Zu Martini: Ganslessen und Laternenumzüge

Zu Martini am 11. November wird in Niederösterreich viel Brauchtum lebendig. Nicht alle Bräuche gehen aber tatsächlich auf den heiligen Martin zurück, manche haben ihre Wurzeln vielmehr im Alltag der Bauern.

Der heilige Martin wurde um 316/317 als Sohn eines heidnischen römischen Tribuns geboren, erhielt aber eine christliche Erziehung. Auf Wunsch seines Vaters wurde er Soldat, mit 18 wurde er getauft, mit 20 Jahren schied er aus dem Militärdienst aus. Zuvor soll sich aber noch jene Legende ereignet haben, die ihn weltberühmt machte: Martin begegnete am Stadttor von Amiens als Soldat hoch zu Ross einem frierenden Bettler, dem er die mit dem Schwert geteilte Hälfte seines Mantels schenkte.

Symbolisches Brotteilen zu Martini

In der Pfarre St. Valentin (Bezirk Amstetten), aber auch in zahlreichen anderen Kirchen oder auch Kindergärten werden bei der Martinsfeier Kipferl oder Brot verteilt, das aber absichtlich nicht für alle reicht und deshalb geteilt werden muss.

Martinsfest in der Pfarre Sankt Valentin

Hannes Draxler

Pfarrer Johann Zarl von der Pfarre St. Valentin: „Der heilige Martin ist ein großartiges christliches Vorbild“

Martin, so berichten die Geschichtsschreiber weiter, beeindruckte das Volk durch sein schlichtes und asketisches Leben, seine Demut und seine Fürsorge für die Nöte der Armen. Auf Drängen des Volkes wurde er schließlich 371/372 Bischof von Tours.

Die gebratene Gans gab es bereits vor der Legende

Die Legende, dass Martin sich vor der Bischofswahl im Stall versteckt hat und von den schnatternden Gänsen verraten wurde, kam aber erst später auf und hat landwirtschaftliche Wurzeln.

In Österreich war der Martinstag (11. November) einer der Zins- und Festtermine im Wirtschaftsjahr. Es war das eigentliche Erntedankfest, welches das Wirtschaftsjahr abschloss. Zu Martini wurden traditionell jene Tiere geschlachtet, die nicht über den Winter durchgefüttert werden konnten - ein Fixtermin für ein Festessen, begann doch am 12. November die sechswöchige Adventfastenzeit.

Gänse

APA/Robert Jäger

Der 11. November war früher ein Fixtermin für ein Festessen

Ganslessen, Weintaufen und das Verschenken der Weinviertler Martinshörner (Kipferl aus Germteig) gehörten schon seit jeher zu den fixen Traditionen rund um den 11. November.

In Österreich langen rund um Martini jedes Jahr etwa 250.000 Gänse auf den Tischen. Über das ganze Jahr gesehen, verspeist jeder Österreicher 0,2 Kilogramm Gänsefleisch und lässt sich dazu 0,5 bis 0,6 Kilogramm Rotkraut schmecken, so das Agrarische Informationszentrum (AIZ).

Der Laternenumzug: Ein relativ junger Brauch

In Deutschland und den Niederlanden gibt es schon seit dem Mittelalter Schülerbräuche zu Martini, verbunden mit Liedern und Laternen oder Feuern, schreibt die Volksmusikforscherin Gerlinde Haid im Österreichischen Musiklexikon. Im Laufe des 19. Jahrhunderts seien in den evangelischen Gebieten neue, auf Martin Luther bezogene Lieder aufgetaucht. Dann kam es nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Neugestaltung des Brauchtums hin zu organisierten Kinderumzügen. Nach Österreich ist der Brauch über das Burgenland gekommen, was vermutlich mit dem heiligen Martin als Landespatron zusammenhängt, „in Niederösterreich ist er zu Anfang der 1970er Jahre aktuell geworden“, schreibt die Volksmusikforscherin.

Das deutsche Heiligenlexikon führt weiter aus: „Der Martinsumzug wurde dann von der katholischen Kirche als Teil der Lichtsymbolik übernommen, die am Allerseelentag beginnt und über Advent und Weihnachten bis Lichtmess am 2. Februar dauert“.

Martin ist der Schutzpatron Frankreichs und der Slowakei, und der Landespatron des Burgenlandes. Martin ist der Schutzheilige der Reisenden, der Armen und Bettler sowie der Reiter, im weiteren Sinne auch der Flüchtlinge, Gefangenen, Abstinenzler und der Soldaten.

Ursula Köhler, noe.ORF.at

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