Katastrophenalarm in zwei Bezirken

Mehr als 2.000 Feuerwehrleute sind derzeit in Niederösterreich im Unwettereinsatz. Sie haben vor allem mit überfluteten Straßen und Kellern zu kämpfen. In zwei Bezirken wurde Katastrophenalarm ausgelöst.

In den Bezirken Lilienfeld und St. Pölten wurde behördlicher Katastrophenalarm ausgelöst, sagte der zuständige Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) Freitagmittag. Außerdem sind die Bezirke Amstetten, Wr. Neustadt, Neunkirchen und Scheibbs massiv betroffen. Die Einsatzkräfte haben mit massiven Überflutungen zu kämpfen, zum Teil auch mit Hangrutschungen oder Vermurungen. Ackerflächen stehen unter Wasser, zum Teil sind auch Wohnsiedlungen betroffen. „Das Problem war, dass die Niederschläge, die bis Sonntag prognostiziert waren, innerhalb von 12 Stunden gefallen sind“, so Pernkopf. In de Landeshauptstadt wurden mobile Hochwasserschutzwände aufgebaut und Dämme gesichert.

Straßensperren

In Niederösterreich sind aufgrund des Starkregens und lokal auftretenden Hochwassers zahlreiche Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen gesperrt. Eine Liste aktueller Straßensperren finden Sie unter Straßensperren wegen Hochwassers.

Notrufe im Minutentakt

Zu Mittag waren mehr als 2.000 Feuerwehrleute im Einsatz, tausende Sandsäcke wurden vorbereitet. Probleme gibt es vor allem entlang der Pielach. „Das Pielachtal ist ab Hofstetten quasi abgeschnitten“, sagte Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner. Im Pielachtal regnete es stellenweise mehr als 100 Liter pro Quadratmeter. Zahlreiche Keller waren überflutet, etwa in Türnitz, Rainfeld oder Traisen im Bezirk Lilienfeld. Die Bezirksalarmzentrale Lilienfeld verzeichnete Notrufe im Minutentakt.

Die Pielach trat bereits in den frühen Morgenstunden über ihre Ufer. „Zwischen 4.00 Uhr und 5.30 Uhr ist der Pegel um etwa einen Meter angestiegen“, sagte Einsatzleiter Walter Bugl Freitagfrüh. Um 9.00 Uhr lag der Pegel bereits bei 3,8 Metern. Die Folge sind mehrere Straßensperren, etwa auf der B 39 (Bezirk St. Pölten) - mehr dazu in Straßensperren wegen Hochwassers. Die Bundesstraße wurde dort zum reißenden Fluss.

Die Einsatzkräfte hatten alle Hände voll zu tun, Sandsäcke zu füllen und zu schlichten. „Jede helfende Hand wird gebraucht. Wir machen mit den Sandsäcken die Kellerfenster zu, wir versuchen, schon präventiv Schäden zu vermeiden.“ Denn die Pumpen bringen oft nichts mehr, wie eine Betroffene schildert: „Ich habe vier Pumpen rennen, jetzt muss ich Sandsäcke holen, weil das Wasser auch noch vom Kanal herauskommt.“

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Ein Autofahrer wurde von den Wassermassen eingeschlossen

Autofahrer von Wasser eingeschlossen

Ein junger Autofahrer wurde von den Wassermassen eingeschlossen und musste von der Feuerwehr gerettet werden. Das Fahrzeug wurde vom Mühlbach eingeschlossen, als er versuchte, eine überflutete Passage zu überqueren. „Ich habe das unterschätzt“, sagte der Mann zu noe.ORF.at. Die Einsatzkräfte appellierten an die Autofahrer, die Sperren auch tatsächlich einzuhalten. „Manche Autofahrer fahren auch noch bei dreißig oder vierzig Zentimeter Höhe durch das Wasser“, sagte Einsatzleiter Walter Bugl, „es ist eine enorme Belastung für die Feuerwehren, diese Fahrzeuge aus dem Wasser zu bergen.“

Besonders angespannt war die Lage etwa in dem kleinen Ort Rotheau (Bezirk Lilienfeld). „Das Wasser ist extrem schnell gekommen“, erzählt ein Betroffener, „wir konnten gerade noch das Nötigste in Sicherheit bringen.“ Während die Bewohner mit Sandsäcken, Schaufeln und Besen versuchten, die Wassermassen in den Griff zu bekommen, bot sich am Vormittag auch ein skurriles Bild: Der Postbote lieferte weiter seine Briefe aus. Zu Mittag musste aber auch der Briefträger seine Arbeit abbrechen, „ich komme zu den Häusern gar nicht mehr durch.“

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Im Landhausviertel in St. Pölten trat die Traisen über die Ufer

Frankenfels lange Zeit abgeschnitten

Der Ort Frankenfels an der Pielach (Bezirk St. Pölten) war stundenlang von der Außenwelt abgeschnitten. Besonders dramatisch stellte sich die Situation bei einer Eisenbahnbaustelle im Ortsteil Boding dar. Ein Gerüst in Bachnähe wurde umgerissen und lag teilweise in den Fluten bzw. wurde weggerissen. „Im südlichen Teil Richtung Scheibbs ist die Straße komplett überflutet, zusätzlich besteht Gefahr durch das Baugerüst“, sagte Feuerwehrkommandant Thomas Wutzl, „und Richtung Norden - also Richtung Pielach - ist ebenfalls Totalsperre, weil die Straßen überflutet sind.“ Auch der Fußballplatz wurde überflutet, die Volksschule, die Neue Mittelschule und der Kindergarten wurden gesperrt.

In St. Veit an der Gölsen (Bezirk Lilienfeld) spitzte sich die Lage zu. Die Volksschule musste geschlossen werden, die Kinder wurden wieder nach Hause geschickt und die Teichsiedlung in St. Veit an der Gölsen war nur mehr zu Fuß erreichbar. Auch zahlreiche Schulen und Kindergärten im Traisental blieben am Freitag geschlossen.

Gleiskörper überflutet

Starkregen ließ am Freitag die Piesting im Bezirk Wiener Neustadt großteils über die Ufer treten. Besonders stark betroffen war Pernitz, wo auch die B21 in Richtung Gutenstein gesperrt wurde. Die Gleiskörper der Bahnlinie Gutenstein wurden ebenfalls überflutet. „Die Situation hier ist sehr angespannt“, berichtete ein Sprecher der Feuerwehr Wiener Neustadt. Evakuierungen habe es aber noch keine gegeben. Noch seien Häuser oder Personen nicht unmittelbar gefährdet, aber es gelte höchste Wachsamkeit. „Die Piesting ist über die Ufer getreten und die kleineren Zubringer führen Hochwasser“, so der Sprecher. In den Ortschaften Rohr im Gebirge, Gutenstein und Pernitz wurden entlang des Flusses Dammsicherungsarbeiten mittels Sandsäcken durchgeführt.

Im Bezirk Neunkirchen sind die Feuerwehren seit Donnerstagabend im Dauereinsatz. Die Schwarza ist unter anderem im Bereich Nasswald über die Ufer getreten. Die Feuerwehren führen laufend Sicherungsarbeiten durch, „damit die umliegenden Häuser nicht beschädigt werden“, sagte Feuerwehrsprecher Alexander Nittner. Zahlreiche Keller wurden überflutet.

Leichte Entspannung in der Buckligen Welt

Vorsichtig otpimistisch waren die Einsatzkräfte am Nachmittag in der Buckligen Welt. Die Lage dort begann sich zu entspannen. Der Zöbernbach in Kirchschlag (Bezirk Wr. Neustadt) führte zwar noch immer Hochwasser, laut dem Kommandanten der Feuerwehr Kirchschlag, Klaus Mayer, kam man dort aber mit einem „blauen Auge“ davon. „Das Schlimmste scheint abgewandt zu sein. Momentan führt der Zöbernbach noch viel Wasser, weil sich flussaufwärts die Rückhaltebecken entleeren müssen. Wenn jetzt aber nicht mehr viel Regen nachkommt, dann dürften wir es geschafft haben.“

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In Gresten (Bezirk Scheibbs) wurde eine Fußgängerbrücke abmontiert

Scheitelpunkt an vielen Orten erreicht

Am späteren Nachmittag erreichten viele Pegelstände den Scheitelpunkt, etwa an den Oberläufen der Ybbs, der Traisen und der Erlauf, sagte der Leiter des Hydrographischen Dienstes Peter Christian Labut. „Bei den Unterlaufpegeln in Sankt Pölten haben wir den Scheitelwert erreicht. Ansteigende Tendenz sehen wir derzeit noch im Bereich der Leitha. Dort fließt das Hochwasser deutlich langsamer ab und dort wird auch noch ein Anstieg zu erwarten sein“, so Labut gegenüber noe.ORF.at.

Auch im Bezirk Wiener Neutstadt ließen die Regenfälle am späteren Nachmittag etwas nach, laut Feuerwehr gingen daraufhin auch die Einsätze zurück. Laut dem Bezirkskommandanten des Bezirks Wiener Neustadt, Franz Wöhrer, waren die Pegelstände der Bäche und Flüsse im Bezirk auf höchstem Niveau. „Wir sind aber zuversichtlich, dass das der Scheitelpunkt ist“, hieß es. Eine Entspannung der Wetterlage wird erst für Sonntag erwartet - mehr dazu in wetter.ORF.at

Entlang der Triesting im Bezirk Baden rückten am Freitag mehrere Feuerwehren aus. Auch dieser Fluss trat über die Ufer. In Berndorf blieb die Volksschule ebenfalls geschlossen. Auch waren zahlreiche Straßen überflutet. In Achau und in Münchendorf (Bezirk Mödling) spitzte sich nach Feuerwehrangaben die Lage am Freitagnachmittag zu. Triesting und Schwechat führten Hochwasser und die Flusspegel waren am Nachmittag leicht steigend. In Münchendorf wurden bisher insgesamt 1.200 Stück Sandsäcke gefüllt.

Kaum Sturmeinsätze

Die erwarteten Sturmschäden hielten sich im Gegensatz zu den Hochwassereinsätzen übrigens in Grenzen: Zwölf Mal mussten zum Beispiel die Freiwilligen im Bezirk Neunkirchen wegen Ästen auf der Straße ausrücken. Schäden oder Verletzte gab es aber nicht. Den Höhepunkt erreichen die Pegelstände voraussichtlich in der Nacht auf Samstag - mehr dazu in Überflutungen: Höhepunkt Freitagabend erwartet.