Pröll fordert EU-weite Asylquote

Die Asyldebatte ist ein Hauptthema am ersten Tag des Europa-Forums Wachau im Stift Göttweig (Bezirk Krems) gewesen. LH Pröll (ÖVP) fordert fixe Flüchtlingsquoten für alle EU-Staaten. Minister aus Ungarn und Tschechien reagieren ablehnend.

Die EU kann das Flüchtlingsproblem nur gemeinsam bewältigen, betonte Landeshauptmann Erwin Pröll am Samstag beim Europa-Forum im Stift Göttweig. Spitzenpolitiker aus dem In- und Ausland diskutieren bei der zweitägigen Veranstaltung zum Thema „Stößt Europa an seine Grenzen?“

Pröll: „Einige wenige tragen 90 Prozent der Last“

Tausende Flüchtlinge strömen jeden Tag nach Europa, Österreich ist von der Asylproblematik besonders betroffen, so Pröll. „Es kann auf Dauer nicht sein, dass nur einige wenige auf europäischer Ebene 90 Prozent der gesamten Flüchtlingslast zu tragen haben. Das widerspricht letzendlich dem Grundgedanken der Solidarität, die einen wesentlichen Pfeiler auf der Ebene des gemeinsamen Europas darstellt“, sagt Pröll und fordert: „Wir brauchen dringend eine gerechte Quotenaufteilung für die Flüchtlinge, die auf unseren Kontinent kommen.“

Sendungshinweis

„Nahaufnahme“ mit Prof. Paul Lendvai am Sonntag, 14. Juni 2015, um 9.04 Uhr auf Radio Niederösterreich

Wenn die Flüchtlingsfrage nicht gemeinsam gelöst werde, führe das zu einem Erstarken der Nationalisten und Populisten, warnt Pröll. Auch der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, fordert eine faire Lastenverteilung: „Wir müssen als Mannschaft denken. Deswegen hoffe ich, dass wir die Debatten zur Migration nicht mit einem Nein beginnen, sondern mit konstruktiven Vorschlägen, wie wir die Aufgaben gemeinsam anpacken“, so Weber.

Ungarn und Tschechien lehnen Quoten ab

Ungarns Außenminister Peter Szijjarto lehnt verpflichtende Quoten jedoch ab. „Wir glauben, dass es eine schlechte Idee ist, obligatorische Quoten für Migranten einzuführen. Die Lösung des Problems liegt nicht in der EU sondern außerhalb.“ Die EU müsse für Frieden und Stabilität im Nahen Osten und in Nordafrika sorgen, so Szijjártó. Der tschechische Vizepremier Andrej Babis meint, dass eine wirkliche Lösung nicht „aus der bürokratischen Umverteilung von Flüchtlingen bestehen“ kann, „sondern sollte eine Vision und Strategie mit effektiven und realistischen Maßnahmen beinhalten.“

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) fordert zur Lösung des Flüchtlingsproblems einen verstärkten Kampf gegen den Terror des Islamischen Staates. „Es sind mittlerweile über zehn Millionen Menschen auf der Flucht. Wenn wir nicht noch entschlossener militärisch gegen diese Terroristen vorgehen, werden sie sich schrittweise immer weiter ausbreiten und noch größeres Leid anrichten“, so Kurz.

Europa-Forum Wachau Tag 1

Erich Marschik

Manfred Weber (Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament), Landeshauptmann Erwin Pröll, Landesrätin Barbara Schwarz, Ungarns Außenminister Péter Szijjártó, Georgiens Verteidigungsministerin Tinatin Khidashli, Tschechiens stellvertretender Premierminister Andrej Babis, Prälat Columban Luser, Außenminister Sebastian Kurz.

Erstmals Europa-Staatspreis verliehen

Landesrätin Barbara Schwarz (ÖVP), die Präsidentin des Europa-Forums Wachau, betonte in ihrer Begrüßungsrede die besondere Entwicklung und die Wichtigkeit des Europa-Forums: „20 Jahre Europa-Forum Wachau ist gleichzusetzen mit 20 Jahren Europapolitik in und aus Niederösterreich und damit 20 Jahre Dialog und Austausch über die Grenzen unseres Landes hinaus. Wir haben während der letzten zwei Jahrzehnte Menschen aus ganz Europa zusammengeführt und unseren Beitrag dazu geleistet, dass es ein besseres Verständnis untereinander, vor allem zwischen Ost und West gibt.“

Die neu geschaffenen Europa-Preise werden am Jubiläums-Wochenende in den Kategorien Zivilgesellschaft, Berichterstattung und Jugend zuerkannt. In der Jury sitzen u.a. die frühere Außenministerin Benita Ferrero-Waldner und der frühere Agrarkommissar Franz Fischler.

Positive Bilanz im Vorfeld

Bereits im Vorfeld des Europa-Forums zogen Außenminister Sebastian Kurz und Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll (beide ÖVP) am Dienstag im Außenamt eine positive Bilanz. „Österreich hat von der EU profitiert“, resümierte Kurz. 70 Prozent der Exporte gehen in EU-Staaten, Österreich habe alle Freiheiten, bis hin zu den Erasmus-Studienprogrammen.

„Das Europa-Forum wurde - ein Jahr nach Österreichs EU-Beitritt - installiert, um den Europäisierungsprozess zu begleiten“, betonte Pröll. Niederösterreich sei dafür prädestiniert. Das Bundesland zu einem „Tor zu den neuen Staaten“ zu machen, die Rolle der Regionen zu stärken, einen dauerhaften Dialog zu installieren - das seien Ziele des EFW - mehr dazu in Europa-Forum Wachau: 20 Jahre Plattform.

TV-Hinweis

„Europastudio“ am Sonntag, 14. Juni 2015, um 11.05 Uhr in ORF 2, geleitet von Prof. Paul Lendvai

Gäste aus Mittel- und Osteuropa

Am Sonntag werden Beiträge des EU-Regionalkommissars Johannes Hahn sowie von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner erwartet. Ferner werden Gäste aus Mittel- und Osteuropa das Wort ergreifen: die Verteidigungsministerin Georgiens Tinatin Khidasheli und der albanische Außenminister Ditmir Bushati.

Landesrätin Schwarz unterstrich auch die Mitwirkung von Jugendlichen in den Arbeitskreisen des Forums im Stift. Zu erwarten sei, dass auch die Jugendarbeitslosigkeit thematisiert wird. Der Publizist Prof. Paul Lendvai, der auch heuer wieder das EFW moderiert, betonte, wie wichtig die Europäisierung der Jugend angesichts der Gefahr des Nationalismus in Europa sei.

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