AUA-Anstellungen: „Positives Signal“

Die Lufthansa-Gruppe, zu der die AUA gehört, stellt 2016 mehr als 4.000 neue Mitarbeiter ein. Für den Luftfahrtexperten Kurt Hofmann ist das ein „positives Signal“. Abzuwarten bleibe aber, ob es eine Einigung mit der Gewerkschaft gibt.

Die Austrian Airlines will im heurigen Jahr nach einem harten Sparkurs und vielen negativen Schlagzeilen 200 neue Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter und 100 neue Piloten zusätzlich anstellen, sagte Pressesprecherin Sandra Bijelic. Dabei würde es sich um ein echtes Plus handeln Neues Personal das altes ersetzen soll, wurde laut der AUA-Sprecherin herausgerechnet.

Der Mitarbeiterzuwachs bei der deutschen Lufthansa-Gruppe ist für den Luftfahrtexperten Kurt Hofmann ein positives Zeichen. Die Lufthansa befinde sich laut Hofmann in einem Umbruch, der notwendig ist, wenn die Fluglinie in Zukunft Erfolg haben will, sagt er im Gespräch mit noe.ORF.at.

noe.ORF.at: Wie beurteilen Sie den Schritt, dass die Lufthansa 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufnimmt? Unterm Strich soll ja nicht nur der natürliche Abgang ausgeglichen werden, sondern es soll ein tatsächliches Plus an Beschäftigten geben.

Kurt Hofmann: Es ist ein positives Signal. Man muss natürlich sehen, warum diese zusätzlichen Mitarbeiter notwendig sind: Zum einen bekommt die Airline neue, größere Flugzeuge, die mehr Personal bedingen. Zum anderen wird die Billigairline Eurowings, die in Wien angesiedelt ist, ausgebaut. Auch hier benötigt man mehr Personal.

noe.ORF.at: Welche Rolle spielt hier die Gewerkschaft? Sie spricht von versteckten Auslagerungen.

Hofmann: Die Frage ist, ob sich die Piloten mit den Gewerkschaften einigen. Wenn ja, dann wird die Lufthansa selber wachsen, wenn nicht, wird das Billigflugsegment mehr wachsen, weil es hier günstigere Kostenstrukturen als bei der klassischen Lufthansa sind.

noe.ORF.at: Es ist also auch eine Verschiebung hin zum Billigflugsegment möglich?

Hofmann: Das gilt vor allem für Eurowings und kann auch bei der Austrian Airlines der Fall sein. Wenn manche Strecken im AUA-Verbund nicht mehr so profitabel sind, kann es sein, dass diese Strecke an Eurowings übergeben wird, weil diese günstiger operiert.

Luftfahrtexperte Kurt Hofmann

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Luftfahrtexperte Kurt Hofmann

noe.ORF.at: Unter welchen Konditionen werden die neuen Mitarbeiter angestellt? Die Ausgaben sollen am Ende ja reduziert werden.

Hofmann: Die werden weniger verdienen, die genauen Konditionen kenne ich nicht, aber das muss sein, um in Zukunft wettbewerbsfähiger zu werden. Lufthansa muss sich an das internationale Level der Billigfluglinien anpassen wie zum Beispiel easyJet, eine der größten Billigfluglinien Europas. Hier ist also noch einiges zu tun, denke ich.

noe.ORF.at: Die Lufthansa will diesen Sparkurs gehen, die Mitarbeiter tragen diesen aber nicht mit, weshalb das vergangene Jahr von vielen Streiks geprägt war. Wie wichtig ist der Sparkurs?

Hofmann: Die Lufthansa muss sich wie viele andere Fluglinien dringend verändern, sie ist auch schon in einem Prozess der Veränderung. Das dauert aber alles seine Zeit, weil die Lufthansa sehr groß ist. Zu den Streiks: 30 Streiktage in 24 Monaten haben Kosten von 500 Millionen Euro verursacht. Die Lufthansa muss vor allem günstiger und schneller werden und effizienter auf Marktveränderungen reagieren.

noe.ORF.at: Ist die Lufthansa zu groß, ist das System zu aufgebläht?

Hofmann: Die Größe der Fluglinie macht sie natürlich träge. Man ist inzwischen auch dabei, bei den Vorstandsstrukturen schneller Entscheidungen zu treffen. Es ist auch vieles passiert, aber der Wettbewerb ist so stark - Billigairlines haben 42 Prozent Anteil am europäischen Markt - dass die Lufthansa auch mehr Angebote in diese Richtung machen muss, wenn sie attraktiv bleiben will.

noe.ORF.at: Die AUA wurde bereits restrukturiert und wächst wieder. Waren die Maßnahmen ausreichend?

Hofmann: Die Restrukturierung war dringend notwendig, die AUA hatte keine Daseinsberechtigung mehr. In manchen Fällen wurden die Sparmaßnahmen aber überzogen, was wir im Sommer bei vielen Flugausfällen gesehen haben. Das heißt: Die Personaldecke bei Piloten und Flugbegleiterin war zu dünn, bei einem sehr ambitionierten Flugplan hat sich das gerächt. Und wir sehen heute bei den neuen Mitarbeitern, dass hier korrigiert wird, um genügend Personal zu haben. Nichts desto trotz sehe ich die AUA gut aufgestellt, sie ist aber noch lange nicht über dem Berg.

Luftfahrtexperte Kurt Hofmann

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Hofmann: „Die Restrukturierung bei der AUA war dringend notwendig, die Airline ist aber noch lange nicht über dem Berg“

noe.ORF.at: Wie beurteilen Sie generell die Branche? Wie hat sie sich in den vergangenen Jahren verändert?

Hofmann: Der Wettbewerb ist scharf und wird auch scharf bleiben, in Europa gibt es zu viele Fluglinien. Das bedeutet, dass es Überkapazitäten gibt und das bedeutet Druck auf die Preise. Das ist gut für den Passagier, aber schwierig für das wirtschaftliche Umfeld der Fluglinien.

noe.ORF.at: Haben Airlines in den vergangenen Jahren über ihre Verhältnisse gelebt?

Hofmann: Die Lufthansa kann sich ihre Bezahlungsmethoden oder ihre Altersversorgung, um die es bei den Streiks auch geht, nicht mehr leisten, wenn sie weiterhin profitabel sein will. Europäische Fluglinien wie British Airways, Air France und Lufthansa aber auch die Visionen einer Turkish Airline oder Emirates nicht wahrhaben wollen und haben eigentlich übersehen, wie dynamisch sich diese Linien entwickelt haben. Heute beschweren sie sich über diesen intensiven Wettbewerb, aber man hat auch etwas spät darauf reagiert, diesen Linien Paroli zu bieten, zum Beispiel mit mehr Service oder besserem Kundendienst.

noe.ORF.at: Sind die fetten Jahre auch für Piloten vorbei?

Hofmann: Die fetten Jahre dürften global gesehen vorbei sein. Die Piloten verdienen nach wie vor gut, sollen sie auch, sie haben ja auch einen Job mit sehr viel Verantwortung. Aber es haben sich die Rahmenbedingungen verändert, daher müssen sich auch die Herren im Cockpit diesen Bedingungen anpassen. Bei der AUA ist das passiert, auf die Lufthansa bezogen kann es so auf die Dauer nicht weitergehen.

Das Gespräch führte Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at