Schwechat zeigt Theater über Theater

In Schwechat können die Besucher der Nestroy-Festspiele heuer einen Blick hinter die Kulissen des sommerlichen Theaterbetriebs einer vazierenden Theatertruppe machen: Auf dem Spielplan stehen Nestroys „Theaterg’schichten“.

Die Theatertruppe trifft auf teilweise theater-begeisterte und teilweise auf zum Theater höchst kritisch eingestellten Einwohner einer Kleinstadt. Eine Vorstellung der Produktion „Sappho“ muss wegen eines Unwetters abgebrochen werden und der Theaterdirektor flüchtet vor der finanziellen Misere ins Irrenhaus. „Ein turbulentes Spektakel und eine köstliche Selbstpersiflage, vor allem, wenn Verrückte, die beim Theater sind oder unbedingt zum Theater wollen, auf Verrückte treffen, die glauben, sie seien normal, nur weil sie dort nicht sind“, meint Peter Gruber, Regisseur und Intendant der Nestroy-Spiele Schwechat.

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Ausschnitt aus „Theaterg’schichten“

Das Stück läuft in Schwechat noch bis 1. August

Die 1854 uraufgeführte Posse mit Gesang in zwei Akten „Theaterg’schichten durch Liebe, Intrige, Geld und Dummheit“ wird als musikalisches Spektakel von Peter Gruber in der Rothmühle in Szene gesetzt. Die Premiere ist am 27. Juni, die letzte Vorstellung ist am 1. August.

Schwechat bietet „ins Heute weisendes Volkstheater“

Peter Gruber erhielt 2014 einen Nestroy-Spezialpreis für vier Jahrzehnte Nestroy-Spiele Schwechat. Wolfgang Huber-Lang begründete im Namen der diesen Spezialpreis mit folgenden Worten: „Seit 1973 wird in der Rothmühle Nestroy lebendig gehalten. Die Nestroy-Spiele Schwechat beweisen Jahr für Jahr die ungebrochene Aktualität des großen Dramatikers. Verantwortlich dafür ist vor allem ein Mann: Regisseur Peter Gruber, der viele halb vergessene Stücke von Johann Nepomuk Nestroy auf die Bühne brachte und dies von einer profunden wissenschaftlichen Auseinandersetzung begleiten ließ.“

Peter Grubers Inszenierungen seien politisches, ins Heute weisendes Volkstheater, gespielt von einem engagierten Ensemble aus Amateuren und Profis für Zuschauer, die auch im Sommertheater nicht nur lachen, sondern auch mitdenken wollen.

Peter Gruber: „Nestroy ein festes Zuhause geben“

Seit 43 Jahren ist der Name Peter Gruber untrennbar mit Nestroy verbunden - und umgekehrt. „Die Grundidee der Nestroy-Spiele Schwechat war, einem der bedeutendsten europäischen Theaterautoren quasi in der ‚Vorstadt‘ von Wien ein festes Zuhause zu geben, wo auch seine unbekannten Werke gespielt werden können“, erläutert Intendant Gruber.

noe.ORF.at: Warum haben Sie sich für dieses Stück entschieden?

Intendant und Regisseur Peter Gruber: Nach der ehrenvollen Auszeichnung mit dem großen „Nestroy-Spezial-Preis“ lag es für uns auf der Hand, uns mit der schönen Seifenblase solcher Ehrungen bzw. auch mit der oft banalen, beinharten Realität des Theaterlebens ironisch auseinanderzusetzen. Nestroys großartiges Spätwerk „Theaterg’schichten“ bietet ausreichend Gelegenheit dazu. Mit dieser höchst amüsanten, aber selten gespielten Selbstpersiflage können wir eine Menge über uns und unseren schönen, eigenartigen Beruf erzählen.

noe.ORF.at: Warum soll man gerade heuer zu Ihnen nach Schwechat fahren?

Peter Gruber: Man sollte immer zu uns fahren. Denn - abseits des grassierenden Promi- und VIP-Rummels - erlebt man hier lustvolles, leidenschaftliches Theater, dargeboten von einem unbezahlt agierenden Ensemble, einem bewährten Mix aus versierten Althasen und hochbegabten Newcomern, die nicht sich selbst, sondern Nestroys kluge und witzige Texte in den Vordergrund stellen.

noe.ORF.at: Wie sehen Sie Ihren Spielort in drei Jahren? Wie wollen Sie ihn entwickeln?

Peter Gruber: Die Grundidee der Nestroy-Spiele Schwechat war, einem der bedeutendsten europäischen Theaterautoren quasi in der „Vorstadt“ von Wien ein festes Zuhause zu geben, wo auch seine unbekannten Werke gespielt werden können. Wir begreifen uns allerdings nicht als Museum, sondern als lebendiger Gegenpol zu den nur allzu oft verharmlosenden oder gekünstelten Nestroy-Aufführungen an anderen Bühnen. Wir machen hier seit 43 Jahren erfolgreich Theater „von unten“ - direkt, frech, kritisch, aufmüpfig. Und das soll so bleiben.

noe.ORF.at: Worin sehen Sie die gesellschaftliche Aufgabe des Theaters, im speziellen die Aufgabe des Sommertheaters?

Peter Gruber: Theater sollte den Menschen, aber auch aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen und fragwürdigen Entwicklungen einen Spiegel vorhalten. Mit Nestroys Stücken geht das hervorragend. Durch seine zeitlos gültigen, brillanten Formulierungen und seinen Instinkt für Situationskomik haben seine messerscharfen Analysen menschlicher und gesellschaftlicher Unzulänglichkeiten immer auch einen hohen Unterhaltungswert - eine ideale Voraussetzung für ein Publikum, das sich in der Urlaubszeit zwar entspannen, aber dabei nicht verblöden will. Man kann sich schließlich auch niveauvoll vergnügen.

noe.ORF.at: Was ist die Botschaft des Stücks?

Peter Gruber: Dass das angeblich so verrückte Leben am Theater sich letztlich vom ganz normalen Wahnsinn in unserem Alltag, wo ja auch ständig Theater gespielt wird, kaum unterscheidet. Wir sind eben alle Menschen - liebenswert, bedauernswert, gemein und entsetzlich zugleich - und das ist die Schwierigkeit.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 2.7.2015

noe.ORF.at: Welche Inszenierungsmöglichkeiten bietet der Spielort und wie nützen Sie diese?

Peter Gruber: Je nach Charakter und Grundaussage des Stücks suchen wir immer nach einer spannenden, adäquaten Spielform, die unsere Zuschauer die vielen Facetten Nestroys, aber auch das gesamte Ambiente des stimmungsvollen Schlosshofes Rothmühle immer wieder neu und anders erleben lässt.

Nestroys „Theaterg’schichten“ in der Rothmühle

Die Premiere von „Theaterg’schichten“ war am 27. Juni, weitere Vorstellungen: 30. Juni, am 1., 3., 4., 7., 8., 10., 11., 14., 15., 17., 18., 21., 22., 24., 25., 28., 29. und 31. Juni sowohl am 1. August, die Vorstellungen beginnen jeweils um 20.30 Uhr.

Mitwirkende: Valentin Frantsits, Eric Lingens, Anna Mitterberger, Bruno Reichert, Bella Rössler, Franz Steiner u.a.
Regie und Intendanz: Peter Gruber

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