Südmährer: Zarter Beginn der Aussöhnung

1945 wurden beim Brünner Todesmarsch 27.000 Sudentendeutsche aus Südmähren gewaltsam vertrieben. Diesem Ereignis wurde am Sonntag beim Treffen der Südmährer in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) gedacht: Es gibt leise Töne der Versöhnung.

31. Mai 1945: Nur wenige Stunden hatten die Sudetendeutschen in Brno (Brünn) Zeit, ihre Habseligkeiten zu packen, nur das, was sie tragen konnten, durfte mitgenommen werden. Es begann der schreckliche Todesmarsch.

Treffen auf dem Kreuzberg

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Vertreibung aus Südmähren

5.000 Todesopfer bei der Vertreibung

Mehr als 5.000 Menschen starben, die Mehrzahl der 27.000 Vertriebenen waren Frauen und Kinder. Eine davon war die damals achtjährige Waltraud Böhm: „Es war entsetzlich und grausam. Wir mussten am Straßengraben übernachten, in Scheunen, in Ställen, und wenn einmal Pause gemacht wurde, da habe ich gesehen, wie Mütter ihre sterbenden Babys in der Hand gehalten haben. Manche konnten das nicht begreifen und haben ihr totes Kind gewiegt, dann mussten sie es irgendwo weglegen. Es war entsetzlich.“

Treffen auf dem Kreuzberg

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Waltraud Böhm, Zeitzeugin: „Es war entsetzlich und grausam“

Alljährliches Gedenken

Dieser gewaltsamen Vertreibung wird seit 53 Jahren am Kreuzberg gedacht. Von hier aus sieht man die frühere Heimat. Nach Mikulov (Nikolsburg) sind es nur drei Kilometer Luftlinie. Viele Jahrzehnte gab es kein Bedauern, keine Entschuldigung von tschechischer Seite, außer von Präsident Vaclav Havel, der dafür in Tschechien scharf kritisiert wurde.

Nun gibt es neuerlich einen Anlauf: Erst vergangenen Samstag war eine Delegation der Südmährer den umgekehrter Weg des Todesmarsches nach Brünn gegangen, mehr dazu in Gedenken an Brünner Todesmarsch. Dort traf sie mit dem Brünner Bürgermeister Petr Vokral zusammen. Er setzte ein deutliches Zeichen zur Versöhnung: „Wir wollen eigentlich sagen, es tut uns leid und wir bitten um Verzeihung. Denn ich glaube, ohne ausgeglichene Beziehungen zwischen allen Betroffenen können wir keine erfolgreiche Zukunft schaffen.“

Eine Entschuldigung als Anfang

Für die Südmährer ist diese Entschuldigung nur ein Anfang. Hans Günther Grech vom Kulturverband der Südmährer: „Sie ist für mich ein Beginn, momentan nicht mehr, aber ein erfreulicher Beginn. Manche von uns fordern gar nichts zurück. Aber viele, und da gehören auch meine Eltern dazu und ich verstehe sie auch, wollen zumindest ein Angebot für das, was wir verloren haben.“

Treffen auf dem Kreuzberg

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Hans Günther Grech, Kulturverband der Südmährer

Es wird vermutlich noch mindestens eine Generation dauern, ehe dieses dunkle Kapitel der gemeinsamen Geschichte bewältigt werden kann. Auch wenn es zu einer Versöhnung kommen sollte, den Opfern der Vertreibung werden sie immer gedenken, sagen die Südmährer.

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