Müssen Patienten bald beim Arzt bezahlen?

In der Diskussion um geplante Ärzte-Gruppenpraxen mit erweitertem Angebot droht die Ärztekammer damit, die Verträge mit der Krankenkasse zu kündigen. Patienten müssten dann für die Behandlung beim Arzt bar bezahlen.

Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart hatte am Montagabend im Falle eines Gesetzesbeschlusses die Kündigung der Gesamtverträge mit den Gebietskrankenkassen in den Raum gestellt. Die Folge wäre ein vertragsloser Zustand in ganz Österreich. Patienten müssten dann überall für die Behandlung beim niedergelassenen Allgemeinmediziner oder Facharzt bar bezahlen und könnten sich nur einen Teil davon bei der Kasse zurückholen.

Laut dem Präsidenten der Ärztekammer für Niederösterreich, Christoph Reisner, seien die Aussagen von Bundeskurienobmann Steinhart vom Montagabend in dieser Form nicht mit den Landesärztekammern abgestimmt. Es gäbe in der Kurie keine Beschlussfassung dazu, so Reisner.

Krankenkasse: „Unverständliche Haltung“

Der Obmann der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, Gerhard Hutter, betonte in einer Aussendung, dass die Stärkung der Primärversorgung durch niedergelassene Ärzte ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen sei. Die Unterstützung dieses Anliegens durch ein Gesetz sei notwendig und richtig, so Hutter. Er bezeichnete die reflexartige Haltung der Bundeskurie der Ärztekammer als „unverständlich“. Die Drohung, alle Gesamtverträge zu kündigen, habe eine neue, skandalöse Dimension erreicht, so Hutter.

In den Diskussionen zwischen Ärztekammer und den Sozialversicherungsträgern geht es um die geplanten Primärversorgungseinrichtungen - das sind Gruppenpraxen mit erweiterten Angeboten. Diese sind als Entlastung für die Spitalsambulanzen gedacht.

Verhandlungen über Gesetz starten erst

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger zeigte sich am Dienstag über die „Drohgebärden der Ärztekammer“ rund um die geplanten Primärversorgungszentren verwundert. Die Verhandlungen über das „Primary Health Care“-Gesetz hätten noch nicht einmal begonnen, betonte ein Sprecher gegenüber der APA. Für die Patienten bestehe vorerst kein Anlass zur Sorge.

Sollten die Ärzte - wie Montagabend angedroht - die Lage tatsächlich eskalieren lassen und die Landesärztekammern alle Gesamtverträge mit den Gebietskrankenkassen kündigen, käme es frühestens in einem Jahr zu einem vertragslosen Zustand, hieß es im Hauptverband. Möglich sei dies nämlich erst zu Jahresende. Dann beginne ein mehrmonatiger Fristenlauf inklusive Einschaltung der Bundesschiedskommission. Dass die Patienten ihren Arzt bar bezahlen müssen, könnte daher frühestens im September 2016 eintreten.

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