Erni Mangold - fast nackt auf der Rosenburg

Ein Leben im Schatten entspricht Erni Mangolds Vorstellungen nicht. Neben anderen Schauspielerinnen lässt die fast 90-Jährige beim Theaterstück „Kalendergirls“ ab Ende Juni auf der Rosenburg (Bezirk Horn) die Hüllen - fast - fallen.

Erni Mangold, geb. 1927 in Groß-Weikersdorf (Bezirk Tulln). Sie entstammt einer Künstlerfamilie, der Vater war Maler, die Mutter Pianistin. Ihre Ausbildung zur Schauspielerin erhielt sie an der Theaterschule Helmut Krauss in Wien. In den Jahren 1946 bis 1956 war Mangold am Theater in der Josefstadt engagiert, von 1955 bis 1963 am Hamburger Schauspielhaus bei Gustaf Gründgens. In der Zeit zwischen 1965 und 1972 folgten Engagements in Wien und Deutschland.

1972 war Erni Mangold am Salzburger Mozarteum tätig, anschließend unterrichtete sie in der Theaterschule Helmut Krauss und am Reinhardt-Seminar und war von 1984 bis 1995 Professorin an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Erni Mangold war in mehr als 100 Filmen und TV-Produktionen zu sehen. Von 1958 bis 1978 war sie mit dem Schauspieler Heinz Reincke verheiratet. Sie lebt heute in St. Leonhard am Hornerwald (Bezirk Krems).

Erni Mangold und Anne Maria Neubauer

ORF

Anne-Maria Neubauer (l.) besuchte Erni Mangold in deren Haus im Waldviertel

noe.ORF.at: Sie haben sich nicht zufällig für die Abgeschiedenheit des Waldviertels entschieden?

Erni Mangold: Ich liebe die Abgeschiedenheit, ich brauche die Entspannung und die Ruhe. Ich brauche den Himmel im Waldviertel, ich mag die Leute um mich hier. Ich mag es auch nicht, wenn es zu warm ist.

noe.ORF.at: Nicht umsonst heißt ja Ihre Biografie „Lassen Sie mich in Ruhe“. Sie wollen Ihre Ruhe haben?

Mangold: Co-Autorin Doris Priesching hatte zunächst den Titel „Du warst ein böses Mädchen“ vorgeschlagen. So ein hirnrissiger Titel! Außerdem war ich nie ein böses Mädchen, sondern ein lustiges, abenteuerliches und schüchternes Mädchen. Dann habe ich gesagt, lasst mich doch in Ruhe - und das haben wir dann genommen.

noe.ORF.at: Sie stehen seit mehr als 70 Jahren auf der Bühne und haben in unzähligen Filmen mitgespielt. Was bleibt da übrig?

Mangold: Gar nix! Es bleibt der nächste Tag. Weil wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Und dann kommt der nächste Tag und du bist ein bisschen älter, und es ist schon wieder vergessen. Es hat also gar keinen Sinn - dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze.

noe.ORF.at: Wenn man in der Internet Movie Database nachschaut, dann findet man von Ihnen als Schauspielerin 127 Einträge. Einer Ihrer ersten Filme war 1948 "Der Engel mit der Posaune“.

Mangold: Dieser Film war mit Paula Wessely und sehr, sehr anstrengend. Man wollte mich bei dem Film gar nicht, da gab es eine ganz große Kampagne gegen mich, warum weiß ich nicht. Ein Agent hat zu mir gesagt, dass ich in dem Film nicht vorkommen werde. Und ich hab‘ gesagt „Das werde ich!“ Nach einem Casting haben sie mich doch genommen. Dann habe ich gesagt, dass mich die Paula Wessely nicht an die Wand spielen wird. Und das ist mir auch geglückt. Ich war sehr zielstrebig und emanzipiert, was meinen Beruf betraf.

Erni Mangold (2014)

APA/Hans Klaus Techt

noe.ORF.at: Die starken Rollen sind Ihnen sehr gelegen.

Mangold: Ja, die sind mir gelegen. Aber der Witz war der, dass ich sie selten bekommen habe. Man hat mich auch ausgenützt - Männerfantasien, was willst du machen. Ich war ein hübsches Mädchen und habe ein interessantes Gesicht gehabt, und das hat man auch entsprechend genützt, leider.

noe.ORF.at: Sie haben ja eine Menge Männer abblitzen lassen, darunter O.W. Fischer, Herbert von Karajan, Bruno Kreisky - die Liste ist lang und prominent.

Mangold: Der Karajan hat mir als Künstler irrsinnig gefallen, aber als Mann hat er mir nicht zugesagt, was soll ich machen. Und Bruno Kreisky hatte schon seine Freundin. Wir haben uns sehr gemocht, ich hätte mich aber nie mit ihm eingelassen, obwohl ich ihn sehr erotisch fand. Und O.W. Fischer war bekannt für solche Sachen, und ich habe diese Männer damals ganz schrecklich gefunden. Ich fand ihn auch nicht hübsch, er hat mich nicht interessiert. Ich habe ja so viele Leute gekannt und kenne auch zu jedem eine Geschichte - ich bin ein Fundus!

noe.ORF.at: Sie brillieren in schwierigen Charakterrollen. Würden Sie sich selbst auch als schwierig bezeichnen?

Mangold: Kompliziert bin ich sicher, weil ich jetzt auch schon alt bin. Man findet sich immer ganz normal, aber es stimmt dann nicht ganz. Ich bin auch sehr ungeduldig.

noe.ORF.at: Was bringt Sie zum Lächeln, was macht Sie glücklich?

Mangold: Glücklich… ich weiß gar nicht, was mich glücklich macht. Sehr wenig. Aber froh und ausgeglichen macht mich die Umgebung, die Luft hier, die Ruhe, die Bäume, die ich auch sehr liebe – das hält mich frisch.

noe.ORF.at: Sie haben vor zwei Jahren im Film „Der letzte Tanz“ Ihre erste Sex-Szene gespielt, auch in den „Kalendergirls“ auf der Rosenburg im Sommer werden sie mutig sein.

Mangold: Mutig war die Sexszene im Film nicht. Da hätte ich ein Butterbrot dabei essen können, das war gar nicht aufregend. Und die „Kalendergirls“ ziehen sich für einen Kalender zugunsten Krebskranker aus, das ist eine gute Sache und eine wahre Geschichte. Es wird für uns natürlich auch mal saukalt dabei sein (lacht), und sehr luftig werden, aber wir sind ja nicht ganz nackt, sondern im Bikini.

Calender Girls bei der Sommernachtskomödie Rosenburg

Sommernachtskomödie Rosenburg

Erni Mangold (2.v.l.) und die „Kalendergirls“

noe.ORF.at: Die „Kalendergirls“ sind Ende Juni auf der Rosenburg zu sehen.

Mangold: Ja, also an und für sich habe ich damit keine Schwierigkeiten, auch weil es künstlerisch richtig ist, was wir machen. Ich befürchte nur, dass es anders ausgeschlachtet wird. Mein Bild wollte schon ein Wollgeschäft als Reklame verwenden. Das kann ich mir vorstellen, wenn ich nur mit zwei Wollknäuel bekleidet so dastehe! Ich habe dann gesagt, dass das nicht in Frage kommt. Aber es werden sicher viele Leute im Theater sitzen und knipsen, das ist halt so.

noe.ORF.at: Rainer Werner Fassbinder soll einmal gesagt haben „Erni Mangold ist der weibliche Charles Bronson“.

Mangold (lacht): Ja, er hat auch immer gesagt „Du musst in Leder gehen, nur in Leder!“ Es kam da so eine Geschichte in dem Film „Ich will doch nur, dass ihr mich liebt“ vor. Ich glaube, er hat deshalb Bronson zu mir gesagt, weil ich so viele Falten habe und den Buben im Film so gut geschlagen habe.

noe.ORF.at: Noch einen witzigen Spruch gibt es über dich: „Die Mangold kann ja gar nicht so schlimm sein, nachdem ihr die Kinder und die Hunde zulaufen“.

Mangold: Das hat mich sehr gekränkt, als ich jung war. Da habe ich mir gedacht: „Eine Frechheit!“ Aber der Witz war der, dass es stimmte. Tiere laufen mir auch heute noch zu und kleine Kinder lächeln mich sehr schnell an.

Das Gespräch mit Erni Mangold führte Anne-Maria Neubauer.

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