Terrorprozess in Krems vertagt

In Krems ist am Mittwochabend der Prozess gegen einen mutmaßlichen Dschihadisten auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Der Verteidiger hatte zuvor mehrere Beweisanträge gestellt und die Bestellung weiterer Sachverständiger gefordert.

Verteidiger Wolfgang Blaschitz beantragte weitere Zeugen und Sachverständige, etwa für Zeitgeschichte. Das Gericht gab den Beweisanträgen nach längerer Beratung teilweise statt, das Verfahren wurde daher nach 21.00 Uhr auf unbestimmte Zeit vertagt, berichtete die Austria Presse Agentur (APA).

Erneut strenge Sicherheitsvorkehrungen

Zu Prozessbeginn am 22. Jänner hatte sich der tschetschenische Asylwerber vor dem Schöffensenat zum Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nicht schuldig bekannt - mehr dazu in Mutmaßlicher Dschihadist „nicht schuldig“.

Wie am ersten Verhandlungstag herrschten bei der Fortsetzung des Prozesses am Mittwoch strenge Sicherheitsvorkehrungen. Das begann bei der peniblen Eingangskontrolle der Besucher und Journalisten und setzte sich mit starker Polizeipräsenz im Gebäude sowie bei der Bewachung des 30-Jährigen durch vier maskierte Beamte im Gerichtssaal fort.

Der russische Staatsbürger war im vergangenen Sommer in seiner Unterkunft in Heidenreichstein im Waldviertel festgenommen worden. Er war Ende 2013 aus Syrien, wo er nach seinen Angaben Flüchtlingen helfen wollte, nach Österreich gekommen - aus Sicht der Anklage, um seine Sehschwäche medizinisch behandeln zu lassen. „Ohne Dschihad ist das kein Leben. Wenn ich meine Augen in Ordnung bringe, kehre ich nach Syrien zurück, wenn Allah erlaubt“, zitierte die Staatsanwältin eine der - unzähligen - auf den Mobiltelefonen des 30-Jährigen sichergestellten Nachrichten und modifizierte die Anklage nach Paragraf 278b u.a. um die Punkte e (Ausbildung für terroristische Zwecke) und f (Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat) - mehr dazu in Anklage im Terrorprozess ausgeweitet.

„Hilfsbereitschaft heißt bei uns Dschihad“

„Ich bin kein Terrorist“, beteuerte der Tschetschene heute erneut. „Sie haben sehr viel gemacht, um genau als solcher dazustehen“, machte ihm die Anklägerin diverse Vorhalte. „Hilfsbereitschaft heißt bei uns Dschihad“, erläuterte der 30-Jährige. Wenn syrische Truppen die Flüchtlinge attackiert hätten, hätte man sich geschützt. An Kämpfen habe er aber nicht teilnehmen wollen, differenzierte er heute den Begriff Dschihad. In seine Heimat habe er nicht zurückkehren wollen bzw. nach dem Syrienaufenthalt auch nicht können. Er habe nicht geahnt, dass er wegen seiner Internet-Recherchen Probleme bekommen würde.

Ein aus Deutschland via Videokonferenz zugeschalteter Zeuge, bei dem im Zuge von Ermittlungen gegen ihn der Pass des 30-Jährigen sichergestellt worden war, gab an, den Angeklagten 2013 ein paar Mal in Syrien getroffen zu haben. Dort habe der Tschetschene etwa im Dienst einer Wohltätigkeitsorganisation, die u.a. von der Freien Syrischen Armee beschützt worden sei, Lebensmittel für Flüchtlinge gekauft - laut Anklage schloss sich der 30-Jährige in Syrien einer IS-Untergruppe an und absolvierte eine Kampfausbildung.

Ein Beamter des Verfassungsschutzes führte zum Dschihadismus aus, dass es 2013 in Syrien bereits eine vorwiegend aus Tschetschenen bestehende Bewegung gegeben hatte, zu Jahresbeginn war ISIS einmarschiert. Die Gruppierungen, bewaffnete Teilorganisationen der Al Kaida, die später mehr oder weniger im IS aufgingen, hätten alle einen islamischen Staat mit der Rechtsform der Scharia zum Ziel gehabt.