Bühnenstars in Reichenau

Die Festspiele Reichenau bleiben heuer ihrem Ruf des großen „Schauspielertheaters“ treu. Die 28. Festspielsaison läuft bis Anfang August. Schönherrs „Weibsteufel“ und Schnitzlers „Professor Bernhardi“ stehen u.a. auf dem Spielplan.

Große Stücke österreichischer Dramatiker, die besten Schauspielerinnen und Schauspieler der großen Wiener Theaterbühnen und der bewusste Verzicht des modernen „Regietheaters“. Für all das stehen die Festspiele Reichenau seit vielen Jahren und dieser Tradition werden die Intendanten Renate und Peter Loidolt auch in der 28. Festspielsaison treu. Vier Stücke stehen heuer auf dem Spielplan. Es gab größtenteils umjubelte Premieren.

Dreiecksdrama „Der Weibsteufel“ auf tirolerisch

Der Premierenreigen begann am 3. Juli. Bernhard Schir inszenierte Karl Schönherrs „Der Weibsteufel“. In der Titelrolle brilliert die bekannte Schauspielerin Katharina Straßer, die bereits im Jahr 2012 in Arthur Schnitzlers „Reigen“ in Reichenau für Begeisterung bei Publikum und Kritikern sorgte. Im Laufe des Stücks entwickelt sich Straßer vom brav-naiven Landmädchen zu einer herrschafts- und tobsüchtigen bestimmten Frau. Sie ist der Star dieser Inszenierung.

An ihrer Seite agieren mit ebenfalls intensivem Schauspiel der Regisseur selbst sowie Reichenau-Ensemblemitglied Marcello de Nardo. Die Premiere war ein voller Erfolg, es gab lang anhaltenden und tosenden Applaus.

Gampe inszeniert einen klassischen Raimund

Michael Gampe führt bei Ferdinand Raimunds Zaubermärchen „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ Regie. Im Raimund-Klassiker stehen unter anderem Sascha O. Weis, August Schmölzer, Emese Fay und Nicolaus Hagg auf der Bühne. Schmölzer mimt einen besonders unsympathischen und nörglerischen „Herrn von Rappelkopf“.

Ebenso spielt Alina Fritsch, die Tochter der Burgschauspielerin Regina Fritsch, erneut in Reichenau. Sie schlüpft im „Alpenkönig“ in die Rolle des Malchens. Die 24-jährige Schauspielerin, die derzeit zu den großen Jungschauspielerinnen Österreichs zählt, feierte bei den Festspielen Reichenau im Jahr 2013 in „Der einsame Weg“ von Arthur Schnitzler ihr Schauspieldebüt. Im Vorjahr begeisterte sie bei den Festspielen in der Regie ihrer Mutter in der Titelrolle in „Effi Briest“.

Starensemble spielt „Professor Bernhardi“

Arthur Schnitzlers „Professor Bernhardi“ sorgte vor mehr als 100 Jahren für öffentliche Aufregung und einen Theaterskandal. Bis 1918 galt ein Aufführungsverbot. Das Schnitzler-Werk ist nur äußerlich ein Ärztestück, indes ist es wohl das politischste Stück Schnitzlers. Der Dramatiker beschreibt darin eine intrigante Männerwelt, es geht um Doppelmoral, politische Einflussnahme, Antisemitismus und nicht zuletzt um Klerikalismus.

Regisseur Hermann Beil setzt auf Texttreue und spannende und tiefgehende Dialoge. Die Inszenierung (Premiere war am 5. Juli) wurde von diversen Theaterkritikern in höchsten Tönen gelobt. Die Titelrolle des „Professor Bernhardi“ spielt Reichenau-Publikumsliebling Joseph Lorenz. Er verkörpert einen Bernhardi zwischen Standfestigkeit und Zerrissenheit, der seiner Moral jedoch trotz starker Zweifel immer treu bleibt. Für den Schauspieler, der in Reichenau schon viele große Rollen verkörpert hat, ist das Schnitzler-Stück eine typisch österreichische Komödie. „Es gehört sicherlich zu den wenigen Stücken, die man mit einem Übertitel versehen könnte. ‚Die Komödie Österreichs‘, das trifft auch zu auf ‚Geschichten aus dem Wienerwald‘, ‚Herr Karl‘ und ‚Heldenplatz‘. All diese Werke gehören in das große Thema, Komödie in Österreich“, sagt Lorenz.

An seiner Seite spielt ein wahres Starensemble, das der Inszenierung das Prädikat „großes Theater“ verleiht. Es spielen unter anderem André Pohl, Rainer Frieb, Peter Matic, der 2003 in Reichenau den Bernhardi verkörpert hat, Eduard Wildner, David Oberkogler, Marcello de Nardo, Florentin Groll und Thomas Kamper.

Weltuntergangsstimmung bei Ibsens „Borkman“

Henrik Ibsens Drama „Bankier Borkman“ wird von Regisseur Alfred Kirchner besonders emotional und dramatisch in Szene gesetzt. Die Charaktere bewegen sich am Rand der Verzweiflung, ihre jeweiligen Gefühls- und Lebenskämpfe scheinen von Anfang zum Scheitern verurteilt zu sein. Die Titelrolle spielt Martin Schwab. Außerdem stehen Schauspielgrößen wie etwa Regina Fritsch, Julia Stemberger und Chris Pichler ebenfalls in „Bankier Borkman“ auf der Bühne.

Intendanten Reichenau

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Die Intendanten der Festspiele Reichenau, Renate und Peter Loidolt

Mehr als 120 Vorstellungen in einem Monat

Von 3. Juli bis 4. August gehen in Reichenau 121 Theatervorstellungen über die Bühne. Zudem gibt es eine szenische Lesung von Alma Mahler-Werfels Autobiografie „Mein Leben“, präsentiert von Senta Berger nach einem Konzept von Renate Loidolt. Jeweils zwei Mal konzertieren Pianist Rudolf Buchbinder sowie Katia und Marielle Labeque.

Laut Intendantin Renate Loidolt sind mehr als 40.000 Karten verkauft. „Die Anforderung, dass die Produktionen wirklich gut werden, waren sehr, sehr hoch. Ich sage das den Schauspielern auch immer, dass sie sich bei den letzten Proben ordentlich zusammenreißen sollen. Die Leute kommen mit so viel Vorfreude her und wollen wirklich bestätigt haben, was sie sich erwarten.“

Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

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