Maßnahmenvollzug für 74-Jährigen verlängert

Der 74-jährige Häftling der Justizanstalt Krems-Stein, dessen Verwahrlosung in der vergangenen Woche die Wochenzeitung „Falter“ publik gemacht hat, befindet sich rein aufgrund der Aktenlage weiter in Haft.

Der Maßnahmenvollzug wurde vom zuständigen Vollzugsgericht Krems am 20. Februar 2014 ohne Anhörung des Mannes und ohne Einholung eines aktuellen psychiatrischen Gutachtens verlängert. Für Amnesty International (AI) ist diese Vorgangsweise ein „Justizskandal“, wie Österreich-Generalsekretär Heinz Patzelt im Gespräch mit der APA feststellte: „Ein Gericht, das ohne einen Häftling anzuschauen und ohne ein neues Gutachten rein auf Basis vom Hörensagen über einen wieder längeren Zeitraum die Freiheit entzieht, begeht eine schwere Menschenrechtsverletzung.“

Landesgericht Krems: „Im Einklang mit dem Gesetz“

Wie Richard Simsalik, Vizepräsident und Mediensprecher des Kremser Landesgerichts, auf APA-Anfrage erklärte, sei der Maßnahmenvollzug „im Einklang mit dem Gesetz“ verlängert worden. Das Strafvollzugsgesetz sehe „eine Anhörung eines Untergebrachten durch das Gericht vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung mindestens einmal innerhalb von zwei Jahren vor“, so Simsalik. Daran habe man sich gehalten. Eine Anhörung des Mannes habe zuletzt Ende 2012 stattgefunden. Dabei sei auch die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beschlossen worden. Zur psychiatrischen Untersuchung des 74-Jährigen, an deren Ende diesem eine anhaltende Gefährlichkeit bescheinigt wurde, kam es Anfang 2013.

Der 74-Jährige, der nach einer Verurteilung wegen versuchten Mordes einsitzt, hat die über ihn verhängte Freiheitsstrafe an sich längst verbüßt. Da er als geistig abnorm gilt, kann er allerdings weiterhin zeitlich unbefristet angehalten werden, solange ihm nicht von einem Psychiater bescheinigt wird, dass von ihm keine Gefährlichkeit mehr ausgeht. Diese Überprüfung hat laut Gesetz „in regelmäßigen Abständen“ - zumindest alle zwei Jahre - stattzufinden.

74-Jähriger hat keinen Antrag auf Anhörung gestellt

Auf Basis dieser Gesetzeslage befindet sich der an sich „pensionsreife“ Mann nach wie vor im Gefängnis. Wie Gerichtssprecher Simsalik erklärte, dürfte er sich zuletzt gegen seine weitere Anhaltung nicht „gewehrt“ haben. „Er hat keinen Antrag auf Anhörung gestellt“, sagte Simsalik. Für AI-Generalsekretär Patzelt ist diese Rechtfertigung „bei einem psychiatrischen Patienten völlig verantwortungslos und widerwärtig“.

Obwohl bei einer ärztlichen Begutachtung der verwahrloste Zustand des Häftlings vermutlich zutage getreten wäre, hatte die Justiz ein neues, aktuelles psychiatrisches Gutachten für nicht nötig befunden, weil sich laut Simsalik bei dem Häftling „keine Änderungen abgezeichnet“ hätten. In der „fortgesetzten Anhörung“, die sich formal auf die Ende 2012 tatsächlich erfolgte bezog, sei das Anfang 2013 vorgelegte Sachverständigengutachten noch einmal erörtert und am Ende entschieden worden, „dass eine bedingte Entlassung aufgrund der Gefährlichkeit des Untergebrachten nicht möglich war“, fasste Simsalik zusammen.

Als Prognosekriterien für die Gefährlichkeit habe das Gericht die „Persönlichkeit des Untergebrachten“, seine bisher „mangelnde Entwicklung in der Anstalt“, sein „belastetes Vorleben“, eine fehlende Behandlungs- und Betreuungsbereitschaft sowie die daraus resultierende geringe Aussicht auf ein redliches Fortkommen berücksichtigt.

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