Landtag: Verschärfung der Mindestsicherung

Ein Hauptthema in der Landtagssitzung am Donnerstag ist eine Verschärfung der Mindestsicherung, die ÖVP hat dazu einen Antrag eingebracht. Hintergrund ist, dass die Bedarfsorientierte Mindestsicherung immer höhere Kosten verursacht.

Die Zahl der Menschen, die in Niederösterreich die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen, stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Während 2011 noch 16.636 Menschen die Mindestsicherung bezogen hatten, waren es im Jahr 2013 bereits 21.750 Menschen und im Jahr 2015 dann 24.139 Personen. Nachdem auch Flüchtlinge, sobald sie einen positiven Asylbescheid vorweisen können, Anspruch auf Bezug der Mindestsicherung haben, könnte die Zahl auch heuer weiter steigen.

ÖVP gegen „Kostenexplosion“ bei Mindestsicherung

Dass die Zahl der Mindestsicherungsbezieher steigt, wirkte sich auch auf das Budget des Landes Niederösterreich aus. Während die Kosten im Jahr 2011 noch bei knapp 39 Millionen Euro lagen, waren es im vergangenen Jahr bereits 61,4 Millionen Euro. Um eine „Kostenexplosion“ zu vermeiden, brachte die ÖVP vergangene Woche einen Antrag in den Landtag ein, demzufolge die Voraussetzungen für den Bezug der Mindestsicherung verschärft werden sollen.

Laut dem für Finanzen zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreter Wolfgang Sobotka (ÖVP) sei es wesentlich, einen deutlichen Unterschied zwischen dem Einkommen der Mindestsicherung und dem Arbeitseinkommen zu machen. „Es (die Mindestsicherung, Anm.) muss eine Unterstützung sein, wieder Arbeit zu finden. Für diejenigen, die in das System noch nicht eingezahlt haben, kann es Überlegungen geben, dass man erst zwei bis drei Jahre in Österreich gewesen sein muss, um diesen Anspruch zu erhalten.“

Verpflichtende Deutschkurse für Asylberechtigte

Konkret pocht die ÖVP darauf, dass ausländische Mindestsicherungsbezieher künftig zusätzliche Voraussetzungen erfüllen müssen. Asylberechtigte, die Anspruch auf den Bezug der Mindestsicherung haben, sollen verpflichtende Deutschkurse besuchen müssen.

Derzeitige Voraussetzungen für den Bezug der Mindestsicherung

  • Hilfsbedürftigkeit
  • Hauptwohnsitz in Niederösterreich
  • Eigene Mittel nicht ausreichend
  • Bereitschaft zur Arbeit

Höhe der Mindestsicherung

  • Alleinstehende Bezieher: 838 Euro
  • Ehepaare: 1.257 Euro
  • Pro Kind: jeweils 193 Euro

ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger sprach von einem „Vertragsverhältnis zwischen dem Mindestsicherungsnehmer und der Behörde“. Ziel sei eine bessere Arbeitsvermittlung des Asylberechtigten.

Sollte sich der Asylberechtigte weigern, den Kurs zu besuchen, könnte ihm die Mindestsicherung um bis zu 50 Prozent gekürzt werden. „Außerdem wird es bei subsidiär Schutzberechtigten (Personen, deren Asylantrag zwar rechtskräftig abgewiesen wurde, die aber aus rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden dürfen, Anm.) die Mindestsicherung nicht mehr geben“, sagte Schneeberger - mehr dazu in ÖVP: Verschärfung bei Mindestsicherung.

SPÖ pocht auf bundesweite Lösung

Der Vorschlag der ÖVP wird von den im Landtag vertretenen Parteien unterschiedlich bewertet. Der für Asyl zuständige Landesrat Maurice Androsch (SPÖ) forderte zuletzt eine bundesweit einheitliche Regelung für die Mindestsicherung: „Wenn es um Flüchtlinge, um Asylberechtigte und um subsidiär Schutzberechtigte geht, ist es besonders wichtig, hier eine bundesweite Sicht zu haben, damit man einen bundesweiten Ausgleich findet. Wir arbeiten derzeit an einer Bundeslösung, und ich denke nicht, dass einzelne Bundesländer hier ausbrechen und eine Bundeslösung konterkarieren sollten.“

Der Klubobmann der SPÖ, Alfredo Rosenmaier, kündigte an, dass man im Landtag nur der Forderung nach verpflichtenden Deutschkursen zustimmen werde. „Wo wir nicht dafür sind, ist, dass man subsidiär Schutzbedürftige nur auf dem Betreuungsgeld sitzen lässt. Das erscheint uns nicht klug“, sagte Rosenmaier.

Unterschiedliche Positionen zur Mindestsicherung

Die Liste Frank sprach sich vor der Landtagssitzung für eine Verschärfung des Mindestsicherungsgesetzes aus. „Wir werden den Antrag der ÖVP unterstützen. Es kann nicht sein, dass die Bedingungen aufgelockert werden in einer Zeit, wo die Steuermittel immer knapper werden“, sagte der Klubobmann der Liste Frank, Ernest Gabmann.

Die Freiheitlichen sind gegen den Antrag. Laut FPÖ-Klubobmann Gottfried Waldhäusl sollte die Mindestsicherung generell nur Österreichern ausbezahlt werden: „Jetzt sollen die Mindestsicherung auch weiterhin all jene bekommen, die zu uns kommen. Das heißt, momentan wird der Topf der Mindestsicherung von Asylanten ausgeraubt, und da sind wir dagegen.“

Die Grünen lehnen eine Verschärfung bei der Mindestsicherung generell ab. „In Zeiten wie diesen ist es für uns hoch problematisch, bei den Ärmsten in der Gesellschaft zu kürzen. Da fallen mir ganz andere Bereiche ein, etwa bei den Steuerflüchtlingen, das sind Steuerräuber. So viel Aufwand hätte man dort investieren können, dann hätten wir wirklich ein Geld“, sagte die Klubobfrau der Grünen, Helga Krismer. Der ÖVP-Antrag dürfte im Landtag wohl mehrheitlich beschlossen werden.

Heftige Kritik an geplanter Verschärfung

Scharfe Kritik an der geplanten Verschärfung des Bezugs der Mindestsicherung in Niederösterreich kam im Vorfeld der Landtagssitzung von der Armutskonferenz sowie von Caritas und Diakonie. „Damit zementiert Niederösterreich seine Stellung als eines der Schlusslichter bei der Gewährung bedarfsdeckender Leistungen in der Mindestsicherung“, hieß es in einer Aussendung der Armutskonferenz. Außerdem wurde kritisiert, dass mit der Gesetzesänderung ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes umgangen werde.

Auch die Caritas bezeichnete die Streichung der Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte als „juristisch umstritten und menschlich fragwürdig“. „Wer subsidiär schutzberechtigten Menschen die Mindestsicherung verwehrt und ausschließlich auf Leistungen der wesentlich niedrigeren Grundversorgung verweist, läuft Gefahr, aus einer Quartierskrise eine Integrationskrise zu machen“, teilte Klaus Schwertner, der Generalsekretär der Caritas, mit. Bei den Schwächsten zu sparen ist laut Schwertner „keine Lösung“.

Mit der Streichung bei subsidiär schutzberechtigten Flüchtlingen zerstöre das Land die eigene vorbildliche Integrationspolitik der vergangenen Jahre, hielt die Diakonie zu dem „völlig überraschenden Schritt des Bundeslandes“ fest. Trete das Gesetz in Kraft, würden Hunderte subsidiär Schutzberechtigte schlagartig ihren Mindestsicherungsbezug verlieren und könnten ihre Mieten nicht mehr bezahlen. „Sie werden damit vermutlich in die Obdachlosigkeit getrieben“, betonte die Diakonie.

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