Ärger über ungarisches Bodengesetz

„Ungarischer Boden in ungarische Hand“ - das ist eine der Devisen des Premierministers Viktor Orban. Im Mai wurde daher das ungarische Bodengesetz geändert. Die Aufregung darüber ist groß, auch bei betroffenen Landwirten aus NÖ.

Ungarn verfügt über viel flaches Land - ein großer Teil der Flächen ist für die Landwirtschaft geradezu prädestiniert. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Anfang der 1990er Jahre konnte man viele dieser Flächen zu einem weit unter dem europäischen Durchschnitt liegenden Preis erwerben. Viele Österreicher und Österreicherinnen nutzten diese Gelegenheit, so auch Landwirt Johannes Scharmann aus Mannersdorf (Bezirk Bruck an der Leitha).

„Menschen haben damals ihre Felder verkauft“

„Wir haben uns hier sehr Willkommen gefühlt, denn die Menschen haben jemanden gesucht, der ihre Flächen bewirtschaftet oder ihre Flächen kauft. Sie haben sich gesagt, die letzten Jahre hatten Grund und Boden keinen Wert, ich habe lieber ein Auto, einen Fernseher oder ein kleines Haus, was auch immer. Und so haben die Menschen ihre Felder verkauft“, so Scharmann.

Die damalige ungarische Regierung wollte diese Verkäufe jedoch eindämmen. Sie befürchtete einen Ausverkauf des Agrarlands und verhängte 1994 ein Kaufverbot für Ausländer und Ausländerinnen. In Folge haben diese Agrarflächen über sogenannte Nießbrauchrechte, die im Grundbuch eingetragen und meist auf Lebenszeit abgeschlossen wurden, erworben. Nun ist damit Schluss.

Nießbrauchrechte gelten als erloschen

Seit 1. Mai 2014 gelten diese Nießbrauchrechte als erloschen. Es sei denn, es kann ein nahes Verwandtschaftsverhältnis zu dem Eigentümer oder der Eigentümerin nachgewiesen werden. Bis Ende Oktober rufen die Grundbuchämter nun zu diesem Nachweis auf. Kann kein nahes Verwandtschaftsverhältnis nachgewiesen werden, werden die Nießbrauchrechte bis spätestens 31. Juli 2015 aus dem Grundbuch gestrichen. Die 200 österreichischen Landwirte und Landwirtinnen, die in Ungarn etwa 200.000 Hektar bewirtschaften, sind über die Änderung des Bodengesetzes bestürzt.

Sendungshinweis:

„NÖ heute“, 25.10.14

„Es ist natürlich keine glückliche Situation. Man trägt Emotionen und Freude herunter. Es sind sehr gute Böden hier. Es ist nicht erquicklich. Man hat ja auch Rechtssicherheit gehabt und darauf vertraut, dass Rechtssicherheit bleibt. Es ist eine legale Sache gewesen“, sagt Hans Brandl, Landwirt aus Neuhaus im Wienerwald (Bezirk Baden).

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Pächter verlor Nutzungsrechte

Bisher hat Brandl von den ungarischen Behörden noch kein Schreiben erhalten. Es könnte jedoch jeden Tag eintreffen, mehrere 100.000 Euro, wie er sagt, stehen für ihn auf dem Spiel. Der Burgenländer Hannes Mosonyi hat durch die Gesetzesänderung bereits einen Schaden erlitten.

„Wir sind seit 1996 in Ungarn tätig und haben 2009 einen Betrieb zusätzlich dazu gepachtet. Dort haben wir jetzt das Problem, dass unser Verpächter die Nutzungsrechte verloren hat. Der von uns gesäte Mais wurde nun vom ungarischen Eigentümer der Flächen abgeerntet. Bis jetzt ist uns ein Schaden von etwa 230.000 Euro entstanden.“

Tabuthema: Eingriff in bestehende Rechte

Bei Gesetzesänderungen in bestehende Rechte einzugreifen, ist in Demokratien eigentlich ein Tabu. Im österreichischen Landwirtschaftsministerium will man die Neuregelung der ungarischen Bodengesetze daher nicht einfach hinnehmen. Es könne nicht sein, dass österreichische Landwirte und Landwirtinnen ihre über Jahre getätigten Investitionen entschädigungslos verlieren, ließ Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) verlauten.

Nun ist die Europäische Kommission mit dem Thema befasst. Ein Vertragsverletzungsverfahren soll feststellen, ob die ungarische Vorgangsweise EU-konform ist. „Unser Minister hat das nach Brüssel getragen und wir hoffen, dass jetzt positive Entscheidungen kommen. Mehr kann man nicht machen, außer an die Gremien zu appellieren, hier tätig zu werden und das wieder zurecht zu rücken“, so Brandl.

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