St. Pölten: Erinnerung an die Reichspogromnacht

In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 haben Nationalsozialisten und ihre Anhänger Synagogen und Geschäfte im jüdischen Eigentum zerstört. Auch die Sankt Pöltner Synagoge wurde zerstört.

Die Synagoge in St. Pölten war einst religiöser Mittelpunkt einer großen jüdischen Gemeinde. „Der Schwerpunkt war in der Stadt mit an die 400 Personen, im Umland von St. Pölten lebten 400 bis 500 Menschen“, schildert der Historiker Christoph Lind vom Institut für jüdische Geschichte Österreichs, das seinen Sitz in der ehemaligen Synagoge von St. Pölten hat.

Zerstörte Synagoge Sankt Pölten 1938

Institut für jüdische Geschichte Österreichs

Die Reichspogromnacht im November 1938 war auch das Ende der jüdischen Gemeinde in St. Pölten

In der Nacht von 9. auf 10. November 1938 wurde in der Synagoge ein Feuer gelegt, das zunächst gelöscht werden konnte. Am Tag darauf wurde die Synagoge von Anhängern des Nationalsozialismus zerstört. Von den früheren Jugendstilfenstern sind nur noch zerstörte Fragmente erhalten.

Die Reichpogromnacht war gleichzeitig auch das Ende der jüdischen Gemeinde in St. Pölten. „Wir können davon ausgehen, dass ein Drittel der Menschen umgekommen ist. Es deutet einiges darauf hin, dass am Land mehr Menschen umgekommen sind als in der Stadt“, so Lind.

Hans Morgenstern Zeitzeuge 1938 Sankt Pölten

ORF

Hans Morgenstern kehrte nach dem Krieg nach St. Pölten zurück

Nur wenigen gelang rechtzeitig die Flucht ins Ausland. Der Sankt Pöltner Hans Morgenstern flüchtete damals mit seiner Familie nach Palästina und kam nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zurück.

„Wir sind 1947 zurückgekommen, da war ich zehn Jahre alt, da habe ich noch nicht viel gewusst. Dann hab ich die zerstörte Synagoge gesehen, und meine Eltern haben mir von der ‚Kristallnacht‘ erzählt, und dadurch habe ich mit der Zeit alles erfahren“, schildert Hans Morgenstern.

Niemand wurde wegen der Zerstörung verurteilt

Im Jahr 1952 kam es im Landesgericht Sankt Pölten wegen der Reichpogromnacht zum Prozess. „Es waren bis zu 20 Personen namentlich bekannt, die laut Zeugenaussagen an den Zerstörungen der Synagoge beteiligt waren. Es ist aber nicht weiter ermittelt worden, und es gab nur eine einzige Hausdurchsuchung“, sagt Philipp Mettauer vom Institut für jüdische Geschichte.

Ehemalige Synagoge in Sankt Pölten Innenaufnahme

ORF

Erst in den 1980er Jahren wurde die ehemalige Synagoge restauriert

Eine Person musste sich schließlich vor Gericht verantworten - sie wurde freigesprochen. Die ehemalige Synagoge wurde in den 1980er Jahren renoviert und wird seitdem als Veranstaltungszentrum und Gedenkstätte genutzt.

Robert Friess, noe.ORF.at

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