Kriegsende: „Bomben waren dramatisch“

Vor 70 Jahren hat die Front Sankt Pölten erreicht. Drei Wochen wurde im Großraum der heutigen Landeshauptstadt gekämpft. 20.000 Menschen waren aus der Stadt geflohen, rund 10.000 lebten in den Trümmern. Ein Zeitzeuge erinnert sich.

Bereits drei Wochen bevor die dritte ukrainische Armee der Sowjets vom Osten her gegen St. Pölten vorgerückt war, wurde nahezu die ganze Stadt mit Bombenangriffen dem Erdboden gleichgemacht. Zu dieser Zeit war im Häuserkampf in Wien schon alles für die alliierten Streitmächte entschieden.

Heinrich Wohlmeyer aus St. Pölten war damals neun Jahre alt. Er erinnert sich zurück: „Das Dramatische waren für uns die Bombenangriffe. Der St. Pöltner Bahnhof war ein wichtiger Bahnknotenpunkt und daher ein strategisches Ziel. Der wurde wirklich umgeackert, da war ein Bombenacker nach dem anderen.“

Zeitzeuge Heinrich Wohlmeyer

ORF

Zeitzeuge Heinrich Wohlmeyer war 1945 neun Jahre alt

Nazis gegen Ende immer brutaler

Ereignisse vom 13. April 1945 wirken heute noch in der Stadt nach, sagt der Direktor des Stadtmuseums St. Pölten, Thomas Pulle: „Die Sowjets hatten die Stadt schon mehr oder weniger umzingelt. In dieser Situation, wo man schon den Gefechtslärm hörte, wurden noch 13 Menschen standrechtlich erschossen, weil man sie verdächtigt hatte, mit dem Feind Kontakt gehabt zu haben“, so Pulle.

An diese Widerstandsgruppe um Josef Trauttmansdorff-Weinsberg erinnert eine begehbare Gedenkstätte im Hammerpark. Es ist jener Ort, an dem die 13 Menschen damals erschossen wurden. Das Nazi-System ging mit den Menschen gegen Ende des Krieges immer brutaler um, erinnert sich Wohlmeyer: „Wenn alte Menschen gesagt haben: Hören Sie auf, es ist ohnehin schon alles verloren, dann haben sie sie aufgehängt und bewusst auf den Bäumen hängen gelassen.“

Denkmal Hammerpark

ORF

Gedenkstätte im Hammerpark in St. Pölten

Pulle und Wohlmeyer

ORF

Heinrich Wohlmeyer und Thomas Pulle begutachten Fotos

„St. Pölten war drei Wochen lang Frontstadt“

Dennoch gelang es Widerstandskämpfern, die Nazis am Sprengen einer Traisen-Brücke zu hindern, und so blieb St. Pölten ein sinnloser Häuserkampf erspart. „Allerdings haben sich die deutschen Truppen dann im Westen der Stadt im Bereich des Dunkelsteinerwaldes festgesetzt. Die Frontlinie kam dort zum Erliegen. St. Pölten war etwa drei Wochen lang Frontstadt“, so Thomas Pulle vom Stadtmuseum St. Pölten.

Schwarz-weiß-Bild vom Krieg 1945

Stadtarchiv St. Pölten

Der Bahnhof St. Pölten wurde durch die Bombenangriffe völlig zerstört

Immense Zerstörung der Stadt

Die Zerstörung in der Stadt war immens, für die Bewohner ging es ums nackte Überleben. „Die Deutschen sind bis zum Friedhof gekommen, dort hat sich ein wilder Kampf abgespielt. Es wurde wirklich von Grabstein zu Grabstein gekämpft“, so der damals neunjährige Wohlmeyer gegenüber noe.ORF.at. Geht man heute durch die Stadt, kann man die Leistung der Menschen, die aus diesen Trümmern wieder eine lebenswerte Stadt errichtet haben, nicht hoch genug würdigen.

Links: