„Ältester“ Knochenkrebspatient entdeckt

Die Archäologin Michaela Binder hat das Skelett des wohl ältesten Knochenkrebspatienten gefunden. Durch die Entdeckung der 3200 Jahre alten Gebeine wurde die Kremserin zu einer international gefragten Wissenschaftlerin.

Seit 2009 arbeitet die Kremser Archäologin im Sudan an ihrer Doktorarbeit. Dass sie der Fund dieses Skelettes bekannt machen würde, hätte die junge Wissenschaftlerin nicht erwartet. „Es ist ja nicht, das muss ich offen zugeben, der älteste Krebsfall an sich. Es ist der älteste Fall, dieser Form von Krebs. Aber dadurch, dass Krebs so ein präsentes Thema heutzutage ist, hat es so eingeschlagen“, sagt die Bioarchäologin Michaela Binder.

In vielen Ländern wurde über Fund berichtet

In China, Brasilien, Indien, Kanada, in den USA und England - in der ganzen Welt wurde über die Kremserin berichtet. Die Mutter der Archäologie-Studentin machte sich davor ein wenig Sorgen, weil sich ihre Tochter für diesen brotlosen Beruf entschieden hat. „Ja, das stimmt. Also wir haben immer gewusst: Geschichte war grundsätzlich ihr Lieblingsfach und Indiana Jones ihr Lieblingsfilm“, sagt Regina Binder, die Mutter der Wissenschaftlerin, um nach einer kurzen Pause schmunzelnd hinzuzufügen: „Stimmt nicht. Können wir das rausnehmen, sonst werde ich geköpft“.

Es sei halt so ein Klischee und man werde dann auch immer gelyncht, wenn man das zu oft sagt. Man will ja nicht immer die Klischees erfüllen von den Archäologen, die mit dem Hut und der Peitsche herum laufen, sagt die Wissenschaftlerin."Aber vor allem über diese Arbeit im Sudan muss ich sagen: Wenn man drei Meter unter dem Boden das erste Mal in eine Grabkammer rein geht, wo seit 3.000 Jahren keiner mehr drinnen war, dann kommt auch immer wieder dieser ‚Indiana Jones Moment‘ und dieses: ‚Ohh‘ was ganz Tolles, Aufregendes, Neues entdecken", so Michaela Binder.

Schon als Kind Entdeckergeist gezeigt

Schon als Kind sei sie immer gern in den Weingarten gegangen oder in den Wald und habe nachgesehen, was am Boden liegt. „Ich war immer an alten Dingen interessiert, ich war immer an Knochen interessiert, ich hab mich auch für Dinosaurier interessiert - das waren so meine ersten Bücher. Ich hab es ganz toll gefunden nach Eggenburg zu fahren und Muscheln in den Steinbrüchen zu suchen. Also die Faszination am Alten war da, so lange ich mich erinnern kann.“ Im Herbst will sie ihr Doktorat beendet haben - ein fixes Job-Angebot hat sie trotz des Medienhypes noch nicht.

Ergebnisse in Fachzeitschrift publiziert

Aus diesem bisher ältesten diesbezüglichen Fund erhofft man sich neue Erkenntnisse über die Evolution der Krankheit, erklärte die Doktorandin. Tumore kennt man bereits bei Dinosauriern. Bei Menschen gab es laut Binder bisher einen sicheren und zwei mögliche Fälle mit Krebsmetastasen. Bei solchen Funden war jedoch oft nur ein Schädel erhalten geblieben, was letztlich keine sicheren Diagnosen zuließ. „Zum ersten Mal haben wir wirklich ein ganzes Skelett“, so die Forscherin, die die Überreste des im Alter von 25 bis 35 Jahren verstorbenen Mannes vor einem Jahr in Amara, 750 Kilometer südlich der sudanesischen Hauptstadt Khartum, ausgegraben hat und ihre Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift „PLOS One“ veröffentlicht hat.

Mit Methoden wie Raster-Elektronenmikroskopie und Röntgen konnte nun erstmals eine sichere Krebsdiagnose erstellt werden. Demnach ist die Krebserkrankung von einem Organ ausgegangen, hat sich in Form von Metastasen verbreitet und dann das Skelett angegriffen. „Das ist auch heute noch die häufigste Form von Krebs am Skelett“, so die Niederösterreicherin, die an der Universität Wien Humanbiologie mit Spezialgebiet „archäologische Überreste“ studierte und derzeit ihr Doktorat in Durham absolviert.