Tulln: Ein Koffer voll Licht für Äthiopien

Ein Lehrer aus Tulln hat gemeinsam mit seinen Schülerinnen und Schülern einen „Solarkoffer“ entwickelt, der Strom erzeugt. In Äthiopien ist der Koffer von Studenten der Universität Meki nachgebaut worden.

Nur so groß wie ein Koffer ist die kleine Solaranlage, mit der Strom erzeugt und Akkus aufgeladen werden können. Gemeinsam mit Schülern der Landwirtschaftlichen Fachschule Tulln hat Fachlehrer Walter Wiesmüller den Solarkoffer gebaut und das Wissen darüber während der Sommerferien nach Äthiopien „exportiert“.

Nur jeder siebente Äthiopier mit Stromanschluss

Die kleine Solaranlage verfügt auch über eine effiziente Leselampe. Und die leistet in Äthiopien, wo nur etwa 15 Prozent der Bevölkerung einen Anschluss ans Stromnetz haben, wertvolle Dienste. Denn Kinder und Jugendliche müssen tagsüber oft arbeiten. Um am Abend für die Schule lernen zu können, brauchen sie aber Licht.

Aus dem Reisebericht von Walter Wiesmüller: „Wir beschlossen somit, nicht eine große Stromversorgung für die ganze Schule zu errichten, sondern viele kleine für viele Schüler. Der Vorteil liegt in der daraus resultierenden Flexibilität. Dazu gesellt sich noch ein weiterer: Im Falle eines Ausfalles einer Komponente war nicht die ganze Schule stromlos, sondern höchstens ein Schüler.“

Ein Solarkoffer wird „exportiert“

In seinem Reisebericht schreibt der Lehrer über die Schwierigkeiten, die er zu umschiffen hatte, ehe die ersten Solarkoffer tatsächlich gebaut werden konnten: „Die Bohrmaschine war da, auch ein paar Bohrer befanden sich in dem Plastikkoffer. Als ich das Gerät anstecken wollte, ging Terreje zur Tür und betätigte den Lichtschalter. Noch bevor ich den Stecker in die Steckdose brachte, winkte er ab. Es war kein Strom in der Leitung und somit die Bohrmaschine auch nicht zu gebrauchen. Da genau dieser Umstand eigentlich die Grundlage unseres Projektes darstellte, war ich nicht sonderlich überrascht. [...] Für den Zusammenbau des Koffers war eine kleine Rundfeile für jeden Schüler vorgesehen. Mit der Feile, in Verbindung mit einem Knopfbohrer, konnten wir ‚Bohrungen‘ verschiedenster Lochdurchmesser an der Kofferhülle anbringen.“

Photovoltaik aus Tulln für Äthiopien

Walter Wiesmüller

Walter Wiesmüller: „Ich konnte nur hinschauen und lächeln“

Walter Wiesmüller beschreibt aber auch, wie ihn die Freude seiner äthiopischen Schüler zu Tränen gerührt hat: „Vier von ihnen standen um einen Koffer, an dem sie die LED-Glühbirne befestigt und offensichtlich kurz vorher eingeschaltet hatten. Die Mädchen begannen zu tanzen und die Burschen klatschten in die Hände. Ich brachte noch immer nicht das Singen mit der leuchtenden Lampe in Verbindung. Ich dachte dann an ein Geburtstagskind, das hier gefeiert wird und fragte die Schülerin neben mir, wer denn der zu Beglückwünschende sei. ‚Nobody‘, sagte sie, ‚they are dancing because of the lighting.‘ Und erst jetzt hörte ich in ihrem Singen das erste Mal den improvisierten Refrain ‚Solar, solar‘. Sie sangen auf Amharisch ‚Solar, solar, bringt die Lampe zu leuchten.‘ Und nun war mir klar, das war es, das war mein Lohn. Ich konnte nur hinschauen und zuhören und lächeln. Ich hatte feuchte Augen.“

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