Österreich-Premiere über Whistleblower Manning
Bradley Manning wurde im August 2013, im Alter von 25 Jahren, wegen Übermittlung geheimer US-Militärakten an die Enthüllungsplattform WikiLeaks zu 35 Jahren Haft verurteilt. Am Tag nach der Urteilsverkündung gab er bekannt, dass er sich seit Jugendtagen als Frau fühle und fortan Chelsea genannt werden wolle.
Landestheater Niederösterreich
Jugend und Herkunft sind es, die Tim Price für die Spurensuche nach der Radikalisierung Bradley Mannings als Ausgangspunkt wählt. „Auf der einen Seite wird ein Bild Mannings als chronischer Außenseiter gezeichnet, der sich weder in der Schule noch in der Armee, noch mit seinem eigenen Körpergefühl zurecht findet. Auf der anderen Seite zeigt es einen intelligenten jungen Mann, dessen Interesse an walisischen Märtyrern eine Metapher für seine Zukunft bildet“, heißt es auf der Website des Landestheaters Niederösterreich. Der Wunsch nach einer universitären Ausbildung und sein Talent im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung, lassen ihn schließlich in die U.S. Army eintreten.
Ein theatralischer Versuch, sich Manning zu nähern
„Nicht Mannings Taten im eigentlichen Sinne stehen also hier im Mittelpunkt. Die Debatte über Recht und Unrecht wird gezielt vermieden. Vielmehr geht es um einen theatralischen Versuch, sich diesem unscheinbaren, unsicheren jungen Mann, der eine der am meisten debattierten Persönlichkeiten der letzten Jahre wurde, zu nähern“, so Regisseurin Daniela Kranz. Keiner zeitlichen Chronologie verpflichtet, lässt Price Fakt und Phantasie gekonnt aufeinandertreffen, um die hochexplosive Frage nach der Radikalisierung Bradley Mannings zu ergründen.
Autor Tim Price: Shootingstar in Großbritannien
Tim Price zählt zu den Shootingstars der englischen Gegenwartsdramatik. Nach dem Studium der Philosophie war er zunächst als Journalist tätig, ehe er mit „For Once“ zum ersten Mal für Schlagzeilen auf der Bühne sorgte. Sein drittes Stück „Die Radikalisierung Bradley Mannings“ wurde 2012 im National Theatre Wales uraufgeführt und im Rahmen des Edinburgh Festivals 2013 mit dem James Tait Black Memorial Prize ausgezeichnet. Die deutschsprachige Erstaufführung fand im Oktober 2014 am Theater und Orchester Heidelberg unter der Regie von Caro Thum statt.
Die österreichische Erstaufführung (Übersetzung von Michael Raab) wird Daniela Kranz als Koproduktion der Vereinigten Bühnen Bozen mit dem Landestheater Niederösterreich inszenieren. Die in der Umsetzung zeitgenössischer Dramatik erprobte Regisseurin war in den letzten beiden Spielzeiten bereits am Landestheater Niederösterreich tätig („Wir sind noch einmal davongekommen“ und „Die Wildente“).
Als Ausstatterin steht ihr Jutta Burkhardt zur Seite, mit der sie in der Saison 2013/14 Ibsens „Die Wildente“ in St. Pölten auf die Bühne brachte. Christoph Kail und Hannes Perkmann, die regelmäßig an den Vereinigten Bühnen Bozen zu sehen sind, spielen zusammen mit den Ensemblemitgliedern des Landestheaters Niederösterreich.
Links:
- Krieg im Landestheater: „FRONT“ (noe.ORF.at; 16.2.2015)
- Landestheater Niederösterreich (Website)
- „Why I’m writing a play about Bradley Manning“ (The Guardian)