzerhand abgeschafft.

Mit einem derartigen Konzept liegen die Kremser voll im Trend: In Wien macht etwa das pakistanische Restaurant Deewan schon länger vor, dass ein solches System funktionieren kann. Ob man die „freie Wertschätzung“ auch in einem „normalen“ Wirtshaus umsetzen könnte, bezweifeln die Gäste. „Ich glaube, dass es zu diesem Ambiente und dem vegetarischen Mittagsbuffet sehr gut passt“, meint ein Besucher und widmet sich wieder seinem Spinatknödel.

Birgit Schäfer, noe.ORF.at