Asyl: Pröll fordert europäische Lösung

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) ist im ersten Halbjahr 2015 Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz. Aktuelles Thema in dieser Periode ist die Frage der Unterbringung von Flüchtlingen. Pröll fordert eine europäische Lösung.

Pröll erwarten in der sechsmonatigen Periode an der Spitze der Landeshauptleutekonferenz jede Menge innenpolitisch brisante Themen. Beim Thema Vermögenssteuern sieht er im „Niederösterreich heute“-Interview noch keine Festlegung. „Es ist noch keine ausgemachte Sache, dass Vermögen besteuert wird und wenn ja in welcher Form.“

„Neuwahl wäre Bankrotterklärung“

Als Verunsicherung bezeichnet Pröll die Spekulationen um eine Neuwahl, falls die Steuerreform nicht gelingt. „Wenn es tatsächlich dazu kommen sollte - was ich nicht will und was ich auch gar nicht annehme - dass jemand ernsthaft an Neuwahlen denkt, dann wäre das die Bankrotterklärung der österreichischen Politik“, so Pröll im Gespräch mit ORF NÖ-Chefredakteur Werner Fetz.

In der Frage der Unterbringung von Flüchtlingen gibt sich Pröll zuversichtlich, dass auch die sechs Bundesländer, die bislang ihre Quote noch nicht erfüllen, das nachholen. Von Sanktionen hält er nichts, Pröll verlangt vielmehr eine europäische Lösung.

Werner Fetz und Erwin Pröll

ORF

Landeshauptmann Erwin Pröll (r.) im Gespräch mit ORF NÖ-Chefredakteur Werner Fetz.

noe.ORF.at: Aktuell erfüllen sechs Bundesländer nicht ihre Quoten bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen. Die Länder haben sich selbst eine Frist bis Ende Jänner gesetzt. Wird sich diese erfüllen lassen?

Erwin Pröll: Wir haben im vergangenen Monat etwa 3.000 Flüchtlinge mehr nach Österreich bekommen und wir haben jetzt ungefähr 31.500 Flüchtlinge in Österreich. Das ist eine Gesamtherausforderung, die nicht einfach zu lösen ist. Allerdings bin ich hoffnungsfroh, dass die Landeshauptleute so wie wir das bei der letzten Sitzung besprochen haben, sehr bemüht sein werden, die 100 Prozent-Quote zu erfüllen.

Gleichzeitig sage ich dazu: Wir werden das alleine als Österreich nicht bewältigen können. Es wird unbedingt notwendig sein, dass auf europäischer Ebene eine Lösung getroffen wird, denn es kann auf Dauer nicht sein, dass einige wenige Staaten in Europa die Gesamtlast des Flüchtlingswesen tragen. Daher wird hier in Brüssel in absehbarer Zeit ein deutliches Wort gesprochen werden müssen.

noe.ORF.at: Wer wird dieses Wort sprechen?

Pröll: Sicher die Innenministerin auf der einen Seite, aber das ist natürlich auch eine Gesamtverantwortung für den Bundeskanzler. Man kann sich in dieser Frage nicht davonstehlen.

noe.ORF.at: Sollten die Länder ihre Quoten nicht erfüllen, haben Sie eine Sondersitzung der Landeshauptleute angekündigt. Was könnte diese Sitzung bringen? Möglicherweise Sanktionen für jene Länder, die ihre Quoten nicht erfüllen?

Pröll: Wir sollten nicht mit Drohungen arbeiten. Die Innenministerin hat ein neues Konzept mit Erstaufnahmelagern in den einzelnen Bundesländern. Das ist eine gute Grundlage und das Innenministerium ist dabei, diese neue Infrastruktur aufzuarbeiten. Eine Sondersitzung, sollte sie notwendig werden, müsste die Situation neu bewerten und analysieren.

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noe.ORF.at: Ein großes Thema in dem halben Jahr, in dem Sie der Landeshauptleutekonferenz vorsitzen, wird die Steuerreform sein. Die Regierung will bis März eine Reform präsentieren. Was soll diese aus Ihrer Sicht bringen? Wer wird belastet, wer wird entlastet werden?

Pröll: Der entscheidende Punkt ist, dass wir tatsächlich zu einer Entlastung kommen. Nicht zuletzt deswegen, weil Österreich im internationalen Vergleich eine relativ hohe Steuerlast zu tragen hat. Auf der anderen Seite haben wir einen relativ hohen Schuldenstand. Das auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, ist die Kunst, die die Politik zu bewältigen hat. Ich warne davor, ständig neue Initiativen und neue Ansagen, insbesondere im Hinblick auf die Vermögensbesteuerung zu tätigen.

noe.ORF.at: Lässt sich aus Ihrer Sicht bereits abschätzen, wer belastet und wer entlastet werden soll?

Pröll: Es ist noch keine ausgemachte Sache, dass Vermögen besteuert wird und wenn, in welcher Form. Lassen wir die Dinge zunächst in der Arbeitsgruppe entwickeln. Es ist schon eine alte volkswirtschaftliche Theorie, dass öffentliche Steuerdiskussionen den Standort verunsichern. Genau das brauchen wir jetzt nicht.

noe.ORF.at: In der Diskussion um die Steuerreform kommt immer wieder auch die Diskussion um Neuwahlen. Sehen Sie diese Gefahr?

Pröll: Derartige Diskussionen halte ich für abträglich für den Wirtschaftsstandort, für das Investitionsklima und wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, was ich nicht will und was ich nicht annehme, dass jemand ernsthaft an Neuwahlen denkt, dann wäre das die Bankrotterklärung der österreichischen Politik. Man kann der Politik in Österreich sehr kritisch gegenüberstehen, aber so schlecht ist es auch nicht.

Erwin Pröll

ORF

Pröll kündigt ein Investitionspaket als Mittel gegen die Arbeitslosigkeit an: "Investitionen, die ihre Wirkung sehr stark am Arbeitsmarkt zeigen, werden vorgezogen.

noe.ORF.at: Sie sitzen in der Reformkommission, die sich mit Bildungsfragen beschäftigt. Es geht um die Zuständigkeiten für Lehrer, die Landesschulratspräsidenten stehen infrage und es geht einmal mehr um die Gesamtschule. Wird sich in diesem Jahr etwas bewegen?

Pröll: Wir hatten vor einigen Jahren parteiübergreifend bereits die entsprechende Lösung parat, die damalige Unterrichtsministerin Schmidt und der Bundeskanzler haben leider das Ende der Diskussion ausgerufen. Seitdem steht die Partie. Wir hätten uns inzwischen eine dreistellige Millionensumme durch den Abbau der Bildungsverwaltung erspart.

Wenn es jetzt so weit ist, soll es mir auch recht sein. Die Grundkonstruktion kann relativ einfach gezeichnet werden: Der Bund soll die Bildungsziele vorgeben, damit wir österreichweit ein- und dieselben Zielvorgaben im Unterricht haben. Das Erreichen dieser Bildungsziele, nämlich in der Bildungsverwaltung, soll man den Ländern überlassen.

noe.ORF.at: 2015 hat für Niederösterreich mit einer herausfordernden Botschaft begonnen. Die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie lange nicht. Wie kann man hier entgegensteuern, um die Arbeitslosenzahlen in den Griff zu bekommen, um die Wirtschaft anzukurbeln?

Pröll: Das erste halbe Jahr in der Landespolitik wird daher ganz konzentriert auf den Arbeitsmarkt fokussiert. Dabei geht es in erster Linie darum, dass wir alle Investitionsmaßnahmen im Hinblick auf die Arbeitsmarktrelevanz analysieren. Investitionen, die ihre Wirkung auch sehr stark am Arbeitsmarkt zeigen, werden vorgezogen. Auf der zweiten Seite intensivieren wir den Ausbau der Standortqualität und hier wird vor allem die Breitbrandinitiative eine ganz wesentliche Rolle spielen, weil wir auf diese Art und Weise Regionen international fit machen, die derzeit noch nicht so intensiv mitkönnen wie die Ballungsräume.

Das Gespräch führte Werner Fetz