Adipositas: Magen-OP als letzter Ausweg

Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist übergewichtig, in Niederösterreich spricht man bei circa 150.000 Menschen bereits von Adipositas (Fettsucht). Für viele ist eine Magenoperation der letzte Ausweg - mit guten Erfolgsaussichten.

Studien bestätigen, was viele Menschen aus Erfahrung wissen: Ab einem gewissen Körpergewicht helfen Diäten nur mehr bedingt, durch den Jojo-Effekt haben Betroffene oft am Ende mehr Gewicht als vorher und nehmen immer weiter zu. So ging es auch Rupert M. aus Öhling bei Amstetten. Auch an Sport war nicht zu denken, „weil schon die kleinste Bewegung mühsam ist und zum Teil auch Schmerzen bereitet.“ Zuletzt wog der Mostviertler fast 170 Kilogramm.

Den vorletzten Bissen erkennen

Nicht nur die Zahl auf der Waage wurde im Lauf der Zeit immer größer, auch die gesundheitlichen Beschwerden und die Ängste, wie es im Alter weitergeht. „Ich hatte Angst, wenn ich ein Pflegefall werde, kann mich keiner mehr heben und helfen“, erzählt der 62-Jährige. Davon ist der Patient heute weit entfernt: Eine Magenoperation und 70 Kilogramm Gewichtsverlust später hat er seine Lebensenergie wieder bekommen: „Ich war wieder motiviert, suchte mir verschiedene Arbeiten im Haus, die ich mir vorher gar nicht zugetraut hätte.“

Mann hält sich seinen Bauch

APA/Roland Schlager

Das Essverhalten müssen Patienten wie Rupert M. radikal ändern. Die Vorgabe sind drei Mahlzeiten am Tag, zudem ist es nach der Operation nur mehr möglich, kleine Portionen zu essen, denn sonst drohen Magenschmerzen: „Ich musste erst lernen, den vorletzten Bissen zu erkennen.“

Zwei Standard-Methoden

Bei dem 62-Jährigen wurde vor zwei Jahren eine der beiden Standard-Methoden angewandt, nämlich der „Magenschlauch“. Dabei wird ein Teil des Magens entfernt, sein Volumen schrumpft dadurch von etwa 1.500 Milliliter auf 150 Milliliter. Man kann danach weniger essen und die Hormone, die hungrig machen, werden reduziert.

Die Alternative zum „Magenschlauch“ ist ein „Magen-Bypass“: Der Magen wird abgetrennt und der Rest mit dem Dünndarm verbunden, der ursprüngliche Magen bleibt aber erhalten. Auch hier kann man anschließend weniger essen, zudem werden weniger Kalorien aufgenommen.

Geringere Sterblichkeit durch OP

Das früher übliche Magenband wird heutzutage kaum mehr eingesetzt. „Das Hauptproblem war, dass besonders faserreiche Speisen wie etwa Obst und Gemüse durch diese künstliche Enge am Mageneingang schlecht durchgegangen sind“, erklärt Friedrich Schmöller vom Landesklinikum Amstetten, „das führte dann häufig zu Erbrechen.“

Übergewichtige Frau

APA/dpa/Waltraud Grubitzsch

Die Komplikationen bei den heute gängigen OP-Methoden sind gering, die Sterblichkeit liegt bei 0,4 Prozent. Eine großangelegte US-Studie zeigt sogar: Wer stark übergewichtig ist und sich operieren lässt, hat langfristig eine bessere Überlebenschance. „Bereits drei Monate nach der Operation hatten die 8.000 Patienten, die operiert wurden, eine wesentlich geringere Sterblichkeit als 8.000 Übergewichtige, die nur eine Diät gehalten haben. Im Langzeitverlauf hat sich das noch verstärkt.“ Das liege daran, dass etwa Krankheiten wie Diabetes stark reduziert werden.

Keine „einfache Lösung“

Helfen könne eine Magenoperation auch adipösen Menschen, die noch keine gesundheitlichen Probleme haben. „Oft liegen die Probleme ja im psychosozialen Bereich“, schildert der Experte, „etwa wenn der Sitz im Kino oder Flugzeug zu eng ist, man bekommt eine bestimmte Kleidung nicht in seiner Größe oder junge Mütter, die nicht mehr mit ihren Kindern ins Bad gehen wollen, weil sie sich schämen.“

Body-Mass-Index (BMI)

Berechnung: Das Gewicht in Kilogramm wird durch das Quadrat der Körpergröße in Metern geteilt.

  • weniger als 18,5: Untergewicht
  • 18,5 bis 25: Normalgewicht
  • 25 bis 30: Übergewicht
  • mehr als 30: Adipositas

Durch eine Magenoperation könne man damit rechnen, 70 Prozent des Übergewichts zu reduzieren. Ein Gewichtsverlust von 20 oder 30 Kilogramm in den ersten Monaten sei nicht ungewöhnlich. Eine „einfache Lösung“ sei die OP laut Schmöller trotzdem nicht. „Zum einen kann es Komplikationen geben, zum anderen wird vom Patienten auch einiges verlangt, weil er sich umstellen muss.“

Eine häufige Folge der OP ist allerdings ein Vitaminmangel, weil weniger Nährstoffe im Magen aufgenommen werden. Der Mangel muss dann mit Vitaminpräparaten oder -spritzen ausgeglichen werden.

BMI über 35: Kasse übernimmt Kosten

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für eine Magen-OP üblicherweise ab einem BMI von 35. Oft wird auch eine Nachfolgeoperation bezahlt, bei der die überschüssige Haut entfernt bzw. gestrafft wird. „In Niederösterreich ist die Voraussetzung, dass man zumindest 30 Kilogramm Gewicht abgenommen haben muss, die Operation muss zumindest ein Jahr zurückliegen und entsprechende Hautveränderungen und Hautirritationen müssen auch vom Hautarzt diagnostiziert werden“, so Schmöller.

Birgit Zrost, noe.ORF.at