„Kann nicht daheim sein und nichts tun“

Thomas Rassinger aus Pottendorf (Bezirk Baden) arbeitet für „Ärzte ohne Grenzen“ im Ebola-Gebiet in Liberia. „Ich kann nicht daheim sein und nichts tun, während diese Dramatik in Afrika passiert“, sagt er im Telefonat mit noe.ORF.at.

noe.ORF.at: Sie arbeiten in einem Krankenhaus in Monrovia, der Hauptstadt von Liberia. Wie viele Menschen werden täglich mit Verdacht auf Ebola eingeliefert?

Thomas Rassinger: Das ist ein sehr komplexes System hier im Krankenhaus. Wir können im Moment nur maximal zehn bis 20 Menschen pro Tag aufnehmen. Es hängt davon ab, wieviele am Vortag entlassen worden sind oder verstorben sind. Wir können einfach nicht schnell genug Betten zur Verfügung stellen, wie wir uns das wünschen würden, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran, mehr Betten zu bekommen. Aber es werden trotzdem nicht genug sein.

noe.ORF.at: Welche Menschen sind besonders von Ebola betroffen? Junge? Alte?

Rassinger: Das Virus trifft oft ganze Familien, weil der Virus sich über engen Körperkontakt verbreitet und er trifft genau die, die sich am meisten um andere kümmern. Das ist ziemlich dramatisch.

noe.ORF.at: Wie ist der Alltag in Monrovia? Trauen sich die Menschen überhaupt noch auf die Straßen?

Rassinger: Die Leute sind schon auf den Straßen unterwegs, aber man merkt, dass sie sich weniger berühren und dass sie im Umgang miteinander weit vorsichtiger sind. Aber das Leben muss irgendwie weitergehen. Die Leute müssen weiterhin etwas zu essen haben und sie müssen weiter ihre täglichen Sachen machen. Das ist echt schwer zu kombinieren in einer großen Stadt mit mehr als einer Million Einwohner.

noe.ORF.at: Wie haben Ihre Eltern reagiert, als Sie gesagt haben, dass Sie nach Liberia wollen?

Rassinger: Meine Eltern machen sich natürlich Sorgen, das ist verständlich. Aber sie wissen auch, dass ich tun muss, was ich tun muss. Ich kann nicht daheim sein und nichts tun während diese Dramatik in Afrika passiert. Irgendwer muss das machen. Meine Eltern verstehen das und unterstützen mich auch, was sehr hilfreich ist.

Thomas Rassinger

Ärzte ohne Grenzen

noe.ORF.at: Wie gehen Sie selbst mit dem Erlebten um?

Rassinger: Es ist schon sehr dramatisch, was da abgeht, aber man muss, wenn man da ist, einfach funktionieren und mit den Emotionen werde ich mich beschäftigen wenn ich wieder nachhause komme.

noe.ORF.at: Ihre Rückkehr nach Österreich ist für Montag geplant. Dann geht ihr einmonatiger Einsatz in Liberia zu Ende. Es könnte bei der Rückreise aber zu Problemen kommen. Warum?

Rassinger: Es ist so, dass sehr sehr viele Fluglinien ihre Flüge in die von Ebola betroffenen Gebiete eingestellt haben. Geplant ist, dass ich am Montag von Monrovia nach Brüssel fliege und dann weiter nach Wien. Ich hoffe das bleibt so. Aber es kann natürlich passieren, dass der Flug kurzfristig abgesagt wird. Dass die Flugverbindungen eingestellt werden, macht auch unsere Arbeit hier sehr schwer. So können wir die Logistik oder weitere Experten nicht bekommen, die wir brauchen. Das macht unser Leben hier noch viel schwerer.

noe.ORF.at: Müssen Sie in Quarantäne oder in medizinische Betreuung, wenn Sie nach Österreich zurück kommen?

Rassinger: An sich ist die Ansteckungsgefahr, so lange keine Symptome aufscheinen, nicht groß. Das heißt, ich brauche zunächst keine Sorgen haben, dass ich wen anderen anstecke. Ich muss mich selbst für drei Wochen beobachten. So lange ist die Inkubationszeit. Wenn ich Ebola-Symptome entwickle wie Durchfall oder Fieber, muss ich mich bei einer medizinischen Kontaktperson melden um sicherzugehen, dass nichts ist. Dann ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass ich zumindest zur Sicherheit in eine Isolierstation komme. Der Virus läßt sich ja nicht gleich nachweisen.

Das Gespräch führte Doris Bachler, noe.ORF.at

Links: