Europa-Forum diskutiert über offene Grenzen

Zu einer kontroversiellen Diskussion ist es am Sonntag beim Europa-Forum Wachau gekommen. Alle Redner kritisierten die EU, bezeichneten sie aber als alternativlos. Vaclav Klaus, Tschechiens Staatspräsident a.D., war anderer Ansicht.

Franz-Josef Lersch-Mense, Europaminister von Nordrhein-Westfalen, sah in den offenen Grenzen einen wesentlichen Teil der Freiheit: „Wir dürfen Schengen als Sinnbild eines freien Europas weder von Terroristen wegbomben lassen noch wegen der humanitären Herausforderungen der Flüchtlinge Schritt für Schritt unterhöhlen lassen“, so der deutsche Sozialdemokrat.

Dem widersprach Vaclav Klaus, ehemaliger Staatspräsident und Premierminister der Tschechischen Republik: „Das Schengen-System ist nicht kompatibel mit dem internationalen Terrorismus und Menschenschmuggel. Das wissen wir alle.“

Die Probleme der Migrationsströme sei nicht an den Innengrenzen zu lösen, sagte Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlerhner (ÖVP): „Wir müssen dem Schlepperwesen die Basis dadurch entziehen, dass wir die Außengrenzen sichern. Wir müssen vor allem dort ansetzen, wo es wirklich notwendig ist, nämlich bei den Ursachen wie Hunger, CO2-Problematik, Klimawandel und anderen, das ist die zentralere Frage im Umgang jetzt mit dieser Thematik.“

Pröll fordert von Europa „neue Bescheidenheit“

Nach dem ersten Tag des Europa-Forum Wachau, das heuer unter dem Motto „Europa, im Wohlstand vereint, in der Krise gespalten" steht, und den Diskussionen in Arbeitskreisen zog Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) eine kritsche Bilanz über die Situation der EU. „Kann es auf Dauer so weitergehen, dass einige wenige die Last auf sich nehmen, während andere – aus welchen Gründen auch immer – sich vor dieser Last drücken und nicht bereit sind, einen Beitrag dazu zu leisten", so Pröll.

Europa Forum Wachau im Stift Göttweig

ORF/Gernot Rohrhofer

Zweiter Tag beim Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig

Der Landeshauptmann forderte eine „neue Bescheidenheit“ Europas ein. An diesem Wochenende sei bei den Beratungen beim Europa-Forum Wachau klar geworden, dass „zwei große Herausforderungen auf Europa warten. Europa braucht gemeinsame Kraft, um im globalen Wettbewerb bestehen und auch obsiegen zu können. Auf der zweiten Seite ist es wichtig, dass Europa zu einer neuen Bescheidenheit findet und damit dem Gedanken der Subsidiarität mehr Platz und Möglichkeiten gibt“, sagte Pröll.

Gefordert wurde offene Diskussion über Missstände

Franz-Josef Lersch-Mense, Europaminister von Nordrhein-Westfalen, verteidigte die EU als Erfolgsgeschichte - trotz aller Probleme: „Kritik bedeutet nicht, die EU in Frage zu stellen. Wir dürfen die Kritik aber auch nicht den Anti-Europäern und Populisten überlassen, sondern müssen selbst die Missstände, dort, wo sie bestehen, beim Namen nennen und Verbesserungsvorschläge machen und über diese Vorschläge offen und fair diskutieren", so der SPD-Politiker.

Europa Forum Wachau im Stift Göttweig

ORF/Gernot Rohrhofer

Gänzlich anders argumentierte Vaclav Klaus. Der frühere tschechische Staatspräsident ist als Kritiker der EU bekannt. „Europa braucht keine formale und institutionelle Einigung und braucht keine Zentralisierung der Entscheidungsprozesse. Wir brauchen Respekt, wir brauchen Freundschaft, und wir brauchen Zusammenarbeit der Länder Europas. Dazu sind aber keine europäische Regierung und keine permanente EU-Nomenklatura nötig – oder eine nur sehr kleine“, so Vaclav Klaus beim Europa-Forum Wachau.

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