Herbstzeit ist Sturmzeit

Der Sturm - der teilweise vergorene Traubenmost - gehört zum Herbst wie Kastanien und Morgenfrost. Der Sturm erfreut sich in Österreich großer Beliebtheit, für die Weinhauer ist er aber nicht unbedingt das große Geschäft.

Sturm entsteht eigentlich bei der Weinproduktion. Sobald der Traubenmost zu gären begonnen hat und noch nicht filtriert wurde, kann er als Sturm bezeichnet werden. Trotzdem wird der Sturm mittlerweile eigens hergestellt.

Der Sturm...

Denn - bis aus dem Most ein Wein wird, kann das mitunter auch nur wenige Stunden dauern. Deshalb muss der Sturm extra gekühlt werden und auch mit besonderen Hefen versetzt sein, damit er doch etwas länger als nur wenige Stunden hält. Aus dem Sturm entsteht später der „Staubige“ - das ist bereits fertig vergorener Wein, der aber noch nicht filtriert worden ist.

...wie man ihn nennt

Über die Unterschiede im deutschsprachigen Bereich kann man viele Informationen in der online-Enzyklopädie Wikipedia finden. In Deutschland ist Sturm generell als „neuer Wein“ bekannt, es gibt aber auch regionale Bezeichnungen. Der Federweiße wird aus weißem Traubenmost, der Federrote aus ebensolchem roten hergestellt.

Glas Sturm

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In Deutschland nennt man den Sturm „neuen Wein“

Die Bezeichnung „Suser“ oder „Sauser“ ist für Südwestdeutschland, Franken, für die Deutschschweiz und für Südtirol typisch. In Hessen nennt man den Sturm „Rauscher“, in der Pfalz „Najer Woi“ (neuer Wein) oder Bitzler. In Franken werden die ersten, noch süßen Gärstufen als Bremser bezeichnet. Aber auch Namen wie Riser oder Krätzer kommen vor.

In Italien heißt er Vino Nuovo („neuer Wein“), im französischen Sprachraum vin bourru („mürrischer Wein“). In Tschechien spricht man von burčák („bouře“ bedeutet „Sturm“). In Luxemburg nennt man ihn Fiederwäissen.

...wie viel hergestellt wird

Generell hat die Sturmlese heuer wegen des sonnenreichen Sommers etwas früher begonnen - in Niederösterreich war dies gegen Ende August. Wobei der Sturm nur mehr einen sehr kleinen Anteil an der Produktion der Weinbauern in Niederösterreich hat. Einer der größten Produzenten ist Fritz Pittner aus Drasenhofen (Bezirk Mistelbach).

Zwei Gläser Sturm und Maroni

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Sturmzeit ist auch Maronizeit

Er hat im Vorjahr etwa 35.000 Liter Sturm verkauft, heuer rechnet er mit etwas weniger. Verglichen mit den etwa 700.000 Litern Wein, die Pittner erzeugt, zeigt dies die Bedeutung, die der Sturm bei Niederösterreichs Weinbauern hat. Das war nicht immer so, berichtet Pittner, aber seit der Sturm auch im Lebensmittelhandel verkauft wird, sei das Geschäft für die Winzer mit dem Sturm beträchtlich zurückgegangen. Sturm werde heute eigentlich nur mehr als Service angeboten, berichtet Pittner weiter. Die Gastronomie verlange danach, das große Geschäft sei damit aber nicht zu machen.

...wie man ihn trinkt

Generell wird mit Sturm keinesfalls angestoßen, das ist dem echten Wein vorbehalten. Wohl auch deshalb sagt man beim Trinken nicht „Prost“, sondern „Mahlzeit“, eventuell auch „Krixikraxi“. Außerdem wird mit dem „Ungetauften“ keinesfalls angestoßen. Und wer es ganz streng nimmt: Sturm trinkt man mit der linken Hand. Warum auch immer. Die Sturmzeit endet offiziell mit Jahreswechsel, meist aber schon mit Martini (11. November), da ab diesem Zeitpunkt die jungen Weine getauft werden.

...und warum er so heißt

Der Name kommt möglicherweise von seinem Aussehen - die Trübstoffe, die durch die Gärung entstehen, lassen das Getränk im Glas „stürmen“. Eine andere Möglichkeit: Das Getränk verhält sich unberechenbar wie ein Sturm, es wird deshalb ja auch nur in offenen Flaschen verkauft, weil luftdicht verschlossene Flaschen durch das entstehende Kohlendioxid gesprengt würden.

Möglicherweise kommt der Name aber auch von der Wirkung. Weil im Sturm noch reichlich Zucker vorhanden ist, wird der bereits enthaltene Alkohol überdeckt, Sturm trinkt sich wie Most, wirkt aber anders. Diese Wirkung wird dann oft erst mit Verzögerung bemerkt, dafür dann aber umso stürmischer. Und nicht zuletzt könnte der Name von der Wirkung kommen, die der Sturm auf die Peristaltik hat.

Ursula Köhler, noe.ORF.at

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