Pröll warnt vor Nationalismus in Europa

Die Lösung der Flüchtlingsfrage ist ein Hauptthema beim Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig gewesen. LH Pröll (ÖVP) warnte vor erstarkendem Nationalismus. Vizekanzler Mitterlehner (ÖVP) forderte mehr Solidarität innerhalb Österreichs.

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll bezeichnete die Flüchtlingskrise als Nagelprobe für die Europäische Union. Er bekräftigte die Forderung nach verpflichtenden Asylquoten, alle EU-Staaten müssten Solidarität zeigen. „Wenn es uns nicht gelingt, diese Frage gemeinsam im europäischen Kontext zu lösen, bedeutet das mittel- und längerfristig, dass Nationalismus und vor allem Populismus auf diesem Kontinent Auftrieb bekommen. Nationalismus und Populismus sind der gefährlichste Sprengstoff für ein gemeinsames Europa“, so Pröll am zweiten Tag des Europa-Forums Wachau im Stift Göttweig.

Pröll: „Friede ist keine Selbstverständlichkeit“

Die europäischen Werte stünden „immer mehr auf dem Prüfstand“, konstatierte der Landeshauptmann. Österreich und Niederösterreich seien von der Flüchtlingsproblematik massiv betroffen. Es könne aber nicht gut gehen, wenn einige wenige Länder die komplette Last tragen müssten.

„Europa hat nach wie vor einen wichtigen Friedensauftrag. Auch nach 70 Jahren ist dieser Frieden keine Selbstverständlichkeit“, verwies Pröll auf die Unruhen in Nordafrika und den Ukraine-Konflikt. Es braucht ein „starkes und solidarisches Miteinander der Staaten“. „Nur wenn Europa als Gesamtes an Sicherheit gewinnen kann, bedeutet das auch Sicherheit für die einzelnen Staaten“, so Pröll.

Europaforum Wachau Tag 2

Erich Marschik

Tag zwei beim Europa-Forum Wachau: Prälat Columban Luser, Milhai Razvan Ungureanu (ehem. Ministerpräsident und Außenminister Rumäniens), Moderator Paul Lendvai, Landesrätin Barbara Schwarz, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Aleksandar Vučić (Premierminister Serbiens), EU-Kommissar Johannes Hahn, Tinatin Khidasheli (Verteidigungsministerin Georgiens) und Landeshauptmann Erwin Pröll

Hahn: „Geht’s den Nachbarn gut, geht’s uns gut“

EU-Kommissar Johannes Hahn tritt für eine aktivere europäische Außenpolitik in den Nachbarregionen - vom Nahen Osten bis Nordafrika - ein. „Die Interessen Europas wahrnehmen, heißt, für Frieden, Stabilität und Wohlstand in der Nachbarschaft zu sorgen. Geht’s unseren Nachbarn gut, geht’s uns auch gut.“ Auch für die Stabilität am Balkan müsse die EU mehr tun, sagt der serbische Premierminister Alexander Vucic. Er sieht die Zukunft seines Landes in der EU.

Um die steigenden Flüchtlingszahlen zu bewältigen, muss es laut Vizekanzler Reinhold Mitterlehner auch mehr innerösterreichische Solidarität geben. Flüchtlinge müssten auf kleinere Einheiten aufgeteilt werden. „Es kann nicht sein, dass das nur eine Aufgabe ist, die im Innenministerium dekretiert ist und jeder so tut, als könnten wir in einem zehnten Bundesland, das wir nicht haben, die Probleme lösen. Meine Einstellung ist: Wir werden das nicht in großen Lagern machen können.“ Als vernünftige Größenordnung nennt Mitterlehner zehn Flüchtlinge pro 1.000 Einwohner.

Rückendeckung für Mikl-Leitner

In der Diskussion um Asylverfahren gab Landeshauptmann Pröll Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Rande der Veranstaltung im Stift Göttweig Rückendeckung. „Man muss schon sehen, dass es wahrscheinlich auch den Betroffenen gegenüber das Humanste ist, ihnen von vornherein klaren Wein einzuschenken“, so Pröll. Die Innenministerin will sogenannte Dublin-Fälle vorrangig behandeln. Alle anderen Anträge stehen somit still.

Pröll bekräftigte zudem seine Forderung nach verpflichtenden Flüchtlingsquoten. Die noch säumigen EU-Staaten müssten Solidarität zeigen. „Ich kann die politischen Organisationen und NGOs, die die Humanität auf ihre Fahnen geheftet haben, nur dringend bitten, nicht gerade in dem Land, in dem wir sehr intensiv helfen, die Wortgewalt und ihre Kraft zum Ausdruck zu bringen, sondern vor allem in den Ländern, die sich um die Arbeit und Humanität drücken.“ Pröll kritisiert damit die EU-Staaten, die bei der Aufnahme von Flüchtlingen säumig sind - mehr dazu in Pröll fordert EU-weite Asylquote.

Europaforum Wachau Tag 2

Erich Marschik

vorne v.li.: Landesrätin Barbara Schwarz, EU-Kommissar Johannes Hahn, Landeshauptmann Erwin Pröll

Erstmals Europa-Staatspreise vergeben

Das Europa-Forum Wachau feierte dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Hochkarätige Redner hatten auch am Samstag zum Thema „Stößt Europa an seine Grenzen?“ gesprochen. Neben Spitzenpolitikern aus dem In- und Ausland nahmen auch Schülerinnen und Schüler des Piaristengymnasiums Krems an der Veranstaltung teil - mehr dazu in Europa-Forum Wachau: 20 Jahre Plattform.

Heuer wurden auf dem Forum erstmals in drei Kategorien Europa-Staatspreise für außergewöhnliches Engagement zur Förderung des Europa-Bewusstseins vergeben. Die Preise gingen in der Kategorie „Zivilgesellschaft“ an das Projekt „Rückenwind“ der Arbeiterkammer Tirol, in der Kategorie "Europaberichterstattung "an die Tageszeitung „Die Presse“ für ihr EU-Ressort, und in der Kategorie „Jugend“ an die Initiative „eu2014.at“.

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