Roland Neuwirth: 65 und immer noch „extrem“

Der Musiker und Komponist Roland Neuwirth feiert am Samstag seinen 65. Geburtstag. Schon vor Jahren hat der Ur-Wiener und „Erneuerer des Wienerliedes“ das nördliche Waldviertel als seinen Rückzugsort gewählt.

In den 1970er Jahren entdeckte Roland Neuwirth das Wienerlied für sich - zu einer Zeit, als diese Art von Musik im besten Fall als verstaubt und antiquiert belächelt, im schlechtesten Fall als Nazi-Propagandamusik verachtet wurde.

Für die „Wiederentdeckung“ des Wienerliedes erhielt Neuwirth zahlreiche Preise und Ehrungen, unter anderem 1994 den Nestroy-Ring. Mit seinen „Extremschrammeln“ feierte er im Vorjahr sein 40-jähriges Bühnenjubiläum, das Ensemble spielte bis heute 15 CDs ein.

Roland Neuwirth mit seinem Sohn auf der Veranda des Hauses im Waldviertel

Andrea Neuwirth

Roland Neuwirth mit seinem Sohn auf der Veranda seines Hauses in Mostbach bei Raabs an der Thaya

Über den Blues zum Wienerlied

Neuwirth selbst fand den Weg zum Wienerlied, also zu seinen musikalischen Wurzeln, über den Blues und über eine Identitätskrise: „Damals haben wir Jungen ja geglaubt, wir sind alle Amerikaner. Auch ich hab’ diese Musik gespielt, und dann festgestellt - das ist ja gar nicht meine Sprache! Und weil Sprache und Musik für mich eine Einheit sind, war es für mich eigentlich eine logische Folge, mich mit meiner eigenen Musik, der Wiener Musik zu beschäftigen.“

Neuwirth hat das Wienerlied „neu erfunden“

Eine umfassende Definition für das Wienerlied zu finden, da tun sich selbst Musikwissenschaftler schwer. Ist es frei nach dem Literaturhistoriker Harry Zohn ein Lied „aus, über und für Wien“? Oder doch mehr? Neuwirth hat eine knappe, aber doch eindeutige Definition des Wienerliedes gefunden: „Das Wienerlied definiert sich durch die eigene Melodieführung, wo man schon nach dem zweiten Takt erkennt, das ist typisch wienerisch. Am Anfang haben wir ja klassische Lieder gesungen, davon ist aber nichts übrig geblieben, weil die einfach nichts mit mir zu tun hatten.“

Roland Neuwirth auf der Veranda seines Hauses im Waldviertel, vor ihm etliche Töpfe mit Tabakpflanzen

Andrea Neuwirth

Roland Neuwirth, umgeben von Tabakpflanzen auf der Veranda seines Waldviertler Hauses

Deshalb begann Neuwirth dann, seine eigenen Lieder zu schreiben, wo „die zeitgenössischen Strömungen einfließen und ans Wienerlied anknüpfen. Ganz wichtig ist dabei, dass die Lieder von der Melodik her anknüpfen. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist es halt einfach nur ein Dialektlied. Natürlich gibt es auch klassische Texte. Nur, ich bin halt ein Dialekt-Mensch und ich singe in einer Sprache, die mir gemäß ist. Eben im Dialekt“, erklärt der Musiker.

Den eigenen Bühnenabschied aufgeschoben

Zum 40-jährigen Bühnenjubiläum der Extremschrammeln wollte Roland Neuwirth eigentlich die Gitarre abstellen und sich zurückziehen: „Ich wollte Ende des heurigen Jahres mit der Gruppe aufhören, aber jetzt ist mir noch eine siebenmonatige Abschiedstournee aufs Auge gedrückt worden. Deshalb muss ich jetzt noch länger auf der Bühne sitzen.“

Ob ihn das stört? „Auf der Bühne bin ich ja ein junger Mensch. Aber das Drumherum, die Herumfahrerei, der Kampf um die Proben und die ganzen Ärgernisse, die rundherum noch so hinzukommen, da merke ich - ich bin halt doch schon 65. Auf der Bühne zu sitzen ist die einfachste Übung. Spielen tun wir gern, keine Frage!“

Roland Neuwirth und Ehefrau Andrea beim Essen

Andrea Neuwirth

Andrea und Roland Neuwirth

Ein Vierteljahrhundert schon sind Roland Neuwirth und seine Ehefrau Andrea Wahl-Niederösterreicher. In der Nähe von Raabs an der Thaya haben sie ein Haus als Rückzugsort. „Mostbach ist das Domizil meiner Frau - die immer schon ein Landmensch war. Und wo die Frau ist, da ist der Mann halt auch, würd’ ich mal sagen“, meint er lachend.

Das Paar genießt die Zeit im Waldviertel, „weil ich ein Naturmensch bin. Früher waren wir in Greifenstein in der Au, die gibt’s heute nimmer mehr, heute muss man um 100 Kilometer weiter fahren, um unberührte Landschaft zu finden - hoffentlich noch lange ohne Windräder.“

Roland Neuwirth hält einen frisch gefangenen Hecht in die Höhe

Andrea Neuwirth

Roland Neuwirth naturverbunden: Den Hecht hat er selbst gefangen

Zu seinem 65er steht er natürlich auf der Bühne

Denn beim Thema Windenergie wird der Musiker rasch emotional: „Mir geht es nicht nur um die Gegend rund um mein Haus, mir ist leid um jede zusammenhängende Waldlandschaft, die ver-industrialisiert wird. Ich bin für autarke Stromgewinnung - gottseidank sperren die kleinen Kraftwerke an der Thaya wieder auf. Es gibt noch so viele andere Möglichkeiten, wie man Strom gewinnen kann - für jedes große Windrad müssen zwei Fußballfelder gerodet werden - nein, danke, da kann man sich vorstellen, wie es da bald bei uns ausschaut. Ich möchte die Landschaft erhalten.“

Und wie feiert der Musiker Roland Neuwirth seinen 65. Geburtstag? „An meinem Geburtstag spiele ich in Wien. Das muss scheinbar sein, mein Manager sagt, ich muss funktionieren. Und dann feiere ich mit meinen Kindern, Alle drei Kinder, auch mein mittlerer Sohn kommt aus der Schweiz! Darauf freue ich mich!“

Ursula Köhler, noe.ORF.at

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