Zeitzeuge warnt vor „Vergessen“

Marko Feingold, geboren 1913, ist einer der letzten Zeitzeugen des Nazi-Regimes. In vier Konzentrationslagern kämpfte er ums Überleben. Mit einem packenden und berührenden Vortrag warnte er am Samstag auf der Schallaburg vor dem Vergessen.

250.000 Menschen waren allein im Konzentrationslager Buchenwald in Deutschland gefangen, etwa 60.000 davon wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Auch Marko Feingold wurde hierher deportiert. Zuvor war er in Prag festgenommen und in das Vernichtungslager nach Ausschwitz gebracht worden. „Nach Ausschwitz kam ich mit 55 Kilo, nach zweinhalb Monaten hatte ich nur noch 30. Ich war überhaupt nicht mehr arbeitsfähig“, schilderte der Zeitzeuge auf der Schallaburg seine Erlebnisse.

KZ Schein Feingold

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„Körperlich Schwache mussten sterben“

Den Tod hatte er immer vor Augen, denn er wusste, dass jedes KZ ein eigenes Krematorium und eine eigene Krankenanstalt hatte. „Kein Häftling, wenn er körperlich schwach wurde, kam ins Spital, sondern er musste sterben. Darum habe ich immer gesagt, die meisten Häftlinge sind stehend gestorben, nicht in einem Bett.“ Danach wurden die Häftlinge verbrannt, damit man nicht nachvollziehen konnte, wieviele Menschen ums Leben gekommen sind, erzählte Feingold.

Marko Feingold hatte Glück, denn er wurde als Maurer gebraucht. Doch er sah Tausende sterben. Viele suchten den Freitod, doch das war unter den Augen der Wachen gar nicht so leicht: „Selbst Selbstmörder mussten tüchtig und flink sein, wenn sie den elektrisch geladenen Zaum ereichen wollten. Sie mussten beobachten, ob keiner schaut, dann mussten sie laufen, um den Draht zu erwischen.“ Wer es nicht bis zum Zaun schaffte, wurde angeschossen, „dann hätte er nur eine Wunde gehabt und sie hätten ihn halb erschlagen am nächsten Tag am Galgen am Apellplatz gehängt.“

Marko Feingold

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„Von wem soll die Jugend etwas erfahren?“

Marko Freigold überlebte sieben Jahre die Todesmaschinerie der Nationalsozialisten in Auschwitz, Dachau, Neugamme und Buchenwald . Nach seiner Befreiung kam er nach Salzburg, von dort aus half er mehr als 100.000 Häftlingen auf ihrer Flucht nach Italien. Er ist mittlerweile Präsident der isrealitischen Kultusgemeinde in Salzburg.

In seinem Buch „Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh. Eine Überlebensgeschichte“ schildert er sein Leben. Bis heute, mit seinen 101 Jahren, kämpft er gegen das Vergessen: „Die Großväter haben den Mund gehalten, weil sie Butter am Kopf hatten, die Väter haben von den Großvätern nichts gehört, und die heutige Jugend steht da. Von wem sollen sie etwas erfahren?“ Marko Feingold wird weiter seine Geschichte erzählen, denn - wie er sagt - wenn man schon nichts aus der Geschichte lernt, vergessen darf man sie niemals.