Causa Stein: Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Fotos von einem schwer vernachlässigten Häftling in der Justizanstalt Stein in der Wochenzeitung „Falter“ sorgen für Entsetzen. Während Experten Reformen fordern, bestätigte die Staatsanwaltschaft Krems Ermittlungen.

Wie konnte es dazu kommen, dass der 74-jährige Mann derart vernachlässigt wurde, dass seine geradezu fauligen Füße niemandem aufgefallen sind? Fragen wie diese soll nun die Staatsanwaltschaft Krems klären. Diese ermittelt wegen des Delikts „Vernachlässigen eines Gefangenen“.

Franz Hütter, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Krems, bestätigt, dass es im März eine Anzeige von der Justizanstalt Stein gab. Nun würden Personen befragt, Akten herbeigeschafft und Ermittlungen geführt, was sicher noch mehrere Wochen dauern werde, so Hütter. Derzeit konzentrieren sich die Erhebungen gegen zwei Justizwachebeamte, es wird allerdings auch gegen unbekannte Täter ermittelt. In der Justizanstalt Stein wollte man sich am Mittwoch mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren nicht äußern.

Timm: „Was passiert ist, dürfte nicht passieren“

Grundsätzlich gebe es in der Haftanstalt Stein ein sehr dichtes Kontrollnetz bei der Justizwache, dazu Ärzte, Psychologen, Krankenschwestern, sagte der ehemalige Anstaltsleiter von Stein und jetzige Sprecher der Vollzugsdirektion, Christan Timm. Dennoch sei dieser Fall passiert.

Der psychisch kranke Häftling soll seine Beine jahrelang einbandagiert gehabt und darüber lange Hosen getragen haben, schildert ein Abteilungskommandant aus Stein. Er habe zwar geduscht, aber offenbar immer nur seinen Oberkörper gewaschen, seine Beine jedoch nicht. „Es war ja nicht so, dass man hier nichts angeboten hätte. Im Gegenteil: Es sind ja zahlreiche Betreuungsangebote vom betreffenden Insassen permanent und konsequent abgelehnt worden“, so Timm gegenüber oe1.ORF.at. Timm stellt auch klar: „Das, was hier passiert ist, dürfte nicht passieren - keine Zweifel.“ Daher wurde auch die Staatsanwaltschaft Krems eingeschaltet.

JA Stein

APA / Gerald Lechner

Der Umgang mit psychisch kranken Häftlingen stelle immer eine Gratwanderung dar, so Timm. Etwa die Frage, warum der Mann beim Duschen nicht beaufsichtigt worden ist. „Ich kenne Vorwürfe von der anderen Seite, wo es dann heißt: ,Warum habt ihr denen beim Duschen zugesehen?‘ Wir befinden uns hier an einer Grenze zwischen Strafvollzug und Psychiatrie.“

Timm: „Letzte Stufe Zwangsgewalt“

Was in diesen Fällen bleibt, seien dann Zwangsmaßnahmen, so Timm. „Die letzte Stufe – ich betone, die letzte Stufe – kann dann nur sein und muss sein, dass Zwangsgewalt angewandt wird. Den zwangsweise zu waschen ist natürlich auch massiv. Das ist ein Extremeingriff.“

In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Häftlinge im Maßnahmenvollzug von 400 auf knapp unter 900 Personen verdoppelt. Aus der Sicht Timms seien Strafanstalten für diese meist psychisch kranken Menschen nicht der passende Ort. In Deutschland werden derartige Häftlinge in speziellen Krankenanstalten untergebracht.

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