Barocke Opernpracht im Stift Altenburg

„Nicht das Stück wird in unsere Zeit übertragen, sondern unser Publikum wird in die Zeit des 18. Jahrhunderts hineinversetzt“, sagt Intendant Bernd R. Bienert. Im Stift Altenburg werden zwei Opern gezeigt: Bendas „Medea“ und Haydns „Der Apotheker“.

"Das Anliegen von TEATRO BAROCCO ist es, vergessene und seit ihrer Uraufführung nicht mehr gespielte, jedoch bedeutende Werke der von Mozart hoch geschätzten Zeitgenossen wieder auf der Bühne erlebbar werden zu lassen“, erklärt Intendant Bernd Roger Bienert.

2015 werden im Stift Altenburg (Bezirk Horn) Joseph Haydns 1768 uraufgeführte Opera buffa „Lo Speziale“ („Der Apotheker“) und Georg Anton Bendas Melodram „Medea“ (Uraufführung 1775) auf der Bühne des eigens dafür nach einem italienischen Originalentwurf rekonstruierten barocken Saaltheaters präsentiert. Die beiden von Bienert wiederentdeckten und „äußerst sehens- und hörenswerten Werke von Mozarts hoch geschätzten Zeitgenossen verbinden sich im Sinne ihrer Entstehungszeit mit der originalgetreuen Optik in der barocken Körpersprache und Gestik, von Beleuchtung, Kostümen und Bühnenbild, zu einem spektakulären Gesamtkunstwerk“ (Bienert).

Bei TATRO BAROCCO trifft heuer eine der größten antiken Tragödien auf den größten Komödiendichter des 18. Jahrhunderts, Carlo Goldoni. Die berührenden Schicksale zweier Frauen stehen im Mittelpunkt: Während in der von Mozart geliebten Vertonung des klassischen Tragödienstoffs die verstoßene Medea aus Rache zur Mörderin wird, ist es in Joseph Haydns Opera buffa die junge begehrenswert hübsche Grilletta, die sich für einen von gleich drei Liebhabern entscheiden soll.

Intendant Bienert: „Ein weltweit solitäres Festival“

Die Tageszeitung „Die Presse“ bezeichnete TEATRO BAROCCO als „das authentische Musiktheater im Stil der Mozartzeit“ und erklärte es zu „einem der drei wichtigsten Opernereignisse der vergangenen Saison“, sagt Bienert.

noe.ORF.at: Warum haben Sie sich für dieses Stück entschieden?

Intendant Bernd R. Bienert: Wir spielen „Medea“ von Mozarts böhmischem Komponistenkollegen Georg Anton Benda, weil Mozart gerade die Melodramen von Benda ganz besonders liebte, und selber den Versuch unternahm, zwei Melodramen zu komponieren, die leider nur Fragmente geblieben sind. Er schätzte Bendas Melodramen so sehr, dass er deren Noten immer bei sich trug und sie in einem Brief an den Vater voller Begeisterung erwähnte. Wir wollen zeigen, wie sehr viele der großen Komponistenkollegen, die bis heute im Schatten Mozarts stehen, auf dessen Arbeit erstaunlich intensiv eingewirkt haben. TEATRO BAROCCO bringt dieses vergessene Wissen in seinen Originalinszenierungen und auf unterhaltsame, spielerische Weise wieder zurück in unser Bewusstsein.

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noe.ORF.at: Warum soll man gerade heuer zu Ihnen nach Altenburg fahren?

Bienert: Die „Medea“ von Benda wird bei TEATRO BAROCCO zum ersten Mal seit ihrer Uraufführung vor 240 Jahren wieder szenisch und im Stil der Mozartzeit zu sehen und zu hören sein. Mit der Vertonung von Carlo Goldonis Komödie “Der Apotheker” ist Joseph Haydn eine heute viel zu selten gespielte, ganz besonders hervorragende Komposition gelungen, die bei TEATRO BAROCCO erstmals bereinigt von später hinzugefügten Ergänzungsversuchen, und inszeniert im Stil der Uraufführungszeit, zu erleben sein wird.

noe.ORF.at: Wie sehen Sie Ihren Spielort in drei Jahren? Wie wollen Sie ihn entwickeln?

Bienert: TEATRO BAROCCO ist ein weltweit solitäres Festival, mit einem nur hier zu erlebenden, fantastischen Spielort: Die monumentale Bibliothek, gebaut im Barock und ausgestattet mit den großartigen Fresken Paul Trogers. Der Ort verschmilzt mit unserer eigens dafür entworfenen Barockbühne zum schönsten barocken Saaltheater Österreichs! Vergleichbar ist TEATRO BAROCCO auf seine Art nur noch mit ebenso einmaligen Festivals wie dem englischen Glyndebourne oder Drottningholm in Schweden.

Bernd Roger Bienert Intendat TATRO BAROCCO im Stift Altenburg

Nadja Meister

Intendant und Regisseur Bernd R. Bienert: „Der Ort verschmilzt mit unserer eigens dafür entworfenen Barockbühne zum schönsten barocken Saaltheater Österreichs“

noe.ORF.at: Worin sehen Sie die gesellschaftliche Aufgabe des Theaters, im speziellen die Aufgabe des Sommertheaters?

Bienert: Die herrliche Landschaft, hochkarätiges Theater, erstklassige Musik und die prächtigen, denkmalgeschützten Architekturen unter dem niederösterreichischen Sternenhimmel zu einem Sommertraum zu vereinen. Die gesellschaftliche Aufgabe unseres Festivals könnte z.B. sein, aus unserem Bemühen, die große musikalische Vergangenheit Österreichs wieder aufleben zu lassen, um daraus Erkenntnisse für unsere musikalische Zukunft zu gewinnen und die Notwendigkeiten der Entwicklung der europäischen Kultur daraus insgesamt abzuleiten.

noe.ORF.at: Was ist die Botschaft des Stücks?

Bienert: Medea ist die zu allen Zeiten aktuelle Frage nach dem Sinn oder Unsinn von Rache und Vergeltung. Goldoni ist der barocke, frech-witzige Vorläufer der späteren Wiener Psychoanalyse.

noe.ORF.at: Welche Inszenierungsmöglichkeiten bietet der Spielort und wie nützen Sie diese?

Bienert: Nur in Stift Altenburg kann es so hervorragend gelingen, die vorhandene Barockarchitektur, so wie es im 18. Jahrhundert üblich war, mit angewandter Kunst, Theater und Musik, zu beleben. TEATRO BAROCCO führt die historischen Prunkräume wieder der ihnen ursprünglich zugedachten Bestimmung zu, sie mit Musik und Theater zum Schwingen zu bringen.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 2.7.2015

Mit TEATRO BAROCCO entsteht im Stift Altenburg bei Horn, für jeden Sommer neu, eine betörend schöne Einheit aller bildenden und angewandten Kunstgattungen: Malerei, Bildhauerei, Gesang, Literatur, Musik, Architektur, Gestik, Schauspiel. Und das alles im Stil der Zeit Maria Theresias! Nirgendwo anders könnte dieses Lebensgefühl so unmittelbar, eindringlich und ungekünstelt vermittelt werden wie hier im Stift Altenburg und der monumentalen 50 Meter langen Bibliothek. Dimensionen, vergleichbar mit denen der Wiener Staatsoper, treffen hier auf die Einsamkeit barocken Landlebens und auf die Stille der Natur.

Zehn Aufführungen bis Ende Juli

Das Melodram „Medea“ von Georg Anton Banda und die Opera buffa „Lo Speziale“ wird nach der Premiere am 25. Juni noch am 3., 4., 11., 12., 17., 18., 24., 25. und 26. Juli im Stift Altenburg gezeigt.

Mitwirkende in „Medea“: Kira von Zierotin und Samuel Machto
Regie, Recherche und Ausstattung: Bernd R. Bienert

Mitwirkende in „Lo Speziale“: Sarah Marie Kramer, Barbara Angermaier, Julian Henao Gonzalez und Peter Widholz
Regie, Recherche und Ausstattung: Bernd R. Bienert

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