Ein Leben für die Politik

Erwin Pröll (ÖVP) wurde am 22. Oktober 1992 Landeshauptmann von Niederösterreich. In seine Amtszeit fällt etwa die Übersiedlung des Landesregierungs-Sitzes von Wien nach St. Pölten. Er führte fünf erfolgreiche Wahlkämpfe.

Am 24. Dezember, am Heiligen Abend des Jahres 1946 wurde Erwin Pröll in Ziersdorf-Radlbrunn (Bezirk Hollabrunn) geboren. Seine Eltern waren Weinbauern. Nach der Matura in Tulln studierte er an der Universität für Bodenkultur in Wien und schloss das Studium 1976 als Agrarökonom ab. Noch vor seiner Promotion wurde er politisch tätig, nämlich als wirtschaftspolitischer Referent des Österreichischen Bauernbundes.

Im Alter von 33 Jahren wurde er in die niederösterreichische Landesregierung gewählt, zunächst als Landesrat, dann als Landeshauptmann-Stellvertreter. Am 22. Oktober 1992 wurde Pröll vom Landtag zum Landeshauptmann von Niederösterreich gewählt. Der Weinviertler ist unter den in Österreich im Dienst stehenden Landeshauptleuten der am längsten amtierende.

Seit 2003 die absolute Mehrheit verteidigt

„Ich gelobe, dass ich die Verfassung und alle Gesetze des Landes Niederösterreich beachten werden“ - mit diesen Worten wurde Erwin Pröll im Oktober 1992 im Landhaus in der Herrengasse in der Wiener Innenstadt angelobt. Er folgte auf Siegfried Ludwig (ÖVP). Bei der ersten Landtagswahl 1993 mit Pröll als Spitzenkandidat verlor die ÖVP die absolute Mehrheit. Zehn Jahre später, 2003, konnte die Volkspartei diese wieder zurückerobern. Bei der Landtagswahl 2008 erreichte die ÖVP den Höchststand unter Erwin Pröll, mit 54,39 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Im Oktober 2012 feierte Pröll „20 Jahre Landeshauptmann“ - mehr dazu in 20 Jahre im Amt: Pröll will LH bleiben (noe.ORF.at; 21.10.2012). Im Wahlkampf im Jahr 2013 tauchte eine neue Partei auf. Frank Stronach trat mit dem Team Stronach in Niederösterreich an und erreichte den dritten Platz bei der Landtagswahl. Trotzdem konnte die ÖVP die absolute Mehrheit verteidigen, in einem Wahlkampf, den Pröll damals oft als „alle gegen einen“ bezeichnete. Die absolute Mehrheit und die Dauer seiner Amtszeit machten Pröll auf Bundesebene stets zu einem der einflussreichsten Politiker, nicht nur in seiner Partei, der ÖVP. Immer wieder fand er auch in Richtung Bundespolitik deutliche Worte und kritisierte den Stil der Regierung.

Philosophie: „Kellergasse und Wissenschaftsachse“

In die Amtszeit von Pröll als Landeshauptmann fiel etwa die Übersiedelung des Sitzes der Landesregierung von Wien nach St. Pölten. Schwerpunkte in der Regierungsarbeit waren stets unter anderem die Stärkung des ländlichen Raumes, der Straßenbau und die Infrastruktur, die Entwicklung Niederösterreichs zu einem Wirtschafts- und Forschungsstandort sowie der Ausbau und die Weiterentwicklung als Kulturland.

Hauptgebäude des IST Austria in Klosterneuburg

IST Austria

IST Austria in Maria Gugging - seit der Gründung werden hier zahlreiche wissenschaftliche Fortschritte erzielt

Als einen Höhepunkt in seiner Amtszeit bezeichnete Pröll die nach hartem Ringen erreichte Ansiedlung des IST Austria - der sogenannten Elite-Uni - in Maria Gugging bei Klosterneuburg (Bezirk Tulln). Das Institut wächst seit seiner Gründung stetig und zieht internationale Forscherinnen und Forscher an.

„So sehr sich die Welt für das Institut in Niederösterreich interessieren wird, so sehr kann Niederösterreich durch dieses Institut auch profitieren. Etwa durch Spin-Offs, die hier entstehen werden, aber auch durch einen entsprechenden Imagegewinn, und zwar für den Standort und für diese gesamte Region“, sagte Pröll bei der Eröffnung des IST-Austria im Juni 2009.

Spindelegger, Pröll, Faymann, Töchterle

APA/Hans Klaus Techt

Historische Einigung auf das Promotionsrecht der Donau-Uni in Krems: Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), LH Erwin Pröll (ÖVP), Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (v.l.)

In Krems entstand die Donau-Universität, die sich auf Weiterbildung spezialisiert und endgültig im Jahr 2014 das Promotionsrecht verliehen bekam - mehr dazu in Pröll: Promotionsrecht „richtungsweisend“ (noe.ORF.at; 26.2.2014). Damit stieg sie zu einer vollwertigen Universität auf. Ebenfalls in Krems siedelte sich die private Karl-Landsteiner-Medizinuniversität an und in Wr. Neustadt nahm das Krebsforschungs- und -behandlungszentrum MedAustron im Dezember 2016 seinen Betrieb auf.

Pröll verfolgte stets das Ziel, das Agrarbundesland Niederösterreich auch als Standort für Wirtschaft, Technologie und Forschung zu etablieren. „Die Bayern haben es seinerzeit einmal ‚Lederhose und Laptop‘ genannt. Das ist auch die Entwicklungsphilosophie, die für Niederösterreich anwendbar ist. Wir tun das auch, in unterschiedlicher Art und Weise, wenn Sie so wollen, als ‚Kellergasse und Wissenschaftsachse‘“.

Millioneninvestitionen nach Jahrhunderthochwasser

Große Herausforderungen in Prölls Amtszeit waren Katastrophen, von denen das Land immer wieder heimgesucht wurde. Die fatalsten Auswirkungen und Schäden richtete das Jahrhundert-Hochwasser im Jahr 2002 an. Danach wurden Millionen in den Hochwasserschutz investiert. Im Jahr 2013 musste der Hochwasserschutz bereits in einigen Gemeinden in der Wachau die Nagelprobe bestehen.

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Hochwasserkatastrophe 2002:

Besonders dramatisch war die Situation in Gars am Kamp (Bezirk Horn). Landeshauptmann Pröll verschaffte sich in der Nacht ein Bild von der Lage.

Erwin Pröll war von Beginn an der Kultur und den Kulturschaffenden sehr eng verbunden. In diesem Bereich gab es für Pröll keine Grenzen der Kunst. Er ließ der Arbeit der Künstler stets freien Lauf und auf der Gegenseite zollten diese größtenteils dem Landeshauptmann für seine Art Kulturpolitik zu machen Respekt.

Kultur: Große Entwicklungen, neue Museen

In Niederösterreich entstanden in den vergangenen 25 Jahren zahlreiche neue Museen, etwa das Nitsch-Museum in Mistelbach, das Arnulf-Rainer-Museum in Baden oder das Museumsdorf Niedersulz. Aktuell wird die große Museumslandschaft in St. Pölten und Krems neu geordnet, mit einem „Haus der Geschichte“ im Museum Niederösterreich in St. Pölten und der „Galerie Niederösterreich“ in Krems - mehr dazu in „Haus der Geschichte“ startet Mitte 2017 (noe.ORF.at; 15.11.2015).

Grafenegg wurde in den letzten Jahren ein international gefragter Kulturstandort. Das Musikfestival Grafenegg mit dem künstlerischen Leiter, dem Starpianisten Rudolf Buchbinder, zieht die Größen des internationalen Musikgeschäfts an. Ein wesentliches Merkmal der Amtszeit von Pröll als Landeshauptmann ist die intensive Kontaktpflege über die Landesgrenzen hinaus, die aktive „Landesaußenpolitik“.

Pröll blieb Niederösterreich treu

Zuletzt wurde Pröll als möglicher Kandidat der ÖVP für die Bundespräsidentenwahl gehandelt. Anfang des Jahres 2016 erteilte Niederösterreichs Landeshauptmann den Spekulationen aber eine endgültige Absage. In der ZIB2 gab ÖVP-Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner bekannt, dass Pröll nicht bei der Bundespräsidentenwahl antreten werde. Später wurde Andreas Khol als ÖVP-Kandidat präsentiert - mehr dazu unter Präsidentenwahl: Pröll tritt nicht an (noe.ORF.at; 7.1.2016).

Im Dezember 2016 feierte Pröll auf Stift Göttweig seinen 70. Geburtstag. Etwa 3.000 Gäste folgten der Einladung, darunter zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport. Bei der von der ÖVP als „Familienfest“ bezeichneten Feier sagte Pröll, er selbst habe „wirklich Glück gehabt“ in seinem Leben und „unglaublich viele Geschenke“ erhalten - mehr dazu unter Tausende Gäste bei „Familienfest“ zu Prölls 70er (noe.ORF.at; 17.12.2016).

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